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Wie ein stummer Schrei

Wie ein stummer Schrei

Titel: Wie ein stummer Schrei
Autoren: Dinah McCall
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sich zu ihr und legte wortlos einen Arm um sie.
    Marcus ließ den Kopf sinken und starrte auf den Fußboden.
    Doch es war Anna, die ihr Spiegelbild betrachtete, die mit dieser unerträglichen Erkenntnis würde leben müssen.
    “Sie lügen.”
    “Ich wünschte, es wäre so”, gab Trey leise zurück.
    Anna stöhnte auf, dann begann sie zu schreien und riss sich an den Haaren, während sie zu Boden sank. Trey betrachtete, wie sie sich krümmte und weiterschrie, dann gab er Marcus ein Zeichen, und zusammen verließen sie das Verhörzimmer.
    Olivia wartete draußen auf sie. Tränen liefen ihr übers Gesicht, und ihre Augen hatten einen verzweifelten Ausdruck angenommen.
    “Sag bitte, dass es jetzt endlich vorüber ist.”
    “Fast”, entgegnete Trey, dann gingen sie zusammen fort.
    Die Morgenröte versprach einen wunderbaren Tag.
    Ein Monat war vergangen, seit die Wahrheit ans Licht gekommen war. Olivia betrachtete diesen Tag wie einen zweiten Geburtstag. Ihre Identität war nicht länger ein Rätsel, und ihr Glaube an sich selbst war gestärkt worden.
    Grampy hatte sich damit abgefunden, dass sie nicht bei Trey ausziehen wollte, obwohl der Brandschaden am Anwesen der Sealys längst so gut wie behoben war. Er und Rose waren bereits wieder eingezogen, auch wenn am Dach noch gearbeitet wurde.
    Laree/Anna war nicht fähig gewesen, mit dem Wissen zu leben, was sie Schreckliches getan hatte. Ihr Leben endete in vollkommener Einsamkeit. Nicht einmal einen Monat nach ihrer Rückkehr in die Psychiatrie wurde sie eines Morgens erhängt vorgefunden. Sie hatte den feigen Weg des Selbstmords gewählt, und niemand kam zu ihrer Beerdigung, um sich von ihr zu verabschieden.
    Trey hatte in der gesamten Zeit treu zu Olivia gehalten und ihr den Rückhalt gegeben, ohne den sie es wohl nicht geschafft hätte. Bis zu ihrer Hochzeit waren es nur noch ein paar Monate, doch zuvor wollte er noch ein anderes Versprechen einlösen, das er dem toten Baby gegeben hatte.
    “Livvie, Honey, bist du fertig?” fragte Trey und sah ins Badezimmer.
    “Fast”, antwortete sie. “Meine Arme sind bloß nicht lang genug, damit ich mein Kleid zumachen kann.”
    “Dafür bin ich doch da”, sagte er, nahm ihre Haare zur Seite und schloss ihr Kleid. “Schon fertig.” Als sie sich umdrehte, fügte er an: “Und so schön.”
    “Danke, Darling”, entgegnete Olivia und legte eine Hand auf sein Jackett. “Ich werde das jetzt nur einmal sagen, aber glaub nicht, ich würde es jemals vergessen.”
    “Was denn?”
    “Wenn du jedes Versprechen so hältst wie das, das du Sophie gegeben hast, dann kann ich mich wirklich glücklich schätzen.”
    Ihm kamen die Tränen bei diesem unerwarteten Kompliment.
    “Irgendjemanden muss es schließlich kümmern”, sagte er leise.
    “Gut für Sophie, dass du dieser Jemand warst. Und jetzt lass uns zu ihrer Beerdigung gehen. Das hat sie verdient.”

EPILOG
    Ü ber die Jahre hinweg machten sie sich regelmäßig auf den Weg zu dem Familiengrab auf dem kleinen Friedhof am Rand von Dallas. Das Baby lag dort beerdigt, genauso wie Marcus Sealys Ehefrau und Eltern, sein Sohn und seine Schwiegertochter, ein Bruder und eine Schwester. Schließlich war auch Marcus selbst dort beigesetzt worden.
    Jedes Mal kniete Trey am Grabstein des Babys nieder und zupfte an den Grashalmen, die der Gärtner übersehen hatte, während Olivia einen Strauß Rosen auf das Grab legte.
    Dann standen sie Arm in Arm da und lasen stumm die Inschrift des Grabsteins. Es war das Einzige, was sie tun konnten, um der Welt zu zeigen, dass ein kleines Mädchen mit dunklen Locken und Stupsnase für kurze Zeit gelebt hatte.
    Olivia hatte sich an die Trauer gewöhnt, die sie empfand, wenn sie an ihre Halbschwester dachte, an die sie sich nicht erinnern konnte. Indem sie regelmäßig ihr Grab besuchte, sorgte sie dafür, dass sie sie nie vergaß.
    Auch an diesem Tag vollzogen sie das stets gleiche Ritual und betrachteten den Grabstein, auf dem über dem Geburts- und dem Sterbejahr eingraviert stand:
    Sophie Sealy
    Nun ruht sie bei den Engeln
    “Ruhe in Frieden, kleines Mädchen”, sagte Trey leise und legte einen Arm um Olivias Schultern, dann zog er sie an sich. Wieder war ein Jahr vorüber. Die Zeit verging viel zu schnell.
    Sie fassten sich an den Händen, als sie zurück zum Wagen gingen. Irgendein Geräusch ließ Trey innehalten und aufhorchen.
    “Was ist?” fragte Olivia, da er stehen geblieben war.
    Er lauschte, dann zuckte er mit den Schultern. “Ich
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