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PR 2626 – Suche im Sektor Null

PR 2626 – Suche im Sektor Null

Titel: PR 2626 – Suche im Sektor Null
Autoren: Michael Marcus Thurner
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1.
    Ronald Tekener,
    13. Oktober 1469 NGZ
     
    Ich muss ihnen etwas begreiflich machen. Ich muss ihnen zeigen, worum es wirklich geht.
    Also befehle ich, sich im Ringwulst-Hangar 1 einzufinden. Fünfzig Wesen aus allen Teilen der JULES VERNE machen sich auf den Weg. Es dauert viel zu lange, bis der letzte meiner Gesprächspartner den Weg zum Versammlungsort findet.
    Immerhin: Allesamt haben sie ihre Raumanzüge bei sich. Harman Ligwilan Braunell, Leiter der Abteilung Positroniken JV-1, nestelt nervös am Verschluss. Iris Shettle hilft ihm und redet beruhigend auf ihn ein. Der Hasproner ist unruhig, wie so oft. Er ist ein Mann des Wissens, eine Koryphäe auf seinem Gebiet. Doch sobald er sich aus dem gewohnten Arbeits- und Lebensumfeld entfernen muss, entpuppt sich der Geistesriese als verklemmter, kleiner Mann.
    »Was soll das alles?«, fragt die Frau. »Ich habe wichtigere Dinge zu tun, als die kahlen Wände eines Hangars anzustarren. Das hätten wir in jedem beliebigen Konferenzraum haben können.«
    »Nur die Ruhe«, sage ich und lächle. »Du wolltest mich ohnehin sprechen.«
    »Nicht hier. Nicht in aller Öffentlichkeit. Ich habe dich um ein Gespräch unter vier Augen gebeten.«
    »Dann wirst du dich wohl noch ein wenig gedulden müssen.«
    Ist sie beeindruckt von meinem Lächeln? Weiß sie, wofür ich stehe, wer und was ich wirklich bin?
    Vermutlich. Wir haben bereits einige Unterhaltungen geführt – und sind bei einem ganz bestimmten Thema kräftig aneinandergeraten. Ich denke nur ungern an unsere Auseinandersetzungen zurück. Denn ich weiß, dass sie recht hat. Ich drücke mich vor einer Entscheidung. Weil ich Angst habe.
    Sichu Dorksteiger mustert mich kühl. Ihr silbernes Haar ist wie immer zu einem Zopf zusammengefasst. Sie öffnet den Mund, will noch etwas sagen, schweigt dann aber. Die Ator belässt es dabei, mir einen letzten Blick von oben herab zuzuwerfen und sich dann mit einer Bewegung, die Grazie und Arroganz gleichermaßen ausdrückt, von mir abzuwenden.
    Von oben herab ... Kein Wunder, verdammt! Sie ist sogar eine Handbreit größer als ich und kratzt damit an der Zweimetermarke.
    Ich besinne mich meiner Aufgaben. Die Nervosität einiger Leute steckt die anderen an. Also hebe ich den Arm und räuspere mich. Augenblicklich gilt mir die Aufmerksamkeit aller Anwesenden.
    »Wir gehen hinaus!«, sage ich.
    »Wie bitte?!«, fragt Braunell irritiert.
    Ja, ist er denn so dumm oder tut er bloß so? Was hat der Hasproner erwartet? Dass ich meine wichtigsten Mitarbeiter und Berater in ihren Raumanzügen an diesen Ort zitieren würde, um Gesellschaftsspielchen zu veranstalten?
    »Hebt euch die Fragen und Beschwerden für später auf.« Ich hoffe, dass keine kommen werden. Was ich ihnen zeigen möchte, sollte für sich sprechen.
    Ich bemühe mich, aus dem Klangteppich, der mich umgibt, die irritierten, gehässigen und verärgerten Untertöne auszufiltern. Ich muss wissen, wem meine ganz besondere Überzeugungskraft gelten muss.
    Viele meiner Begleiter ahnen, was ich vorhabe. Und verstehen dennoch nicht, was der Zweck dieses kleinen Raumspaziergangs ist.
    Blo Rakane und der Strukturpilot, Kempo Doll'Arym, bleiben still. Sie kennen den mitunter gewaltigen Unterschied zwischen Theorie und Praxis. Zwischen dem, was man weiß, und dem, was man mit eigenen Augen zu sehen bekommt.
    »Ausstieg in einer halben Minute.«
    Verschlusssysteme klacken ineinander, die Raumanzüge unterziehen sich einer letzten Selbstüberprüfung. Ringsum ertönt das sattsam bekannte Geräusch der sich aufblähenden Schutzhelme. Dieses Zischen, das ich schon in- und auswendig kenne.
    Wir treten vor zur kleinen Hangarschleuse. Blo Rakane duckt sich unter der Torfassung durch. Er muss sich fast immer und überall an Bord der JULES VERNE ducken. Dabei gilt er als besonders kleinwüchsiger Haluter ...
    Das äußere Schleusentor öffnet sich, hinter uns verhindert ein Schirm das Entweichen wertvoller Atemluft. Wir werden nach draußen gerissen; Traktor- und Prallfelder sorgen dafür, dass wir nah beieinanderbleiben.
    Jemand atmet rasch. Zu rasch. Ich habe die Gesundheitswerte aller meiner Begleiter auf einem winzigen, auf die Innenseite meines Helms gespiegelten Display. Mit mehrmaligem Zwinkern des linken Auges vergrößere ich die Darstellung jenes Personenschemas, das leicht beunruhigende Daten vermittelt: Es handelt sich um den Hasproner. Natürlich. Doch nur wenige Sekunden später messe ich eine Stabilisierung seines Metabolismus an. Die
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