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Wilder als der Hass, süsser als die Liebe

Titel: Wilder als der Hass, süsser als die Liebe
Autoren: Mary Jo Putney
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hängte die Lampe an einen Haken, gingen an sein Bett und blickte auf ihn herab. Selbst im Schlaf wirkte sein Gesicht noch erschöpft.
    Als sie seine Schulter berührte, öffneten sich seine Augen sofort, doch ansonsten bewegte er sich nicht. Nachdem er sie lange schweigend betrachtet hatte, sagte er: »Ich hoffe ernsthaft, das ist kein fehlgeleiteter Versuch, mich zu vorübergehender Befriedigung zu verführen.«
    Ihr Mann würde es ihr nicht einfach machen. »Keine Sorge. Ich bin hier, weil ich entschieden habe, daß du recht hast. Ich schulde dir wirklich die Wahrheit, wie quälend sie auch sein mag.« Ihre Stimme schwankte ein wenig. »Aber sag nachher nicht, ich hätte dich nicht gewarnt.«
    »Also, was geschieht jetzt?« Er setzte sich im Bett auf, und das zerknitterte Laken rutschte auf seine Hüften. Das honigfarbene Licht umriß seine Gestalt mit atemberaubender Klarheit: Die breiten Schultern, die harten Muskeln, das goldene Haar . . . und der schmale Verband über der Kopfwunde. Das und die häßlichen schwarzblauen Flecken, die er sich bei dem Sturz vom Felsen zugezogen hatte, waren die einzigen Merkmale, die verhinderten, ihn perfekt erscheinen zu lassen.
    Sie riß ihren Blick los. »Das hängt von dir ab«, meinte sie und begann, unruhig auf und ab zu gehen, wobei sie sich im dunkleren Teil des Zimmers hielt. »Ich beichte es besser schnell, bevor ich den Mut verliere.«
    »Fang an!« Seine Stimme klang sehr ruhig und tief,  als fürchtete, sie könnte bei einem harten Wort die Flucht  ergreifen.
    Noch einmal holte sie tief Luft. »Was ich dir gesagt habe, daß  ich Angst hatte, mich selbst zu verlieren, wenn ich in England bliebe, stimmte. Manchmal fürchtete ich, ich würde von dir eingehüllt werden, würde ganz verschwinden . . . nicht durch irgend etwas, das du getan haben könntest, sondern wegen meiner eigenen Schwäche. In meiner Kindheit habe ich permanent gegen meinen Vater kämpfen müssen, um ich sein zu dürfen. Ich schaffte es, aber nichts bereitete mich darauf vor, mit dir verheiratet zu sein . . . darauf, daß ich soviel Liebe empfinden würde, daß ich dir, wenn du mich darum gebeten hättest, augenblicklich meine Seele überreicht hätte. Dennoch denke ich, daß ich mit der Zeit stark genug hätte werden können, um sowohl ich selbst als auch deine Frau zu sein.
    Doch dann geschah etwas, was meine Furcht so überwältigend machte, daß ich glaubte, ich müßte davonrennen. Ich entdeckte . . .«
    Sie blieb stehen und schluckte hart, kaum in der Lage auszusprechen, was sie noch niemals gesagt hatte.
    »Ich . . . ich entdeckte, daß ich schwanger war.«
    Sie riskierte einen vorsichtigen Blick auf Ross und erkannte, daß er sie mit steinernem Gesicht anstarrte, als wäre sie eine Fremde.
    Hastig fuhr sie fort: »Ich fühlte mich aber noch nicht alt genug, um Mutter zu sein. Ich hatte dich geheiratet, um deine Frau und deine Geliebte zu sein. Das Wissen, daß ich nun bald Mutter sein würde, entsetzte mich. Viel später begriff ich erst, daß ein Teil meiner Angst in der Furcht begründet lag, ich könnte so wie meine Mutter werden. Ich glaube, daß sie einmal sehr viel sprühenden Elan gehabt hat, aber vier Kinder großzuziehen und absolut von meinem Vater abhängig zu sein, hat sie vernichtet.
    Ihr Leben drehte sich nur noch darum, einen anstrengenden Tyrannen zu besänftigen. Ich schwor mir, ich würde niemals werden wie sie.«
    »Glaubtest du denn, ich wäre wie dein Vater?« fragte Ross mit gefährlicher Beherrschung.
    Sie machte eine scharfe Geste der Verneinung. »Nein, natürlich  nicht. Aber du hättest dich in die andere Richtung bewegt. Du wärst zu bedächtig geworden, zu beschützend. Sobald du erfahren hättest, daß ich schwanger war, hättest du mich in Baumwolle gepackt. Niemals hättest du mich auf die abenteuerliche Reise in den Mittleren Osten mitgenommen, die wir geplant hatten -oder?«
    »Ich weiß nicht. Sicherlich wäre ich um dein Wohlergehen besorgt gewesen.« Die Hand, die auf seinem Knie lag, ballte sich zur Faust. »Du hast recht. Ich hätte nicht zugelassen, daß du unnötige Risiken eingehst.«
    Sie empfand eine entfernte Befriedigung, daß er bestätigte, was sie vermutet hatte. Doch schnell fügte sie hinzu: »Aber das war nur ein Teil des Problems . . . das meiste meiner Angst war absolut irrational.«
    Juliet nahm ihre Wanderung wieder auf, während sie nach Worten suchte, die das Unerklärbare erklären konnten. »Ich hatte das Gefühl, es ... es
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