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Gedichte (Ausgabe 1898)

Gedichte (Ausgabe 1898)

Titel: Gedichte (Ausgabe 1898)
Autoren: Theodor Fontane
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Lieder und Sprüche
    Ein
Lied oder höchstens ein paar
    Widmet' ich dir, als jung ich war.
    Ihr Inhalt waren ich und du,
    Vom Fenster her sandtest du Grüße mir zu.

    Heute, mit Inhalt aus allen Zonen,
    Komm' ich in Fähnlein, in ganzen Schwadronen,
    Aus wenigen wurden viele Lieder,
    Aber, wie damals, grüße wieder.

     
Guter Rat
     
    An einem Sommermorgen
    Da nimm den Wanderstab,
    Es fallen deine Sorgen
    Wie Nebel von dir ab.
     
    Des Himmels heitere Bläue
    Lacht dir ins Herz hinein,
    Und schließt, wie Gottes Treue,
    Mit seinem Dach dich ein.
     
    Rings Blüten nur und Triebe
    Und Halme von Segen schwer,
    Dir ist, als zöge die Liebe
    Des Weges nebenher.
     
    So heimisch alles klinget
    Als wie im Vaterhaus,
    Und über die Lerchen schwinget
    Die Seele sich hinaus.
     
     
Glück
    Sonntagsruhe, Dorfesstille,
    Kind und Knecht und Magd sind aus,
    Unterm Herde nur die Grille
    Musizieret durch das Haus.
     
    Tür und Fenster blieben offen,
    Denn es schweigen Luft und Wind,
    In uns schweigen Wunsch und Hoffen,
    Weil wir ganz im Glücke sind.
     
    Felder rings – ein Gottessegen
    Hügel auf- und niederwärts,
    Und auf stillen Gnadenwegen
    Stieg auch uns er in das Herz.
     
     
Memento
    Geliebte, willst du doppelt leben,
    So sei des Todes gern gedenk
    Und nimm, was dir die Götter geben,
    Tagtäglich hin wie ein Geschenk.
     
    Mach dich vertraut mit dem Gedanken,
    Daß doch das Letzte kommen muß,
    Und statt in Trübsinn hinzukranken,
    Wird dir das Dasein zum Genuß.
     
    Du magst nicht länger mehr vergeuden
    Die Spanne Zeit in eitlem Haß,
    Du freust dich reiner deiner Freuden
    Und sorgst nicht mehr um dies und das.
     
    Du setzest an die rechte Stelle
    Das Hohe, Göttliche der Zeit,
    Und jede Stunde wird dir Quelle
    Gesteigert neuer Dankbarkeit.
     
     
Im Garten
    Die hohen Himbeerwände
    Trennten dich und mich,
    Doch im Laubwerk unsre Hände
    Fanden von selber sich.
     
    Die Hecke konnt' es nicht wehren,
    Wie hoch sie immer stund:
    Ich reichte dir die Beeren,
    Und du reichtest mir deinen Mund.
     
    Ach, schrittest du durch den Garten
    Noch einmal im raschen Gang,
    Wie gerne wollt' ich warten,
    Warten stundenlang.
     
     
»O trübe diese Tage nicht«
    O trübe diese Tage nicht,
    Sie sind der letzte Sonnenschein,
    Wie lange, und es lischt das Licht,
    Und unser Winter bricht herein.
     
    Dies ist die Zeit, wo jeder Tag
    Viel Tage gilt in seinem Wert,
    Weil man's nicht mehr erhoffen mag,
    Daß
so
die Stunde wiederkehrt.
     
    Die Flut des Lebens ist dahin,
    Es ebbt in seinem Stolz und Reiz,
    Und sieh, es schleicht in unsern Sinn
    Ein banger, nie gekannter Geiz;
     
    Ein süßer Geiz, der Stunden zählt
    Und jede prüft auf ihren Glanz,
    O sorge, daß uns keine fehlt,
    Und gönn uns jede Stunde
ganz.
     
     
Herbstmorgen
    Die Wolken ziehn, wie Trauergäste,
    Den Mond still – abwärts zu geleiten;
    Der Wind durchfegt die starren Äste,
    Und sucht ein Blatt aus beßren Zeiten.
     
    Schon flattern in der Luft die Raben,
    Des Winters unheilvolle Boten;
    Bald wird er tief in Schnee begraben
    Die Erde, seinen großen Toten.
     
    Ein Bach läuft hastig mir zur Seite,
    Es bangt ihn vor des Eises Ketten;
    Drum stürzt er fort und sucht das Weite,
    Als könnt' ihm Flucht das Leben retten.
     
    Da mocht' ich länger nicht inmitten
    So todesnaher Öde weilen;
    Es trieb mich fort, mit hast'gen Schritten
    Dem flücht'gen Bache nachzueilen.
     
     
Der Kranich
    Rauh ging der Wind, der Regen troff,
    Schon war ich naß und kalt;
    Ich macht' auf einem Bauerhof
    Im Schutz des Zaunes halt.
     
    Mit abgestutzten Flügeln schritt
    Ein Kranich drin umher,
    Nur seine Sehnsucht trug ihn mit
    Den Brüdern übers Meer;
     
    Mit seinen Brüdern, deren Zug
    Jetzt hoch in Lüften stockt,
    Und deren Schrei auch ihn zum Flug
    In fernen Süden lockt.
     
    Und sieh, er hat sich aufgerafft,
    Es gilt erneutes Glück;
    Umsonst, der Schwinge fehlt die Kraft,
    Und ach, er sinkt zurück.
     
    Und Huhn und Hahn und Hühnchen auch
    Umgackern ihn voll Freud'; –
    Das ist so alter Hühner – Brauch
    Bei eines Kranichs Leid.
Bekenntnis
     
    Ich bin ein unglückselig Rohr:
    Gefühle und Gedanken
    Seh' rechts und links, zurück und vor,
    In jedem Wind, ich schwanken.
     
    Da liegt nichts zwischen Sein und Tod,
    Was ich nicht schon erflehte:
    Heut bitt' ich um des Glaubens Brot,
    Daß morgen ich's zertrete;
     
    Bald ist's im Herzen kirchenstill,
    Bald schäumt's wie Saft der Reben,
    Ich weiß nicht, was ich soll und will; –
    Es ist ein kläglich
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