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Wilsberg 06 - Schuss und Gegenschuss

Wilsberg 06 - Schuss und Gegenschuss

Titel: Wilsberg 06 - Schuss und Gegenschuss
Autoren: Juergen Kehrer
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meinem weißen Mietwagen der untersten Preisklasse (nach den negativen Erfahrungen im Reichardt-Fall hatte ich mich entschlossen, die rosafarbene Ente nicht mehr für Observationen einzusetzen) wartete ich vor dem Kanal Ultra-Gebäude und behielt den sendeeigenen Parkplatz im Auge.
    Ich musste nur etwas über zwei Stunden schwitzen, dann kam Reimers heraus und stieg in ein rotes, ziemlich niedrig liegendes Geschoss japanischer Provenienz, bei dem man die vorderen Lampen versenken und wahrscheinlich auch mit dem Heck wackeln konnte.
    Reimers düste über eine innerstädtische Rennbahn, die auf den poetischen Namen Nord-Süd-Fahrt hörte, und ich düste, so gut das eben ging, hinterher.
    Irgendwann kamen wir nach Kalk und zu einem Brachgebiet, auf dem eine überdimensionale, fensterlose Schachtel stand, umgeben von einem drei Meter hohen Gitterzaun, dessen einzige Lücke von einem Torwächter und einer Schranke bewacht wurde. Reimers zeigte dem Torwächter einen Ausweis, und die symbolische Barriere klappte nach oben.
    Ich parkte auf der anderen Straßenseite und schlenderte zu dem Torhäuschen hinüber. Ein Schild besagte, dass ich im Begriff war, das Gelände des Fernsehstudios Kalk zu betreten. Der Torwächter studierte angeregt ein Boulevardblatt.
    »Was wird denn da drüben gedreht?«, fragte ich harmlos.
    »’ne Seifenoper«, knurrte er, ohne seine Augen von der grobkörnigen, barbusigen Schönheit zu heben. »Hier werden nur Seifenopern gemacht.«
    »Den Titel wissen Sie wohl nicht?«
    »Nee. Interessiert mich auch nicht. Sind doch sowieso alle gleich.«
    Eine richtige Plaudertasche. Ich suchte krampfhaft nach einer weiteren Frage, als vom Inneren des Geländes eine Luxuslimousine auf die Schranke zurollte. Ohne hinzugucken, drückte mein Gesprächspartner auf einen Knopf, und das rot-weiße Brett hüpfte nach oben.
    »He«, sagte ich. »War das nicht Dietmar Schönherr?«
    Er grunzte zustimmend.
    » Raumschiff Orion war damals meine Lieblingsserie. Schade, dass davon nur sieben Folgen gedreht wurden.«
    Endlich blickte er mich an. Auf seinem Gesicht war weder Zustimmung noch Ablehnung zu erkennen. Mehr eine grenzenlose, durch verlorene Illusionen oder genetisch bedingte Gleichgültigkeit. »Heute tun sie es nicht unter dreihundert Folgen.«
    »Vielleicht war es ganz gut, dass es nur sieben Folgen gab. Ich meine, bei dreihundert Orion-Folgen wäre es auch irgendwann langweilig geworden.«
    Er kratzte sich bedächtig am Hinterkopf. Und dann sagte er: »Was wollen Sie eigentlich?«
    Im Hotelzimmer-Brutkasten hängte ich meine Kreativ-Uniform in den Schrank und mich selbst ans Telefon. Vorher schaltete ich noch den Kassettenrekorder ein, der einen Klangteppich aus Schreibmaschinengeklimper, Telefonbimmeln und halblauten Gesprächen wob.
    »Reimers«, meldete sich eine Frauenstimme.
    »Faber«, brüllte ich im Stil eines dynamischen Verkäufers in die Muschel. »Vom Autohaus. Es geht um den Wagen Ihres Mannes.«
    »Der Matsubaro?«, fragte Frau Reimers.
    »Genau der. Ein Restbetrag der Rechnung ist noch offen. Schlappe sechstausend Mark. Das dürfte doch kein Problem sein, oder?«
    »Aber wieso? Mein Mann hat gesagt, der Wagen sei ein Geschenk.«
    »Ach ja? Einen Augenblick bitte!« Ich zerknüllte ein Blatt Papier vor dem Telefonhörer. »Möglicherweise hat sich in unsere Buchführung ein Fehler eingeschlichen. Nennen Sie mir doch bitte rasch den Namen des Rechnungsempfängers!«
    »Die Rhein-Film-GmbH. Sprechen Sie mit Frau Gottschlich, Gabi Gottschlich! Ich glaube, Sie erreichen Sie im Moment im Fernsehstudio Kalk .«
    »Ach ja«, bestätigte ich, »hier steht’s ja. Vielen Dank, Frau Reimers.«
    Mein nächster Anruf galt der Pressechefin der Rhein-Film-GmbH, die nicht in Kalk, sondern an der Hohen Straße residierte.
    »Senckenberg vom Ostdeutschen Rundfunk Brandenburg, es geht um ein paar Informationen«, stellte ich mich vor.
    »Nur zu, fragen Sie!«, ermunterte mich die gut gelaunte Pressechefin.
    »Ja, sehen Sie, ich bin erst seit letzten Monat in dieser Position als verantwortlicher Redakteur für Vorabendserien. Vorher war ich einige Jahre aus dem Geschäft, aber jetzt ist mit meiner Vergangenheit alles geklärt, Sie verstehen?«
    »Völlig klar«, sagte die Pressechefin.
    »Ich meine, ich kenne mich natürlich aus auf der Serienstrecke. Ich habe früher, zu DDR-Zeiten, ... Ist ja auch egal. Jedenfalls ...«, ich lachte verlegen, »... bin ich nicht up to date, was den Abschnitt der Produktionsfirmen
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