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Der Zauber ferner Tage

Der Zauber ferner Tage

Titel: Der Zauber ferner Tage
Autoren: Kate Lord Brown
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Valencia, Spanien, Juni 2000
    »Da sagte doch der Makler zu mir: ›Sind Sie sich wirklich sicher, Señora Temple? Dieses Haus ist nichts für Sie, glauben Sie mir. Auf ihm lastet ein Fluch …«
    »Ein Fluch?«, fragte Diana.
    »Oder es spukt darin.«
    »Libby, du bist wirklich die Einzige, die allen Ernstes ein solches Haus kaufen würde.«
    »Ich bin ja so gespannt darauf, was John davon hält. Danke, dass ich mir deinen Mann ausleihen darf, Di.«
    »Du hattest ihn zuerst, meine Liebe.« Ihre Stimme drang knisternd aus dem Telefon, ein schwaches Echo hallte über den Atlantik: Du hattest ihn zuerst.
    Liberty blickte auf, als eine weiße Taube über den Orangengarten von La Lonja , der alten valencianischen Seidenbörse, flog. Mit schwirrenden Flügeln erhob sie sich in den hellen, jeansblauen Himmel.
    Frauen, die mit außergewöhnlich erfolgreichen Männern verheiratet sind, sind selten glücklich , dachte Liberty und spielte mit dem goldenen Medaillon, das sie an einer Kette um den Hals trug. Di bildet da eine Ausnahme. Sie stellte sich das immerwährende Lächeln der Frau vor, die John vor dreißig Jahren geheiratet hatte. Vielleicht machte sie sich gerade in ihrer makellosen Küche zu schaffen, die einen Panoramablick über die Bucht und auf Vancouver Island bot, das Telefon zwischen Ohr und Schulter geklemmt, während sie über die glänzenden Granitoberflächen wischte und es aus dem Ofen nach Apfelkuchen und Zimt duftete.
    »Ich brauche nur seinen Rat wegen Emma. Ich dachte, es ist einfacher, wenn man sich trifft.«
    »Na klar. Du weißt doch, er macht das gerne für dich. Emma ist schließlich seine Erstgeborene.«
    Die Bemerkung klang so scharf, dass Liberty unwillkürlich zusammenzuckte, als hätte sie auf ein Stückchen Alufolie gebissen, das noch an einem Schokoladenriegel klebte.
    »Di? Ich hoffe, es gibt keinen Ärger im Paradies?« Dianas Zögern verunsicherte sie. Während all der Jahre war die Vorstellung, dass John ein zufriedenes Leben führte, das sie ihm nie hätte schenken können, immer ein gewisser Trost für sie gewesen. Wenigstens einer von ihnen hatte die Kunst des häuslichen Glücks perfektioniert – auch wenn es nicht miteinander war.
    »Was ist denn los?« Sie hörte Diana langsam und lange ausatmen.
    »Hat er es dir nicht erzählt?«
    Liberty sah der Taube dabei zu, wie sie ihre Kreise zog und sich dann auf der warmen Kalksteinwand von La Lonja niederließ. Eingerahmt von einem der gotischen Fenster blickte sie auf Liberty herab.
    »Mir was nicht erzählt?«
    »Wahrscheinlich wollte er dich nicht beunruhigen …«
    Liberty schloss die Augen, das eben noch grelle Licht nun in warme Rot- und Goldtöne getaucht. Langsam wurde sie ungeduldig. Sie fuhr sich durch die kurzen Haare.
    »Herrgott, Di, nun sag schon.«
    »Der Klassiker eben: Die Kinder sind aus dem Haus, und wir geistern zu zweit in diesem Museum der Moderne herum.«
    Liberty stellte sich das auf einem Hügel gelegene Haus mit Blick auf die Bucht vor. Es war Johns Meisterwerk, sein Fallingwater , seine Villa Savoye , sein architektonisches Statement, das die Basis für sein weiteres Schaffen bildete – und nun, wie es schien, das ultimative leere Nest.
    »Diana?«
    »Entschuldige, entschuldige.« Liberty hörte ihren Atem am anderen Ende des Telefons. Sie runzelte die Stirn. So musste es wohl sein, wenn man herausfand, dass sich die Eltern streiten. Nicht, dass ich Eltern gehabt hätte, woher soll ich das also wissen?
    »Das tut mir wirklich sehr leid, Di.« In diesem Moment sah Liberty ihn aus dem Schatten der alten Halle treten. Sie hatte sich absichtlich eine Steinbank ausgesucht, die ein wenig abseits unter den glänzenden grünen Orangenbäumen in der Nähe des Brunnens stand, damit sie ihn einen Augenblick betrachten konnte.
    »Er soll es dir selbst erzählen.«
    »Er ist jetzt da, hörst du? Ich muss Schluss machen. Grüß mir die Kinder!« Liberty winkte John. Auch er hob den Arm, wobei der Ärmel seines schicken Tweedsakkos nach hinten rutschte. Silberne Manschettenknöpfe und das schwere metallene Uhrenarmband glitzerten in der Sonne. Während er auf sie zuging, nahm er seine Ray-Ban-Sonnenbrille ab und steckte sie sich ins Haar. Wenn sie ihn umarmte, würde er beruhigend nach Sandelholz und Pfefferminzkaugummi riechen, das wusste sie. Sie klappte ihr Mobiltelefon zu und ließ es in ihre weiche Bottega-Veneta-Ledertasche fallen.
    »John«, sagte sie, legte den Kopf schief und lächelte.
    »Verdammt, Libby.« Er
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