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Winterfest

Winterfest

Titel: Winterfest
Autoren: Jørn Lier Horst
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Treppe waren große Bluts tropfen. Auf dem Türblatt befanden sich verwischte Flecken, als hätte sich jemand mit blutiger Hand daran abgestützt.
    Espen Mortensen machte einige Fotos von der Gesamtsi tuation, bevor er weiterging. Wisting folgte ihm in den engen Flur. Der Beamte, der ihn in Empfang genommen hatte, blieb draußen stehen.
    Das Opfer war ein Mann. Er lag auf dem Bauch, in einer merkwürdig verdrehten Stellung. Ein Arm lag unter dem Körper, der andere war zur Seite abgespreizt. Der dicke schwarze Handschuh war voller Blut. Die dreckigen Stiefel reichten ihm fast bis an die Knie. Am Oberkörper trug er einen schwarzen Pullover. Über den Kopf war eine schwarze Sturmhaube gezogen.
    Wisting umrundete den Toten.
    Der Körper lag in einer Blutlache, die über den Holzfußboden geflossen war. Wisting musste große Schritte machen, um nicht hineinzutreten.
    Der Kopf war zur Seite gedreht. Die schwarze Sturmhaube, die das Gesicht verbarg, hatte vorn einen langen Riss, ungefähr in der Stirnmitte. Bleiche Hautlappen hingen heraus und Knochensplitter vom Schädel ragten aus der offenen Wunde.
    Draußen bellte einer der Polizeihunde scharf auf, begierig darauf, mit der Suche zu beginnen. Wisting ging in die Hocke und legte die Hände auf die Knie.
    Die Augen hinter den kleinen Öffnungen in der Maske des Mannes vor ihm waren weit geöffnet und die Augäpfel standen hervor. Die Lippen waren zurückgezogen, als würde er immer noch nach Luft ringen.
    Wisting musterte den Fußboden fast eine Minute lang, dann erhob er sich und blickte sich um. Das Blut war verspritzt und hatte abstrakte Muster an den holzgetäfelten Wänden hinterlassen. An mehreren Stellen waren Fragmente von blutigen Handabdrücken zu sehen, ähnlich denen an der Eingangstür. Es sah aus, als hätte der Mann sich abgestützt, eher er zusammenbrach.
    Ausgehend von der Lache auf dem Fußboden zogen sich klebrige Fußabdrücke Richtung Tür. Derjenige, der hier gewesen war, war in das Blut getreten, bevor er sich aus dem Staub gemacht hatte.
    »Wer hat ihn gefunden?« Wisting rief die Frage dem Polizisten zu, der am Fuß der Treppe stand.
    »Der Nachbar«, antwortete der Beamte und zeigte auf eine Hütte, die ein wenig oberhalb lag. »Da ist auch eingebrochen worden.«
    »War er hier drinnen?«
    Der Uniformierte schüttelte den Kopf. »Er ist nicht weiter gekommen als bis zum Treppenabsatz.«
    Wisting stand stumm da und versuchte, sich einen Gesamteindruck zu verschaffen. Gleichzeitig war er bemüht, sich Details einzuprägen, die entscheidend für die weitere Arbeit sein konnten. Darin war er für gewöhnlich gut. Der erste Eindruck von einem Tatort brachte oft, mithilfe seiner jahrelangen Erfahrung in der Ermittlungsarbeit, das dürre Gerüst einer Theorie zustande.
    Ein Tatort war wie ein Kunstwerk. Jedes kleine Detail im Bild, von einem einzelnen Pinselstrich bis zum fertigen Gemälde, verriet etwas darüber, wer der Maler war.
    Sein Blick wanderte durch das erleuchtete Zimmer. Die Hütte war stilvoll eingerichtet, mit einer Mischung aus modernen und antiken Möbeln. Die Farben waren klar und hell und passten gut zusammen.
    Die Spuren der Einbrecher waren deutlich. Schubladen waren herausgezogen und Schränke geöffnet. Von einem niedrigen Tisch in einer Ecke hingen nur noch ein paar lose Kabel herab, dort hatte der Fernseher gestanden, und an den Wänden waren an mehreren Stellen, wo Bilder gehangen hatten, nur noch helle Felder zu sehen.
    Wistings Blick kehrte zu dem Toten zurück, er seufzte und schüttelte resigniert den Kopf. Er konnte sich keinen Reim darauf machen, aber auch nicht sagen, was hier nicht stimmte.
    »Wurden Schlagwaffen gefunden?«, fragte er.
    Espen Mortensen schüttelte den Kopf und gab die Frage an den Polizisten weiter, der draußen wartete.
    »Die Hundestaffel sucht gerade«, erläuterte der.
    »Wie sieht’s mit Einbruchwerkzeug aus?«, erkundigte sich Wisting und zeigte auf den zerstörten Türrahmen.
    Wieder schüttelte Mortensen den Kopf. »Das könnte die Tatwaffe sein«, meinte er. »Die Rechtsmediziner können sicher mehr dazu sagen, aber es sieht aus wie ein Schlag mit einem spitzen Gegenstand. Einem Brecheisen zum Beispiel.«
    »Du glaubst nicht, dass er der Einbrecher ist?«, fragte Wisting und nickte zu dem Mann mit der Stirnhaube, der zwischen ihnen lag.
    »Vielleicht wurde er überrascht und man hat ihm das Brecheisen abgenommen?«
    Wisting schüttelte skeptisch den Kopf. Nichts deutete darauf hin, dass dem
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