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Wilsberg 06 - Schuss und Gegenschuss

Wilsberg 06 - Schuss und Gegenschuss

Titel: Wilsberg 06 - Schuss und Gegenschuss
Autoren: Juergen Kehrer
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ein, dass ich unter den tausend Filmmenschen, die in Köln herumliefen und geniale Einfälle ausbrüteten, kaum auffallen würde.
    Anschließend machte ich mich auf den Weg zum Sendezentrum von Kanal Ultra.
    Es war gar nicht so einfach gewesen, einen Sponsor für meine Reise nach Köln zu finden. Mehrfach hatte ich Karl-Heinz Becher und seine Frau im Bettenturm der Uni-Klinik besucht und sie schließlich davon überzeugt, dass Charly Rommersberger wahrscheinlich nicht der gesuchte Attentäter sei, das Leben des Mimen und seine womögliche späte Hollywood-Karriere sich also immer noch in Gefahr befänden. Die andere Möglichkeit, dass ich ihnen schlicht auf die Nerven ging und sie mich loswerden wollten, zog ich ernsthaft nicht in Betracht.
    Das Kanal Ultra-Gebäude war ein weißer Betonklotz in postpostmoderner neuer Sachlichkeit. Durch die perforierte Glasscheibe offenbarte ich dem Pförtner, dass ich eine Verabredung mit Heribert Wildkat hätte.
    »Dat wird wohl nischt möglisch sein«, kölschte das Millowitsch-Plagiat, »der bekuckt sisch die Blömer von unten.«
    »Oh.« Ein Hauch von Betroffenheit huschte über mein Gesicht. »Er ist tot?«
    Der Pförtner nickte ebenso ernst. »Mausetot.«
    »Wie ist das passiert?«
    »Man sacht, dat et ihn bei so ’ner heißen Porno-Nummer erwischt hat, sowat mit Handschellen und dem ganzen Klimbim. Dann muss ihm die Mieze wohl die Luft abgedreht haben.«
    »Tatsächlich?« Ich kratzte meinen kreativen Viertagebart. Wie die anderen 999 Filmmenschen hielt ich mich nicht lange mit dem Gedenken an Tote auf und kam wieder zum Geschäftlichen: »Zu dumm. Jetzt bin ich extra aus Hamburg hierhergekommen. Es geht um ein Serienkonzept, das ich im Auftrag von Herrn Wildkat entwickelt habe. Gibt es schon einen Nachfolger?«
    »Ja, den Herrn Reimers. Warten Sie mal, isch melde Sie an.«
    »Ich habe leider nur wenig Zeit«, begrüßte mich Reimers, ein Mann, der sein dreißigstes Lebensjahr wohl noch nicht gesehen hatte und ein verwegenes Aftershave benutzte. »Wildkat hat mir ein völliges Chaos hinterlassen. Ich muss praktisch bei null anfangen. Aber bitte! Schießen Sie los!«
    Ich setzte mich. »Schade, dass Sie nichts vorliegen haben. Wildkat und ich haben uns Folgendes ausgedacht: Eine Sitcom, besser gesagt: eine Comedy, die gleichzeitig die Familienserie bedient und einen leichten Krimieinschlag hat.«
    »Verstehe«, sagte Reimers.
    »Drei Generationen einer Pächterfamilie, die eine Autobahnraststätte betreibt. Dazu kommen ein paar Trucker als Stammgäste. Kann man natürlich komplett im Studio drehen. Von Familienknatsch, Affären mit Urlaubern bis zu explodierenden Tankstellen ist alles drin.«
    »Haben Sie ein Exposé?«, fragte Reimers. Er wippte unruhig auf seinem Bürosessel.
    »Es ist wirklich zu blöd. In meinem PC habe ich weit über hunderttausend Zeichen, Ideen für mindestens fünfzehn Folgen. Aber heute habe ich nichts dabei, weil ich mit Wildkat noch ein paar grundsätzliche Sachen besprechen wollte. Er hatte an der Figur der männervernaschenden Großmutter ...«
    »Wissen Sie was, Herr ...?«
    »Knickenhorst.«
    »Herr Knickenhorst, schicken Sie mir einfach ein Exposé! Ich werde das dann prüfen, und Sie hören von mir.«
    Ich blieb sitzen. »Ich weiß nur, dass Mega Art die Serie produzieren soll.«
    Reimers lachte kurz. » Mega Art ist pleite. Die produzieren nicht mal mehr einen Abspann.«
    Mir klappte der Unterkiefer nach unten. »Wirklich?«
    »Hundert Pro. Da hat sich in einem kleinen Kaff in der Nähe von Dortmund, ich glaube, es heißt Münster, ein filmreifes Drama abgespielt. Unseren guten Wildkat hat es dort erwischt, und auch den Besitzer von Mega Art. Davon abgesehen, Herr Knickenberg, ...«
    »...horst«, korrigierte ich ihn.
    Er guckte mich fragend an.
    »Knickenhorst.«
    »Ach so, ja. Wildkat wollte gehen, er hatte bereits gekündigt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er ernsthaft über Ihre Serie nachgedacht hat.«
    »Sie meinen, er hat nur zum Schein mit mir verhandelt?«
    »Wie auch immer. Er hatte vor, ins Produktionsfach zu wechseln. Aber jetzt, Herr Knickenberg, muss ich an einer anderen Sache arbeiten. Seien Sie so lieb, und schicken Sie mir ein Exposé!«
    Ich rappelte mich umständlich hoch. »Wer macht denn jetzt die Serien für Kanal Ultra, wenn es Mega Art nicht mehr gibt?«
    Reimers lächelte überlegen. »Es gibt genug Produktionsfirmen in Köln. Näheres erfahren Sie von der Pressestelle, rechtzeitig vor dem Sendestart.«
    In
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