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Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Titel: Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman
Autoren: Ken Follett
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unterdrückte ein Kichern. »Und Walter hat gesagt: ›Oh, und ich dachte, wir würden alle noch zu Abend essen.‹«
    Maud lachte. »Du kannst dir sicher vorstellen, wie sehr mich das gefreut hat.«
    Lloyd starrte in seinen Kaffee. Das Gespräch war ihm peinlich. Er war achtzehn und noch unschuldig, und sexuelle Anspielungen machten ihn verlegen.
    Dann fragte Ethel ihre Freundin mit ernster Stimme: »Hast du noch mal was von Fitz gehört?«
    Lloyd wusste, dass die heimliche Hochzeit zum Zerwürfnis zwischen Maud und ihrem Bruder, Earl Fitzherbert, geführt hatte. Fitz hatte Maud enterbt, weil sie ihn als Familienoberhaupt nicht um Erlaubnis gefragt hatte.
    Maud schüttelte traurig den Kopf. »Ich habe ihm geschrieben, als wir das letzte Mal in London waren, aber er wollte mich nicht sehen. Ich habe seinen Stolz verletzt, als ich Walter geheiratet habe, ohne ihm etwas davon zu sagen. Ich fürchte, mein Bruder verzeiht nicht so leicht.«
    Ethel bezahlte die Rechnung. In Deutschland war alles billig, wenn man nur fremde Währung hatte. Sie wollten gerade aufstehen und gehen, als ein Fremder an den Tisch kam und sich unaufgefordert einen Stuhl heranzog. Der Mann war kräftig gebaut, und ein schmaler Schnurrbart zierte sein rundes Gesicht.
    Er trug eine Nazi-Uniform.
    Robert fragte unterkühlt: »Was kann ich für Sie tun, mein Herr?«
    »Ich bin Kriminalinspektor Thomas Macke.« Er packte einen vorbeikommenden Kellner am Arm und sagte: »Bringen Sie mir einen Kaffee.«
    Der Kellner schaute Robert fragend an. Der nickte.
    »Ich arbeite in der Politischen Abteilung der Preußischen Polizei«, fuhr Macke fort, »und bin Abteilungsleiter hier in Berlin.«
    Lloyd übersetzte leise für seine Mutter.
    »Allerdings bin ich nicht in meiner offiziellen Funktion hier«, sagte Macke. »Ich würde gerne mit dem Besitzer dieses Restaurants eine persönliche Angelegenheit besprechen.«
    »Wo haben Sie letzten Monat gearbeitet?«, wollte Robert wissen.
    Die unerwartete Frage überraschte Macke. »Auf dem Revier in Kreuzberg. Wieso?«
    »Was haben Sie da gemacht?«
    »Ich habe die Akten verwaltet. Warum fragen Sie?«
    Robert nickte, als hätte er nichts anderes erwartet. »Sie sind also vom Verwaltungsmenschen zum Abteilungsleiter der Politischen Abteilung in Berlin geworden. Da gratuliere ich recht schön zu Ihrer raschen Beförderung.« Er drehte sich zu Ethel um. »Als Hitler Ende Januar Kanzler geworden ist, hat er seinem Henkersknecht Hermann Göring als Reichskommissar das Preußische Innenministerium unterstellt und ihn damit zum Chef der größten Polizeistreitmacht der Welt gemacht. Göring hat einen Großteil der Beamten versetzt oder entlassen und durch linientreue Nazis ersetzt.« Er wandte sich wieder Macke zu. Spöttisch sagte er: »Aber ich gehe natürlich davon aus, dass die Beförderung unseres Gastes allein auf seinen Verdiensten beruht.«
    Macke errötete, hielt sich aber zurück. »Nun, wie gesagt, würde ich mit dem Eigentümer dieses Restaurants gern eine persönliche Sache besprechen. Wissen Sie, mein Bruder …«
    »Kommen Sie bitte morgen früh zu mir«, fiel Robert ihm ins Wort. »Wäre Ihnen zehn Uhr genehm?«
    Macke fuhr ungerührt fort: »Mein Bruder ist im Gastronomiegewerbe, und …«
    »Interessant. Vielleicht kenne ich ihn. Heißt er auch Macke? Was für ein Etablissement führt er denn?«
    »Ein kleines Lokal für Arbeiter in Friedrichshain.«
    »Oh. Dann kenne ich ihn wohl doch nicht.«
    Lloyd war nicht sicher, ob es klug von Robert war, sich so herablassend zu geben. Sicher, Macke war grob und verdiente keine Freundlichkeit, aber er konnte wahrscheinlich großen Ärger machen.
    Macke fuhr fort: »Mein Bruder würde dieses Restaurant gerne kaufen.«
    »Ihr Bruder will es Ihnen also gleichtun und ebenfalls die Karriereleiter emporsteigen, ja?«
    »Wir bieten Ihnen zwanzigtausend Mark, zahlbar in Raten über zwei Jahre hinweg.«
    Jörg lachte auf.
    »Bitte erlauben Sie mir, Ihnen etwas zu erklären, Herr Inspektor«, sagte Robert. »Ich bin österreichischer Graf. Vor zwanzigJahren hatte ich ein Schloss und ein großes Gut in Ungarn, wo meine Mutter und meine Schwester lebten. Im Krieg habe ich meine Familie verloren, mein Schloss, meine Ländereien, sogar mein Land, das … das miniaturisiert worden ist.« Der Sarkasmus war von ihm abgefallen; nun schwankte seine Stimme. »Ich bin mit nichts außer der Adresse Walter von Ulrichs, meines entfernten Cousins, nach Berlin gekommen. Trotzdem habe ich es
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