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Wie ein stummer Schrei

Wie ein stummer Schrei

Titel: Wie ein stummer Schrei
Autoren: Dinah McCall
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Marshall! Ich möchte zu gern wissen, was da drin ist. Mach ihn auf, schnell!”
    “Es geht nicht”, antwortete er nach dem ersten erfolglosen Versuch. “Die Schlösser sind eingerostet.”
    “Dann brech ihn auf”, forderte sie ihn auf und reichte ihm ein Stemmeisen.
    Er grinste, als er hörte, dass Pansy mit einem Mal wie ausgewechselt war. Er nahm das Stemmeisen und schob es in den Spalt neben einem Schloss, das nach einer raschen Drehung nachgab.
    Pansy begann begeistert zu kichern. “Er könnte voller Geld sein, ist dir das klar?”
    “Wir werden es gleich wissen.” Er widmete sich dem zweiten Schloss, das genauso schnell aufsprang.
    Sekundenlang sah er Pansy an, um die Spannung zu erhöhen, dann klappte er den Deckel hoch.
    Es folgte ein langes Schweigen, schließlich stöhnte Pansy auf, legte die Hände vors Gesicht und begann zu weinen.
    Marshall betrachtete nach wie vor den Inhalt des Koffers, unfähig zu begreifen, was er da sah. Es war … ein Skelett. Das Skelett eines Kindes! Das konnte nicht sein! Sein Herz begann heftiger zu schlagen, und er befürchtete fast, er könnte jetzt und hier einen Herzinfarkt erleiden. In diesem Moment krabbelte ein kleiner schwarzer Käfer aus einer der leeren Augenhöhlen, woraufhin Marshall so sehr erschrak, dass er zurückwich und den Deckel losließ, der nach hinten wegklappte.
    “Oh mein Gott”, flüsterte er und zog Pansy hoch, als er selbst aufstand. Er drückte ihren Kopf gegen seine Brust, und eine Weile standen sie beide einfach nur da, ohne ein Wort über die Lippen zu bringen. Dann endlich bekam er sich unter Kontrolle und fasste seine Frau an den Schultern. “Na komm, Pansy, beruhige dich. Hast du dein Handy dabei?” fragte er. Während sie zu ihrer Handtasche ging, fuhr er sich mit zitternder Hand übers Gesicht.
    Wortlos reichte sie ihm den Apparat, Marshall holte tief Luft, dann tippte er die Notrufnummer ein.
    Pansy sah zum Koffer. “Wer kann denn bloß so etwas tun?”
    “Keine Ahnung, und ich danke Gott dafür, dass ich nicht derjenige bin, der das herausfinden muss.”
    Eine Frauenstimme meldete sich: “Neun-eins-eins. Welchen Notfall möchten Sie melden?”
    Wieder atmete er tief durch. “Mein Name ist Marshall Baldwin. Ich habe ein Haus gekauft, das vier Meilen westlich des Fish Shack nahe dem Steg Nummer vier am Lake Texoma gelegen ist. Sie müssen sofort die Polizei herschicken.”
    “Und welche Art von Notfall liegt vor?”
    “Ich habe gerade eben einen Koffer mit einem Skelett darin gefunden.”
    Es folgte eine kurze Pause, dann fragte die Frau am anderen Ende: “Entschuldigen Sie, Sir, aber habe ich richtig verstanden, dass Sie ein Skelett in einem Koffer gefunden haben?”
    “Ja.”
    “Wie groß ist der Koffer?”
    “Nicht sehr groß”, antwortete Marshall leise. “Und das Skelett ist auch nicht sehr groß. Es ist ein Kind, das heißt … es sind die sterblichen Überreste eines sehr kleinen Kindes.”

1. KAPITEL
    D etective Trey Bonney betrat das Polizeirevier in Dallas, hielt in einer Hand seinen zweiten Becher Kaffee an diesem Morgen, und versuchte, nicht über die Arbeit nachzudenken, die sich auf seinem Schreibtisch stapelte. Er war ein hervorragender Detective, aber wenn es darum ging, Berichte zu schreiben, versagte er auf der ganzen Linie.
    “Morgen, Trey.”
    Er nickte Lisa Morrow von der Anmeldung zu, ohne sie anzusehen. Ihr Tonfall signalisierte ihm deutlich, daß ihr Interesse an ihm kein ausschließlich berufliches war. Als ungebundener Mann hatte er genug One-Night-Stands erlebt, um die Zeichen zu erkennen. Bis vor drei, nein, sogar noch bis vor zwei Jahren wäre er auf ihre Einladung vermutlich eingegangen, doch das hatte nun ein Ende. Er fühlte sich nun als reifer, erwachsener Mann, und damit gehörten kurze Abenteuer ohne jegliche Verpflichtungen auf beiden Seiten der Vergangenheit an. Der Wandel hatte sich schleichend vollzogen, und er war sich noch immer nicht sicher, wann und wieso er ausgelöst worden war. Eines war jedoch klar: Trey fühlte sich seitdem einsamer als erwartet.
    Dennoch war Lisas verführerische Stimme nur ein kleines Hindernis auf dem Weg zu seinem Schreibtisch. Erst als er eine andere Frau “Hey, Trey” rufen hörte, drehte er sich um und schaute seine Kollegin Detective Chia Rodriguez an, während er den Kaffeebecher abstellte. Wenn sie sich streckte, schaffte sie es auf eine Größe von eins fünfundfünfzig. Der äußere Eindruck täuschte jedoch, denn Chia war extrem zäh und
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