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Wie ein stummer Schrei

Wie ein stummer Schrei

Titel: Wie ein stummer Schrei
Autoren: Dinah McCall
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wie es Ihnen geht, aber ich will die Wahrheit erfahren. Werden Sie also schweigen?”
    Nach langem Zögern willigte Marcus mit einem knappen “Ja” ein.
    “Ich nehme Sie beim Wort”, sagte Trey.
    Terrence stand auf und ging zu Marcus. Zum ersten Mal seit jenem Abend, an dem er von Marcus zusammengeschlagen worden war, berührte er ihn. “Marcus, wir sind alle für dich da. Teil diesen Schmerz mit uns.”
    Als er Terrence’ Hand an seinem Rücken spürte, zuckte er zwar zusammen, wich aber nicht vor ihm zurück. Carolyn nahm Marcus’ Hand, dann gingen sie gemeinsam nach nebenan ins Wohnzimmer und nahmen schweigend Platz.
    Ella sah auf, als sie hereinkamen, und wollte gerade etwas sagen, da sah sie, wie Trey ihr bedeutete, den Mund zu halten. Ein wenig beunruhigt blieb sie in ihrem Sessel neben Anna sitzen, die ihr “Baby” wiegte.
    Hinter Trey kam Olivia ins Zimmer. Sie fürchtete sich davor, Anna anzusehen, doch als sie sich ihr näherte, konnte sie ihren Blick nicht abwenden. Das war die Frau, die ihre Eltern ermordet hatte? Es schien so unmöglich, doch sie musste nur Sherees schockierte Miene sehen, um zu wissen, dass sie nicht gelogen hatte.
    Nachdem alle saßen, zog Trey einen Hocker heran und setzte sich neben Annas Schaukelstuhl hin. Das Schweigen, das nur für Sekunden anhielt, erschien ihm wie eine Ewigkeit, und schließlich beugte er sich vor.
    “Anna?”
    Sie sah auf, erkannte das Gesicht des Mannes wieder und lächelte. “Sie lieben Olivia”, sagte sie.
    Olivia biss sich auf die Lippe, um nicht laut zu schluchzen.
    “Ja, das stimmt. Ich liebe sie sogar sehr.”
    “Liebe ist etwas Gutes”, erklärte Anna und drückte die Puppe fester an sich.
    “Wer liebt Sie, Anna?”
    Sie runzelte die Stirn. “Na … Olivia liebt mich. Sie hat mich schon immer geliebt.” Dann beugte sie sich vor und fügte im Flüsterton an: “Schon immer. Seit dem Tag, an dem sie geboren wurde.”
    Olivia hielt sich die Hände vors Gesicht. Sie konnte nicht länger dieser Frau ins Gesicht sehen, die womöglich ihre Mutter war – ihre Mutter, die Michael und Kay und deren Tochter getötet hatte.
    Am liebsten wäre sie aufgestanden und aus dem Zimmer gegangen, jedoch war sie sich nicht sicher, ob ihre Beine ihr nicht den Dienst versagen würden.
    “Welches ist denn Ihr Baby, Anna?”
    Wieder legte sie die Stirn in Falten, betrachtete zunächst die Puppe und dann Olivia. Sie schüttelte den Kopf. “Nicht fair, nicht fair.”
    Treys Mitgefühl für Olivia wurde schier unerträglich, doch er durfte jetzt nicht aufhören. “Was ist nicht fair?”
    Anna schürzte die Lippen, und auf einmal schob sie die Puppe ein Stück weit von sich fort. “Er will mich nicht, er will das Baby nicht. Nicht fair, nicht fair!”
    “Wer will Sie nicht, Anna? Wer will Ihr Baby nicht?”
    Anna ballte die Fäuste, gab aber keine Antwort.
    Trey sah kurz zu Sheree. Er wusste, er ging das Risiko ein, von Anna gar nichts mehr zu erfahren, doch einen anderen Weg sah er nicht.
    “Laree”, sagte er leise.
    Anna zuckte zusammen, als hätte man sie geschlagen. Tränen stiegen ihr in die Augen, während sie verneinend den Kopf schüttelte. “Sie ist tot.”
    “Wer ist tot?”
    “Laree. Niemand wollte sie … oder ihr Baby.” Dann begann sie amüsiert zu lachen. “Aber Anna wollten sie haben. Anna war etwas ganz Besonderes. Sie bekam ihr Baby und durfte dort leben, wo sie hingehörte.”
    “Lieber Gott”, murmelte Marcus, was ihm einen warnenden Blick von Trey einbrachte. Terrence legte Marcus einen Arm um die Schultern, während Carolyn seine Hand hielt.
    “Wer wollte Laree nicht?” hakte Trey nach.
    “Michael. Michael hatte gelogen. Aber man soll nicht lügen.”
    Das Heulen von Polizeisirenen unterbrach das unbehagliche Schweigen, das sich im Wohnzimmer ausgebreitet hatte. Trey sah zu Ella, die als Einzige keinen persönlichen Bezug zu den Enthüllungen hatte.
    “Könnten Sie das Empfangskomitee spielen?” fragte er sie.
    “Auf jeden Fall”, erwiderte sie. “Ich warte draußen auf Ihre Kollegen und bringe sie dann ins Haus.”
    “Danke.”
    Anna sah nachdenklich auf die Puppe, die sie fortgestoßen hatte. “Zu viele Babys. Michael wollte Laree nur einmal, und dann hatte sie das dämliche Baby.”
    “Wenn Laree ihr eigenes Baby nicht wollte, warum hat sie dann das andere Baby an sich genommen?”
    “Welches andere Baby?” fragte Anna.
    “Das Baby in Michaels Haus.”
    “Das war mein Baby. Mein Baby hatte es verdient, etwas
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