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Wie ein stummer Schrei

Wie ein stummer Schrei

Titel: Wie ein stummer Schrei
Autoren: Dinah McCall
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Teenager war sie so hübsch und selbstbewusst gewesen. Obwohl jeder von ihrer Vergangenheit wusste, war es ihm nie in den Sinn gekommen, sie sich als Kleinkind vorzustellen, das allein und verängstigt durch ein Einkaufszentrum lief. Hatte sie den Mord an ihren Eltern mitangesehen? Konnte sie sich an irgendetwas erinnern?
    “Und was hat das Skelett in Texoma mit Olivia Sealy zu tun?” wollte Trey wissen.
    “Die Kleine konnte damals so einwandfrei als Olivia Sealy identifiziert werden, weil sie an der linken Hand zwei Daumen hatte … eine genetische Besonderheit, die wohl bei allen Sealys vorkommt.”
    Er schüttelte den Kopf. “Aber Olivia hatte keine …”
    “Wenn ich das richtig verstehe, wird ein überzähliger Daumen operativ entfernt, sobald klar ist, welcher von beiden der funktionsfähigere ist. Sogar Marcus Sealy hat eine kleine Narbe, die das beweist.”
    “Und?”
    “Und nachdem der Gerichtsmediziner in Grayson County die Knochen untersucht und Blue Jenner Bericht erstattet hatte, rief der mich umgehend an.”
    “Aus welchem Grund?”
    “Nun, der Gerichtsmediziner ist der Ansicht, dass es sich um die Leiche eines etwa zwei Jahre alten Mädchens handelt. Ob Mord im Spiel war, kann er noch nicht sagen, aber er schätzt, dass der Zeitpunkt des Todes zwanzig bis fünfundzwanzig Jahre zurückliegt.”
    “Ich sehe noch immer keinen Zusammenhang zu …”
    “Olivia Sealy wurde vor fünfundzwanzig Jahren entführt, und … so wie es aussieht, hat das tote Baby ebenfalls zwei linke Daumen.”
    Trey beugte sich vor. “Wollen Sie damit sagen, Olivia ist gar nicht …”
    “Ich will damit gar nichts sagen”, entgegnete Warren. “Ich will nur, dass Sie sich mit Blue Jenner treffen, mit dem Gerichtsmediziner reden, sich diese Hütte ansehen und das tun, was Sie am besten können: Herumschnüffeln. Finden Sie alles über die Vorbesitzer heraus.”
    “Wird gemacht”, sagte Trey und stand auf. An der Tür angekommen, blieb er stehen und drehte sich um.
    “Gibt’s noch was?” Lieutenant Warren sah ihn an.
    “Wissen die Sealys davon?”
    “Falls sie es noch nicht wissen, werden sie es in allernächster Zeit erfahren.”
    “Von wem?” wunderte sich Trey.
    Warren schlug die Zeitung auf und zeigte auf eine Schlagzeile:
Verbindung zwischen Sealy-Entführung und Skelettfund?
    “Wir wissen noch überhaupt nichts, aber sie drucken es schon. Wie kommen die damit bloß immer wieder durch?” murmelte Trey.
    “Es kommt nur darauf an, wie man es formuliert”, gab Warren zurück und deutete auf das Fragezeichen am Ende der Schlagzeile. “Vielleicht wissen wir ja die Antwort, nachdem Sie mit Jenner gesprochen haben.”

2. KAPITEL
    D er Duft von frischen Waffeln, der ihm aus der Küche entgegenkam, ließ Marcus Sealy das Wasser im Mund zusammenlaufen. Als er das ausgelassene Glucksen seiner Enkelin hörte, mußte er lächeln. Vermutlich stibitzte sie seiner Haushälterin Rose schneller Frühstücksspeck, als sie die Scheiben in die Pfanne legen konnte.
    Nach drei Wochen Urlaub in Europa, den sie sich mehr als verdient hatten, gab es ihm ein gutes Gefühl, wieder zu Hause zu sein. Am Abend zuvor waren er und Olivia am Flughafen Dallas-Fort Worth angekommen und erschöpft auf sein Anwesen zurückgekehrt. Der lange Flug war so anstrengend gewesen, dass sie sich weder um den Anrufbeantworter noch um den Stapel Eingangspost kümmerten und auch nicht die Koffer auspackten. Sie hatten sich einfach nur noch schlafen legen wollen.
    Die Reise war Olivias Geschenk zu seinem siebzigsten Geburtstag gewesen, und es war eine wunderbare und unvergessliche Zeit gewesen. Als er an diesem Morgen aufgestanden war, musste er immer wieder daran denken, wie viel Spaß die Reise ihnen beiden bereitet hatte – und was Olivia ihm bedeutete. Nachdem man seinen Sohn Michael und seine Schwiegertochter Kay vor vielen Jahren ermordet hatte, war ihm seine einzige Enkelin wichtiger als alles andere. Er wusste, er hatte sie stärker behütet, als es für sie gut war, doch für ihn wäre es undenkbar gewesen, nicht unentwegt um ihr Wohl besorgt zu sein. Sie war seine einzige Angehörige, die ihm wirklich etwas bedeutete. Sollte ihr etwas zustoßen, dann würde er das nicht überleben, dessen war er sich ganz sicher.
    Schritte rissen ihn aus seinen Gedanken, und einen Moment später sah er Olivia, die soeben aus der Küche kam.
    “Grampy! Ich wusste nicht, dass du schon auf bist. Ich dachte, nach dem Flug würdest du ausschlafen
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