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Wind Der Zeiten

Wind Der Zeiten

Titel: Wind Der Zeiten
Autoren: Jeanine Krock
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einen kalten Imbiss aufs Zimmer servieren. Morgen gäbe es ab acht Uhr Frühstück im Speisezimmer. Die Anwälte erwarteten uns ab zehn in der Bibliothek. Ich könne während der Besprechung gern eine Tour durchs Haus machen, die Haushälterin würde sich nach dem Frühstück bei mir melden. »Damenprogramm! Früher waren wir emanzipierter«, murmelte ich.
    »Bitte?« »Schon gut. Sagen Sie ihr, ich erwarte sie um zwölf in der Bibliothek.« Bis dahin hatte ich mir ein Bild gemacht und konnte den Rest der Verhandlungen mit Sicherheit Alan überlassen.
    Die Tür schloss sich hinter mir, und ich schaute mich um. Im Kamin brannte trotz der Jahreszeit ein Feuer, und auf den ersten Blick hatte sich nichts verändert. Die Luft roch frisch
und nicht, wie befürchtet, nach altem Lavendel oder viel schlimmeren Dingen.
    Das Bett war noch das gleiche, die Vorhänge gute Kopien, wie ich mit einem Griff erkannte. Die Originale wären vermutlich im meiner Hand zu Staub zerfallen. Bettwäsche und Kissen rochen frisch. Irgendjemand hatte definitiv gewusst, dass wir in diesen Zimmern schlafen würden. Alles war so gut wie möglich nach dem Original oder zumindest nach alten Vorbildern gestaltet.
    Doch dann sah ich, dass an Stelle des einstigen Paravents, hinter dem Waschtisch und Nachttopf verborgen gewesen waren, nun eine Mauer stand. Gegen den Einbau eines Bads hatte der Fluch offenbar nichts einzuwenden gehabt, dachte ich schmunzelnd. Lachlan hatte sicher die Witze nicht vergessen, die die MacCoinnaichs über meinen Badespleen, wie sie es nannten, gerissen hatten. Ein Ankleidezimmer ergänzte den ungewohnten Luxus, und darin entdeckte ich zu meiner großen Überraschung eine Auswahl exquisiter Garderobe. Ich musste also morgen nicht in meinem Leinengewand aus dem achtzehnten Jahrhundert herumlaufen. Obwohl … das Kleid war extra für mich geschneidert worden, und längst hatte ich mich an die vielen Unterröcke und das enge Mieder gewöhnt. Erst einmal abwarten, für welche Garderobe ich mich entscheiden würde.
    Und dann sah ich das Päckchen auf meinem Schreibtisch. Ein Begrüßungsgeschenk? Rasch löste ich die Schleife und wickelte das Seidenpapier ab. Die Tagebücher! In den Händen hielt ich Lady Kerianns und auch meine Aufzeichnungen, die allerdings aussahen, als seien sie erst kürzlich gebunden worden. Obenauf lag ein Umschlag, den ich mit fliegenden Fingern aufriss.

    Liebste Freundin,
wenn du diese Zeilen liest, hast du es geschafft, und ihr seid
wohlbehalten in unsere Welt zurückgekehrt.
    Ich verstehe zwar auch nicht, wie diese Dinge möglich sein können, aber ist es nicht fantastisch, so einfach durch die Zeit zu reisen?
     
    Deine Caitlynn
     
    PS Ruf mich bald an, ja? Ich kann es kaum erwarten, euch wiederzusehen. Es gibt so viel zu besprechen!
    Fantastisch. In der Tat. Meine Hand zitterte, als ich den Brief zurücklegte. Caitlynn hatte gewusst, was passieren würde. Woher?
    »Vielleicht ist es an der Zeit, die Karten neu zu mischen«, hatte Iain gesagt, bevor er mir den Weg zum Feenkreis in die Landkarte eingezeichnet hatte. Er steckte also mit Caitlynn unter einer Decke.
    »O ja, meine Liebe. Ich werde dich nicht nur anrufen, ich werde dich heimsuchen. So lange, bis du mir alles erzählt hast!«
    Es hatte sich nie die Gelegenheit ergeben, Alan die Aufzeichnungen seiner Mutter zu zeigen, und ich freute mich auch nicht auf seine Reaktion über die Erkenntnis, dass seine Clansleute gar nicht so falsch gelegen hatten, denn es gab ja tatsächlich eine Verbindung zwischen ihm und der Feenwelt, wie ich inzwischen wusste. Vielleicht konnten Caitlynn und Iain mehr darüber sagen.
    Kopfschüttelnd wickelte ich die Tagebücher wieder ein. Ich war ihnen nicht böse, dass sie mich praktisch mit verbundenen Augen in mein Schicksal geschickt hatten. Geglaubt hätte ich ihnen ohnehin kein Wort von dem, was ich inzwischen
als einen Teil meiner Realität akzeptiert und willkommen geheißen hatte. Magie existierte, egal, ob jeder von uns daran glaubte oder nicht.
    Ein knarrendes Geräusch riss mich aus den Gedanken. Es kam aus Richtung der geheimen Tür, deren Öffnungsmechanismus ich bis zum Schluss nicht entdeckt hatte. Ich lief hinüber und stieß fast mit Alan zusammen, als er sie von der anderen Seite aufriss. Wir lachten und fielen uns in die Arme.
    »Hast du gesehen, es gibt ein Ankleidezimmer und ein Bad«, teilte ich ihm aufgeregt mit und wollte ihn am Ärmel hinter mir herziehen, damit er den Luxus mit eigenen Augen
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