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Wilder als der Hass, süsser als die Liebe

Titel: Wilder als der Hass, süsser als die Liebe
Autoren: Mary Jo Putney
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Initiative ergreifen mußte, wenn sich irgend etwas Sinnvolles aus dem Wrack der vergangenen Jahre ergeben sollte. Da Juliet glaubte, ihre Sünden seien viel zu Schwer, um wieder echtes Glück zu verdienen, mußte er nun eine Möglichkeit finden, die Distanz zwischen ihnen zu überbrücken.
    Er holte tief Atem, dann kam er zu ihr herüber und setzte sich neben sie. »Du hast mir das Schlimmste erzählt, Juliet. Du hattest recht, daß die Wahrheit schmerzt, nicht aber, daß ich dich hassen würde. Ich liebe dich immer noch, und ich will immer noch den Rest meines Lebens mit dir verbringen.«
    Sie hob den Kopf und zeigte ihm ihr tränenüberströmtes Gesicht. »Ross, ich habe dich in jedem Punkt, der Mann und Frau verbindet, verraten. Wie kannst du ernsthaft wieder mit mir leben wollen?«
    »Das Unverzeihlichste, was du getan hast, war, mich zu verlassen. Und das können wir wieder richten.« Er löste ihre Finger von ihrem Knie und nahm ihre Hand zwischen seine. »Es ist nicht meine Vergebung, die du brauchst, Juliet. Du mußt dir selbst verzeihen.«
    Ihr Mund verzog sich. »Du hast gesagt, ich wäre wie Lady Hester Stanhope, und du hast recht, denn auch ich habe die Menschen verletzt, die am meisten meine Liebe und meine Treue verdienten. Dich, meine Familie . . . und unser Kind.«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, ich hatte nicht recht. In dem, was am meisten zählt, bist du ganz und gar nicht wie sie. Du besitzt ihren Mut, aber wo sie arrogant war, bist du fähig zu lieben. Du urteilst dich selbst viel zu grausam ab, denn deine Fehler waren Irrtümer der Jugend und der Verwirrung. Sie sind nicht aus Gemeinheit oder Eitelkeit entsprungen.«
    Ihre Miene verriet, daß sie nicht überzeugt war, also sagte er in einem lockeren Tonfall: »Meine redselige Mutter tat immer ihr Bestes, mich über Frauen aufzuklären, denn sie meinte, Frauen und Männer sollten einander so gut wie möglich verstehen.
    Einmal erklärte sie mir, daß die ersten Monate der Schwangerschaft wilde, unvorhersehbare  Stimmungsschwankungen erzeugen können -und bestimmt hat das auch etwas damit zu tun, daß du damals so unsinnig in Panik geraten bist.«
    Er begann, ihre Hand zwischen seinen zu reiben, um die eisige Kälte aus ihren Fingern zu bekommen. »Vielleicht hättest du in jedem Fall eine Fehlgeburt gehabt. . . viele Schwangerschaften enden in den ersten zwei oder drei Monaten. Und wenn irgend etwas nicht in Ordnung war, hat das möglicherweise deinen Seelenzustand auch beeinflußt. Das ist der Frau von einem Freund passiert. Sie ist auch davongelaufen, aber ohne deinen Hang zum Abenteuer hat sie es bloß bis zum Haus ihrer Mutter geschafft. Dort hat sie dann ihr Baby verloren. Später hat sie ohne Probleme zwei Kinder bekommen.«
    Ein langes Schweigen legte sich über sie, bis Juliet wieder sprach. »Wenn es auch bei mir der Fall war, dann würde es vieles erklären, aber nichts kann mich wirklich von meiner Verantwortung lossprechen. Ich habe jede Variation von Fehlentscheidungen gezeigt.«
    »Wenn man sich nicht mit achtzehn falsch entscheiden darf, wann dann?« Er öffnete ihre Hand und zeichnete die Linien in ihrer Innenfläche nach. »Es richtig zu machen, ist ja wunderschön, aber es sind die Fehler, durch die wir erwachsen werden. Sicher, du hast welche begangen, aber  du hast dich bereits selbst hart dafür bestraft. Findest du nicht, du hast jetzt genug gelitten?«
    »Aber du hast dadurch genauso leiden müssen«, erwiderte Juliet voller Kummer. »Wie kann ich das je gutmachen?«
    Er lächelte ein wenig. »Das ist leicht: Sei meine Frau, anstatt mich den Rest meines Lebens zu Einsamkeit zu verdammen.«
    Juliet strömte bei diesem Gedanken das Herz über. Trotzdem wandte sie mit einem Hauch von Verzweiflung ein: »Ich verstehe aber einfach nicht, wie du mich noch wollen kannst.«
    Einen Moment fragte er sich verdutzt, was er bloß noch tun konnte, denn er war der Meinung, er hatte eben klar und deutlich ausgedrückt, daß er sie liebte und wollte. Dann dachte er an die Geschichtenerzähler, denen er im Orient immer wieder gelauscht hatte, und die wußten, wie man die Macht der Worte verstärken konnte. Es war einen Versuch wert. »Laß mich dir ein Märchen erzählen.«
    Sie sah ihn verwirrt an, doch nach einem kurzen Widerstand ließ sie sich zu ihm auf die weichen Kissen sinken. Leise begann er: »Vor langer, sehr langer Zeit lebte in einem fernen, grünen Land ein junger Mann, der Ross genannt wurde. Obwohl er verläßlich,
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