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Wilsberg 06 - Schuss und Gegenschuss

Wilsberg 06 - Schuss und Gegenschuss

Titel: Wilsberg 06 - Schuss und Gegenschuss
Autoren: Juergen Kehrer
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angeht, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    »Völlig klar«, sagte die Pressechefin.
    »Ich telefoniere also alle Produktionsfirmen durch, die in meinem Handbuch stehen, um mich vorzustellen und zu erfahren, mit wem ich es zu tun habe, welche Schwerpunkte hauptseitig gebildet werden und so weiter.«
    »Hmmm«, machte die Pressechefin, nicht mehr ganz so gut gelaunt.
    »Sagen Sie mir doch mal: Wer ist Ihr Dispatcher?«
    »Unser was? «
    »Der Executive Producer?«
    »Nun, die Verträge macht Gabi Gottschlich. Sie ist die geschäftsführende Produzentin.«
    »Aha. Und wer ist der CEO?«
    »Wer ist das schon wieder?«, fragte die Pressechefin genervt.
    »Der Chief Executive Officer. So sagt man doch in Hollywood, oder?«
    Sie stöhnte. »Wir sind eine GmbH mit mehreren Gesellschaftern. Frau Gottschlich ist Geschäftsführerin und gleichzeitig Gesellschafterin. Hilft Ihnen das weiter?«
    »Ja, sehr«, sagte ich. »Seit wann ist sie das?«
    »Wie war Ihr Name?«, fragte die Pressechefin.
    »Senckenberg vom Ostdeutschen Rundfunk Brandenburg .«
    Sie legte den Hörer hin und blätterte vermutlich in einem Redakteurverzeichnis. Als sie den Hörer wieder aufnahm, sagte sie: »Herr Senckenberg?«
    »Ja?«
    »Ich glaube nicht, dass Sie für den ORB arbeiten.«
    »Jetzt, wo Sie’s sagen, fällt’s mir auch wieder ein. Diese Schweine glauben doch tatsächlich, ich habe für die Stasi gearbeitet. Dabei stimmt das gar nicht. Es war der KGB.«
    Die Antwort war Tuten, made by Telekom.
    Anschließend telefonierte ich nach Berlin und nach Münster, einmal mit und einmal ohne Hintergrundgeräusche.
    Und dann stürzte ich mich ins Nachtleben, aß einen Kebap-Burger und trank drei Gläser Mineralwasser. Um mich herum verlangten die Eingeborenen nach einem schaumlosen Bier, das sie Kölsch nannten.

XVIII
    »Hallo, Gabi!«, sagte ich.
    Sie lächelte mich an, winkte mich auf den Stuhl vor ihrem Schreibtisch und telefonierte weiter.
    Das Büro war klein und sah improvisiert aus. Es befand sich in einer Ecke der fensterlosen Schachtel in Köln-Kalk.
    Gabi beendete das Gespräch und legte das Handy auf den Tisch. »Georg, was treibt dich denn hierher?«
    »Wenn ich jetzt sagen würde: Ich bin zufällig vorbeigekommen, wäre das nicht sehr glaubwürdig, oder?«
    »Nein«, lachte sie, »bodenständig, wie du bist. Immerhin hast du Filmluft geschnuppert. Soll ich dich beraten, wie man ein Fernsehstar wird?«
    »Ich glaube, meine Fähigkeiten liegen auf anderen Gebieten, falls ich überhaupt welche habe. Um ehrlich zu sein: Ich bin deinetwegen hier.«
    »Meinetwegen?« Sie stand auf. »Das freut mich natürlich.« Ein nervöses Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Allerdings hättest du mich vorher anrufen sollen. Ich bin im Moment ziemlich im Stress.«
    Ich nickte anerkennend. »Du hast schnell einen neuen Job gefunden.«
    »Ein Glücksfall. Ich mache wieder das, was ich am besten kann: organisieren. Und es gibt eine Menge zu organisieren.« Sie ging zur Tür. »Kommst du mit? Ich muss mit ein paar Leuten sprechen. Unterwegs kann ich dir alles zeigen.«
    Wir stiegen eine Metalltreppe hinunter. »Was dreht ihr hier eigentlich?«
    » Anhalter Bahnhof. Eine Seifenoper. So was wie Lindenstraße multipliziert mit Gute Zeiten, Schlechte Zeiten und dividiert durch Verbotene Liebe. Läuft ab Januar täglich, fünfundzwanzig Minuten pro Folge. Bis jetzt sind fünfhundert Folgen geplant. Können aber leicht mehr werden, wenn die Serie bei der Zielgruppe ankommt.«
    Am Fuß der Treppe erstreckte sich eine Straße, genauer gesagt: ein Straßenstück, mit Bordsteinkante, gepflastertem Bürgersteig, Straßenlaterne und Hausfassade.
    Gabi machte eine ausgreifende Handbewegung. »Das Ganze spielt in einem Haus in Berlin, wie du dir denken kannst. Ab und zu schneiden wir ein paar Außenaufnahmen vom Anhalter Bahnhof hinein. Gedreht wird ausschließlich im Studio, und zwar parallel auf drei Ebenen, entsprechend den Etagen des Hauses. Pro Drehtag muss ja auch eine Folge fertig werden.«
    Wir gingen um die Hausfassade herum und standen vor einem im IKEA-Stil eingerichteten Wohnzimmer mit Plüschtieren auf dem Sofa und einem Rennrad neben der Tür.
    »Das ist die Wohnung der zwei jungen Frauen, die unten wohnen. In der Mitte haust ein schwuler Galerist, der gleichzeitig der Hausbesitzer ist, und oben eine Familie mit zwei halbwüchsigen Kindern. Die Frauen haben Liebesgeschichten, die nie länger als zehn Folgen dauern, der Galerist hat ständig Liebeskummer,
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