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Wind Der Zeiten

Wind Der Zeiten

Titel: Wind Der Zeiten
Autoren: Jeanine Krock
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schweigen natürlich von seinen anderen Qualitäten.« Dazu machte sie alberne Kussgeräusche und lachte zwischendurch wie ein Kobold.
    Irgendwo im Haus schlug eine Uhr, und Caitlynn wurde wieder ernst. »So spät schon.« Eilig erklärte sie mir, wie ich zu den Pferden gelangte. »Eigentlich wollte ich dich begleiten, aber wir bekommen heute Getränke geliefert. Darauf muss eine gute Wirtin ein Auge haben. Kommst du allein zurecht?«
    Ich versicherte ihr, dass ich auf dem kurzen Stück zum
Pferdestall, dessen Dach ich vom Frühstückszimmer aus hinter einem flachen Hügel gesehen hatte, bestimmt nicht verloren gehen würde.
    Im Davonlaufen rief sie mir noch über die Schulter zu: »Wenn du Angus triffst, sprich bloß kein Englisch mit ihm.«
    Dann war sie verschwunden, und ich folgte wenig später dem breiten Spazierweg, der zwischen den Koppeln hindurchführte. Mein erster Eindruck hatte mich nicht getäuscht. Es würde noch einige Wochen dauern, bis die Pferde erstmals das Gras in diesem Jahr genießen durften.
    Während ich meine Lungen mit frischer Meeresluft füllte und über ihre seltsame Bemerkung nachdachte, tauchte hinter der nächsten Biegung der Stall auf. Die Tiere konnten frei entscheiden, ob sie sich innen oder auf dem großzügigen Auslauf vor dem Gebäude aufhalten wollten. Caitlynn hatte mir geschrieben, dass sie anfangs von Iains Vorschlag, sie in einem offenen Stall zu halten, nicht begeistert gewesen war. Sie hatte zu bedenken gegeben, dass die Pferde im Winter ein dichteres Fell bekämen und die Gäste keine Lust haben würden, auf solche wilden Biester zu steigen. Ein Irrtum, wie sich schnell herausgestellt hatte. Die Reittouristen waren entzückt, und bald hieß es, dass man hier die besten Highland-Ponys fand, die ganz Schottland zu bieten hatte. Sogar im Winter hatten sich immer wieder genügend Reiter für Ausflüge in die Highlands angemeldet, die natürlich im Sithean Inn übernachteten und auch die kulinarischen Angebote des Pubs zu schätzen wussten.
    Die kleine Herde döste so friedlich in der blassen Mittagssonne, dass ich unwillkürlich lächelte. Tiere hatten oft diese beruhigende Wirkung auf mich. Ich zählte zwei Fuchsstuten mit ihren Fohlen, fünf Braune, einen Rappen und einen Schimmel. Ausgerechnet der ging – wie sollte es anders sein –
in die Knie, um sich genüsslich im Sand zu wälzen. Von dieser Rasse hatte ich bisher nur gehört. Zunächst erinnerten mich die struppigen Kreaturen an Islandpferde. Diese Schotten waren zwar etwas größer, besaßen jedoch, genau wie ihre isländischen Verwandten, einen kompakten Körperbau, eine wundervoll üppige Mähne und – das sagte man ihnen zumindest nach – einen äußerst freundlichen Charakter. Letzteres gedachte ich so schnell wie möglich herauszufinden, denn ich liebte Pferde und ritt, seitdem ich denken konnte.
    Als ich mich dem hölzernen Gatter näherte, ertönte ein lautes Wiehern, und der schönste Rappe, den ich je gesehen hatte, kam über eine angrenzende Wiese galoppiert. Als sich unsere Blicke trafen, stemmte er die Hufe in den weichen Boden, schlidderte ein wenig und warf den Kopf hoch. Wäre es nicht vollkommen unmöglich gewesen, hätte ich schwören können, dass er mich erkannte.
    Was ist mit dir? , flüsterte ich tonlos.
    Er schnaubte und starrte hochmütig herüber, als wolle er den Zweibeiner mit dem starren Blick hinter seinem Zaun erst einmal taxieren. Dann hatte er sich offenbar entschieden und kam mit langem Hals auf mich zu.
    »Hallo, mein Schöner. Du hast sicher das hier gerochen?« Einladend streckte ich ihm auf der flachen Hand einen Apfel entgegen, den ich beim Frühstück vorsorglich eingesteckt hatte.
    Behutsam nahm er den Leckerbissen zwischen seine großen Zähne. In diesem Augenblick schien die Zeit stehenzubleiben. Wir kannten uns, waren Freunde, Verbündete. Ein Traum …
    »Er mag dich.« Die Stimme neben mir klang überrascht.
    Ich war es bestimmt, als der Mann, den ich vorhin im Gespräch
mit Iain gesehen hatte, so plötzlich an meiner Seite auftauchte. Das musste Angus sein. Schnell fasste ich mich. » Dia dhuit. Grüß Gott.«
    »Hallo.« Lachend zeigte er eine breite Zahnlücke. »Ich sehe, Caitlynn hat dich gewarnt«, sagte er mit dem typisch rollenden schottischen Akzent, aber in bestem Englisch. »Sie hat mir erzählt, dass du ihre Sprache gelernt hast, drüben auf der Insel. Aber Irisch ist anders als unser Gälisch. Wir sagen hier Latha math , Guten Tag.« Er zeigte auf meinen
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