Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Titel: Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
Demokrat berichtet, verlassen Sie sich drauf!«, drohte er.
    »Es wird keine nächste Ausgabe geben«, erwiderte der Polizist. »Schafft ihn weg.«
    Ein Leiterwagen fuhr vor, und ein halbes Dutzend Feuerwehrleute sprangen herunter. Der Einsatzleiter lief zu den Polizisten und sagte in schroffem Tonfall: »Wir müssen das Gebäude räumen!«
    »Fahren Sie zur Feuerwache zurück. Hier gibt es keinen Brand«, erklärte der ältere Polizist. »Das sind nur ein paar SA -Männer, die eine kommunistische Zeitung schließen.«
    »Das ist mir egal«, erwiderte der Feuerwehrmann. »Es wurde Alarm ausgelöst, und wir haben die Aufgabe, alle da rauszuholen, egal ob SA -Mann oder Kommunist. Aber das schaffen wir auch ohne Ihre Hilfe.« Er führte seine Männer ins Gebäude.
    Carla hörte, wie ihre Mutter hervorstieß: »Oh, nein!« Sie drehte sich um und sah, dass Maud auf ihre Schreibmaschine starrte, die auf dem Bürgersteig lag. Die Metallhülle war abgesprungen, der Mechanismus lag offen. Die Tastatur war verdreht, die Walze auf einer Seite herausgebrochen, und die Glocke, die das Ende einer Zeile anzeigte, lag einsam ein Stück entfernt. Eine Schreibmaschine war keine Kostbarkeit, aber Maud sah aus, als würde sie jeden Moment in Tränen ausbrechen.
    Die Braunhemden und die Redaktionsmitarbeiter wurden von den Feuerwehrleuten aus dem Gebäude gescheucht. »Hier gibt’s kein Feuer!«, protestierte Feldwebel Schwab, aber die Feuerwehrmänner schoben ihn einfach weiter.
    Jochmann kam zu Maud. »Die Kerle hatten nicht genug Zeit, um größeren Schaden anzurichten«, sagte er. »Die Feuerwehrmänner haben sie davon abgehalten. Wer immer den Alarm ausgelöst hat, er hat uns einen großen Dienst erwiesen.«
    Carla atmete auf. Sie hatte sich schon Sorgen gemacht, für den Fehlalarm bestraft zu werden. Dabei hatte sie genau das Richtige getan.
    Sie nahm die Hand ihrer Mutter. Die Berührung schien Maud aus ihrer Lethargie zu reißen, und sie wischte sich die Tränen mit dem Ärmel ab. »Was sollen wir jetzt tun?«, sagte sie leise. Carla vernahm es mit Erstaunen. So etwas sagte ihre Mutter sonst nie. Sie hatte bisher immer gewusst, wie es weitergehen sollte.
    Auf einmal bemerkte Carla zwei Leute neben ihnen. Sie hob den Blick und sah eine Frau, ungefähr so alt wie Mutter. Sie war sehr hübsch und wirkte stark und selbstbewusst. Irgendwie kam sie Carla bekannt vor, aber sie konnte die Frau nicht einordnen. Nebenihr stand ein junger Mann, der vom Alter her ihr Sohn sein konnte. Er war schlank und nicht sehr groß, sah aber wie ein Filmstar aus. Sein attraktives Gesicht war fast zu schön, wäre da nicht die platte Nase gewesen. Beide wirkten schockiert, und das Gesicht des jungen Mannes war weiß vor Wut.
    Die Frau kam näher. »Hallo, Maud«, sagte sie auf Englisch. Auch die Stimme kam Carla bekannt vor. »Erkennst du mich nicht? Ich bin’s, Eth Leckwith. Und das ist Lloyd.«

    Lloyd Williams fand einen Boxclub in Berlin, wo er für ein paar Pennys eine Stunde lang trainieren konnte. Der Club lag im Arbeiterbezirk Wedding im Norden des Stadtzentrums. Lloyd trainierte mit dem Medizinball, am Sandsack und sprang Seil. Dann stülpte er sich einen Boxhelm über, stieg in den Ring und boxte fünf Runden. Der Clubtrainer hatte ihm einen passenden Sparringspartner ausgesucht, einen gleichaltrigen Deutschen, genauso groß und schwer wie Lloyd, der im Weltergewicht kämpfte. Der Deutsche hatte eine gute Führhand, die aus dem Nichts zu kommen schien und Lloyd mehrmals traf. Dann aber landete Lloyd einen linken Haken und schickte den Gegner zu Boden.
    Lloyd war in einem rauen Viertel im Londoner Eastend aufgewachsen. Mit zwölf Jahren war er von einer Bande Schulhofschläger terrorisiert worden. »Das ist mir damals auch so ergangen«, hatte Bernie Leckwith gesagt, Lloyds Stiefvater. »Wenn du der klügste Junge in der Schule bist, suchen die dümmsten Schläger dich als Zielscheibe aus.« Er hatte Lloyd in den Boxclub von Aldgate gebracht. Ethel war dagegen gewesen, doch Bernie hatte sich durchgesetzt – was bemerkenswert war, denn für gewöhnlich traf Ethel sämtliche Entscheidungen.
    Im Boxclub hatte Lloyd gelernt, sich schnell zu bewegen und hart zuzuschlagen. Allerdings hatte er sich beim Training die Nase gebrochen, sodass er nicht mehr ganz wie Mamas Liebling aussah. Aber das Boxtraining half ihm, die Probleme mit den Schulhofschlägern zu lösen. Außerdem entdeckte er verborgene Talente bei sich: Er besaß gute Reflexe und war
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher