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Wind Der Zeiten

Wind Der Zeiten

Titel: Wind Der Zeiten
Autoren: Jeanine Krock
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Zeichen. Und tatsächlich gelang es mir heute, den Hengst hereinzulocken. Er fraß seine Belohnung und ließ sich sogar von mir an der Stirn streicheln. Damit sollte es für den Anfang genug sein. »Wir haben Zuschauer«, raunte ich ihm zu. Aus dem Augenwinkel hatte ich den dunklen Fremden gesehen, der sich, ebenso wie Brandubh, allnächtlich in meine Träume schlich.
    Seit unserer Begegnung zur Geisterstunde hatte ich ihn nicht mehr getroffen. Allerdings konnte ich ihn einmal von weitem dabei beobachten, wie er heftig gestikulierend mit Iain sprach. Nun schien er mich zu beobachten.
    Erwartungsvoll drehte ich mich um und sah gerade noch, dass er den Weg zum Sithean Inn einschlug. Kurz darauf war er hinter einer Biegung verschwunden.
    »Er ist neugierig.«
    Vor Schreck machte ich einen Satz nach hinten, stolperte und landete direkt vor Brandubhs Hufen. Er schnaubte und stupste mich mit seinem weichen Maul an, als wollte er fragen, ob mit mir alles in Ordnung sei.
    » Tha mi duilich. Tut mir leid.« Angus’ Lachen widersprach seinen Worten, aber immerhin reichte er mir die Hand. »Ich wollte dich nicht erschrecken.« Nachdem er mich auf die Beine gezogen hatte, was das Pferd übrigens interessiert zu beobachten schien, wurde er ernst. »Du hast sein Interesse geweckt. Sehr gut. Pass auf, jetzt werde ich dir zeigen, wie er lernt, dich zu respektieren.«
    Bei Angus wusste ich nie so genau, wie er die Dinge meinte. Ich hätte schwören können, dass er von meinem fremden Retter gesprochen hatte. Aber das war natürlich pure Einbildung, ich war weit davon entfernt, sein schottisches Gälisch wirklich verstehen zu können. Außerdem konnte er nichts
über meine merkwürdige Begegnung wissen, denn ich hatte überhaupt niemandem davon erzählt.
    Und hätte er doch den Fremden gemeint – warum sollte mir daran gelegen sein, dass der mich respektierte? Eine kleine Stimme in meinem Inneren allerdings verlangte genau dies von mir. Bisher hatte ich mich während der kurzen Begegnungen von meiner schlechtesten Seite gezeigt, und ich hätte meinem unfreiwilligen Retter gern bewiesen, dass ich nicht immer ungeschickt und zickig war.
    »Mädchen, träum nicht. Sieh her.« Angus stand nun in der Mitte des Zirkels, der Zugang war verschlossen, und Brandubh trat verunsichert von einem Huf auf den anderen, als ahnte er bereits, dass etwas Unangenehmes kommen würde.
    Gespannt ging ich näher an den Zaun heran und hielt den Atem an, als der sonst so sanftmütige Schotte den Hengst plötzlich aggressiv mit einer Longe antrieb, bis er im Kreis galoppierte.
    Was hatte Angus bloß vor? Wollte er etwa die Arbeit von Tagen zunichtemachen, indem er ihn wieder scheu machte? Das Pferd rollte mit den Augen und schlug nach hinten aus, als es mich passierte. Ehe ich etwas sagen konnte, winkte Angus mich zu sich heran. Nur widerwillig ging ich zu ihm, aber ich musste wissen, was er vorhatte.
    Damit, dass er mir die Longe in die Hand drücken und mich auffordern würde, es ihm nachzumachen, hatte ich nicht gerechnet. »Vertrau mir«, sagte er leise, und ich folgte seinen Anweisungen. Bald wurde klar, dass Brandubh das Spiel satthatte, aber wieder und wieder trieb ich ihn auf Angus’ Anweisung hin an, bis die Flanken des Tiers feucht wurden und ich vor Mitleid beinahe zerschmolz. Anfangs hatte er noch unwillig
die Mähne geschüttelt, nun senkte er den Kopf, drehte die Ohren in meine Richtung und kaute.
    »Jetzt lass ihn machen, was er will.«
    Erleichtert zog ich die Longe ein. Ich rechnete fest damit, dass das Pferd seinen Abstand zu mir beibehalten würde. Doch stattdessen kam es mit ruhigen Schritten direkt auf mich zu.
    »Arme an den Körper, sieh ihn nicht an«, erinnerte mich Angus, der unauffällig zum Tor gegangen war, um es zu öffnen und sich nun oben auf dem Zaun setzte.
    Ich vermied den Blickkontakt mit dem Hengst, stellte mich ein wenig seitlich und hatte Mühe, meine Überraschung zu verbergen, als Brandubh den Kopf an meiner Schulter rieb. Behutsam streckte ich die Hand aus und streichelte ihn an der Stirn. Er dankte es mir mit einem liebevollen Stups.
    Von diesem Augenblick an wich mir das Pferd kaum noch von der Seite. Egal, ob ich Schlangenlinien ging, lief oder gemütlich mit ihm über die Wiese spazierte, er blieb immer in meiner Nähe, spitzte die Ohren und beobachtete genau, was ich als Nächstes tun würde. Natürlich gab es Rückschläge. Er kannte Sattel und Zaumzeug, verband damit aber offenbar negative Erlebnisse. Wir
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