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Winterfest

Winterfest

Titel: Winterfest
Autoren: Jørn Lier Horst
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gespeichert. Er nahm an, dass es sich bei der Zahl 2030 um eine Uhrzeit handelte. Die Nachricht war mit OK beantwortet worden. Danach hatte der Besitzer des Handys eine SMS geschickt, dass er am verabredeten Ort war. I am here.
    »Ich nehme es mit und lade es auf«, sagte Wisting und steckte das Handy in die Jackentasche. »Vielleicht kommen im Laufe der Nacht noch mehr Nachrichten.«
    Ein Windstoß ließ Wisting frösteln. Er starrte suchend in die Dunkelheit. Schwarze Dünen und kleine Gruppen von wettergebeugten Kiefern und Wacholderbüschen, an denen der Wind zerrte. Es war erst knappe drei Stunden her seit der schicksalhaften Begegnung, die dazu geführt hatte, dass einer der Männer tot zurückblieb. Der andere konnte immer noch irgendwo hier draußen sein.
    »Wir bekommen Hubschrauberunterstützung«, erklärte der Einsatzleiter, der offenbar das Gleiche gedacht hatte.
    »Gut«, nickte Wisting. Er hatte nicht vor, so lange zu warten. Er wollte nach Hause und sich trockene Sachen anziehen, und danach musste er ins Büro und die Maschinerie anwerfen.
    Er ging denselben Weg zurück, den er gekommen war. Eine Gruppe Journalisten hatte sich oben am Parkplatz versammelt. Einer der Fotografen richtete die Kamera auf Wisting und ergatterte einen Schnappschuss von einem zerfurchten, entschlossenen Gesicht. Als Wisting die Autotür öffnete, hörte er den Hubschrauber kommen. Er flog in niedriger Höhe von Osten heran. Der Scheinwerfer wischte über die Landschaft und fing die Aufmerksamkeit der Reporter ein.
    Er zog sich die nasse Jacke aus und warf sie auf den Rück sitz, dann setzte er sich ans Steuer und ließ den Motor an. Die Scheinwerfer schnitten durch die Nacht und erhellten den dichten Laubwald zu beiden Seiten des schmalen Sandwegs.
    Plötzlich knallte irgendetwas gegen die Frontscheibe. Wisting stieg auf die Bremse und der Wagen rutschte mit blockierten Rädern über den Sand. Blutspuren und ein paar schwarze Federn klebten an der Windschutzscheibe. Wahrscheinlich hatte er einen Vogel erwischt. Er betätigte die Scheibenwaschanlage, um die Überreste zu entfernen.
    Er fuhr weiter, aber schon nach wenigen Metern wurde das Auto wieder von einem Vogel getroffen. Wisting sah ihn wie einen Ball durch die Luft angeflogen kommen, ehe er den Wagen traf und an der Frontscheibe herabrutschte.
    Er fuhr den Feldweg weiter, der nach einigen hundert Metern an der Landstraße zwischen Helgeroa und Stavern endete. Wisting bog nach rechts ab.
    Ein dünner Nebelschleier hing über dem dunklen Asphalt. Regennasses Herbstlaub trieb im Wind, wirbelte gegen das Auto und sammelte sich in dem Spalt hinter den Scheibenwischern.
    Sein Blick fing im Abstand von ungefähr hundert Metern eine Bewegung am Straßenrand ein. Er ging vom Gas.
    Es war ein Mann. Er kam ihm entgegen, auf der anderen Straßenseite. Seine Schritte waren unsicher. Er hob die Hand vors Gesicht, um sich vor dem grellen Fernlicht zu schützen.
    Wisting blendete automatisch ab. Im selben Moment griff der Mann sich mit der anderen Hand an die Brust und fiel um.
    Wisting warf einen Blick in den Rückspiegel, ehe er anhielt und ausstieg. Die Straße war leer, zu beiden Seiten lagen frisch gepflügte Äcker.
    Der Mann bewegte sich nicht.
    Wisting ging neben ihm in die Hocke und berührte ihn an der Schulter. »Alles in Ordnung?«, fragte er.
    Da er keine Antwort bekam, packte er den Mann und wollte ihn umdrehen.
    Urplötzlich wandte der Mann ihm das Gesicht zu. Es war, als läge in seinem Blick eine dünne Schicht Trotz, unter der sich Angst und Furcht verbargen. Eine geballte Faust schoss hervor und traf Wisting mitten ins Gesicht.
    Wisting schwankte. Es folgten noch ein paar schnelle Schläge, dann war der Mann wieder auf den Beinen. Wisting streckte die Hand aus und hielt ihn fest. Der Mann riss sich los und schlug wieder nach ihm, ohne jedoch zu treffen. Wisting erhob sich, wich einem weiteren Schlag aus und konterte. Seine Faust traf den Mann in der Magengegend, der andere krümmte sich und schnappte nach Luft. Wisting warf sich auf ihn, um ihn zu Fall zu bringen, wurde aber von einer Reihe Boxhiebe getroffen. Einer davon traf sein Kinn. Seine Zähne gruben sich in die Unterlippe, der Mund füllte sich mit Blut und er ging in die Knie.
    Der Mann rannte auf das Auto zu, sprang hinters Steuer, trat das Gaspedal durch und raste mit Vollgas direkt auf Wisting zu. Die Scheinwerfer blendeten ihn. Er sprang zur Seite, rollte sich von der Fahrbahn und blieb liegen. Nach
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