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Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Titel: Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman
Autoren: Ken Follett
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Ehrlich nicht! Ich schwöre!«, jammerte die arme Frau.
    Carla konnte vor Wut nicht mehr an sich halten und schrie: »Lassen Sie die Frau in Ruhe, Sie Dieb!«
    Schwab starrte sie an, Hass in den Augen. Carla bekam solche Angst, dass sie am ganzen Körper zitterte. Dann richtete Schwabs Blick sich auf etwas oder jemandem hinter ihr, und er sagte: »Schaff das Kind hier weg.«
    Jemand hob Carla von hinten hoch. »Bist du ein Judengör?«, fragte eine Männerstimme. »Mit deinem dunklen Haar siehst du jedenfalls so aus.«
    »Ich bin keine Jüdin!«, kreischte Carla voller Furcht.
    Der Nazi trug sie durch den Flur und setzte sie unsanft inMauds Büro ab. Carla stolperte, fiel zu Boden. »Bleib ja hier drin«, befahl der Mann und stapfte davon.
    Carla rappelte sich auf. Wie es aussah, war sie unverletzt, doch im Flur wimmelte es mittlerweile von Braunhemden, sodass sie nicht zu ihrer Mutter konnte. Aber sie musste Hilfe herbeirufen!
    Carla blickte aus dem zerbrochenen Fenster. Auf der Straße hatte sich eine kleine Menge Neugieriger versammelt. Zwei Polizisten standen unter den Zuschauern und plauderten munter miteinander. »Hilfe!«, rief Carla ihnen zu. »Hilfe! Polizei!«
    Die beiden Männer schauten zu ihr hoch und lachten.
    Carla wurde so wütend, dass sie ihre Angst für den Augenblick vergaß. Wieder schaute sie zur Bürotür hinaus. Ihr Blick blieb am Feuermelder hängen. Sie packte den Hebel, zögerte dann aber. Man durfte keinen Alarm auslösen, solange es nicht wirklich brannte. Ein Schild an der Wand warnte vor den Strafen für einen Fehlalarm.
    Carla zog den Hebel trotzdem.
    Einen Moment lang geschah nichts. Vielleicht funktionierte das Ding ja gar nicht.
    Dann, unvermittelt, erfüllte ein lautes Heulen das Gebäude.
    Augenblicke später erschienen am anderen Ende des Flurs die Leute aus dem Konferenzraum, Jochmann vorneweg. »Was ist hier los?«, brüllte er, um sich über das Heulen hinweg verständlich zu machen.
    Einer von den Braunhemden rief ihm zu: »Euer jüdisches Kommunistenblatt hat unseren Führer beleidigt! Jetzt machen wir den Laden dicht!«
    Jochmann fuhr ihn an: »Raus aus meiner Redaktion!«
    Doch der Nazi beachtete ihn gar nicht und verschwand in einem Nebenraum. Sekunden später war der Schrei einer Frau zu hören, gefolgt von einem Krachen, als wäre ein Schreibtisch umgeworfen worden.
    Jochmann wandte sich an einen seiner Angestellten. »Rufen Sie sofort die Polizei, Schneider!«
    Carla wusste, dass das nichts nützen würde. Die Polizei war bereits da, aber sie tat nichts.
    Maud drängte sich zwischen den Leuten hindurch und rannte den Flur hinunter auf Carla zu. »Ist dir was passiert?«, rief sie unddrückte ihre Tochter an sich, doch Carla wollte nicht getröstet werden wie ein kleines Kind und schob Maud von sich. »Mir geht’s gut. Mach dir keine Sorgen.«
    Maud schaute sich um. »Meine Schreibmaschine!«
    »Die haben die Männer aus dem Fenster geworfen.« Mit einem Anflug von Erleichterung wurde Carla bewusst, dass sie wegen der Schreibmaschine nun keinen Ärger mehr kriegen konnte.
    »Wir müssen hier raus.« Maud schnappte sich das eingerahmte Foto und ergriff Carlas Hand. Gemeinsam rannten sie aus dem Büro.
    Niemand versuchte, die beiden aufzuhalten, als sie die Treppe hinuntereilten. Vor ihnen hatte ein kräftig gebauter Mann, möglicherweise einer der Reporter, einen SA -Mann im Schwitzkasten und zerrte ihn aus dem Gebäude. Carla und ihre Mutter folgten den beiden hinaus. Ein weiterer Nazi lief ihnen hinterher.
    Der Reporter ging zu den beiden Polizisten, das Braunhemd noch immer fest im Griff. »Verhaften Sie diesen Kerl«, sagte er. »Ich habe ihn dabei erwischt, wie er versucht hat, unsere Redaktion auszurauben. In seiner Tasche finden Sie eine gestohlene Dose Kaffee.«
    »Lassen Sie ihn los«, forderte einer der Polizisten ihn auf.
    Widerwillig ließ der Reporter den SA -Mann gehen.
    Der zweite Nazi stand hinter seinem Kameraden.
    »Wie heißen Sie?«, fragte der Polizist den Reporter.
    »Rudolf Schmidt. Ich bin Parlamentskorrespondent des Demokrat .«
    »Rudolf Schmidt, hiermit verhafte ich Sie wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt.«
    »Machen Sie sich nicht lächerlich. Ich habe den Mann beim Stehlen erwischt!«
    Der Polizist nickte den beiden Braunhemden zu. »Bringt ihn aufs Revier.«
    Die SA -Männer packten Schmidt an den Armen. Er schien sich wehren zu wollen, besann sich dann aber eines Besseren. »Über diesen Vorfall wird in der nächsten Ausgabe des
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