Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unter dem Wolfsmond – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)

Unter dem Wolfsmond – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)

Titel: Unter dem Wolfsmond – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
Autoren: Steve Hamilton
Vom Netzwerk:
Kapitel 1
    Zwei Minuten. So lange brauchte ich, um festzustellen, daß ich einen Riesenfehler gemacht hatte.
    Das blaue Team war gut. Sie waren groß. Sie waren schnell. Sie konnten Hockey spielen. Von dem Moment an, in dem der Puck das Eis berührte, beherrschten sie das Spiel. Sie ließen den Puck zwischen sich vor und zurück, hin und her springen wie bei einem Flipperspiel, über die blaue Linie, in die Ecke, zurück auf den Punkt. Sobald sie in der Torzone waren, wurden sie ruhig, nahmen das Tempo aus dem Spiel und warteten auf die beste Gelegenheit. Sie waren wie fünf Wölfe, die ihre Beute umkreisen. Wenn dann der Schuß kam, war der Puck nur ein schwarzer huschender Schatten. Der Mittelstürmer glitt am weit offenen Tor vorbei, völlig unbehindert, nahm den Puck mit einer fließenden Bewegung und versenkte ihn dann mit einem plötzlichen Schwung seines Handgelenks. Er lag hinten im Netz, bevor der Torwart überhaupt bemerkt hatte, daß er kam. Mitten zwischen seinen Beinen durch. Oder, wie sie im Fernsehen sagen, satt ins Schwarze.
    Für den Torwart des roten Teams würde es ein langer Abend werden. Was mich nicht weiter gestört hätte, wenn der Torwart nicht ein gewisser achtundvierzig Jahre alter Idiot gewesen wäre, der sich zu diesem Unsinn hatte überreden lassen.
    »Es ist eine Liga für über Dreißigjährige«, hatte Vinnie mir erklärt. »Jeden Donnerstagabend. Keine Körperattacken, keine Slapshots. Es heißt ›Softpuck‹, weißt du, so wie Softball. Softpuck-Hockey. Kapiert?«
    »Kapiert«, sagte ich.
    »Es macht einfach Spaß, Alex. Es wird dir gefallen.« Vinnie war mein indianischer Freund. Vinnie Leblanc, ein Ojibwa und Mitglied des Bay-Mills-Stammes, mit ein bißchen Frankokanadier, einem kleinen bißchen Italiener und einem kleinen bißchen Gott weiß was im Blut, wie bei den meisten Indianern hier in der Gegend. Viel Indianisches war an ihm nicht zu erkennen, nur eine Andeutung im Gesicht, so um die Augen und die Bakkenknochen. Sonst hatte er nichts Indianisches, vor allem nicht diese langsame und sorgfältige Art zu sprechen. Und anders als einige Indianer, denen ich vor allem in Kanada begegnet war, sah er einem direkt in die Augen, wenn er mit einem sprach.
    Vinnie war ein Ojibwa, und er war stolz darauf. Aber er lebte nicht mehr im Reservat. Er trank nicht. Keinen einzigen Tropfen, niemals. Im entsprechenden Anzug sah er aus wie ein Geschäftsmann aus dem Süden des Staates, und im Wald konnte er einem Hirsch folgen, als ob er die Gedanken des Tieres kenne.
    Er hatte mich im Glasgow Inn aufgespürt, wo ich friedlich am Kamin saß. Ich hätte ahnen müssen, daß er etwas im Schilde führte, als er mir ein Bier spendierte.
    »Lieber nicht, Vinnie. Ich habe seit dreißig Jahren nicht mehr auf Schlittschuhen gestanden.«
    »Du brauchst doch gar nicht zu laufen«, erklärte er. »Du stehst im Tor. Komm schon, Alex, wir brauchen dich wirklich.«
    »Was ist denn mit eurem regulären Torwart passiert?«
    »Na ja, er muß für ein paar Wochen aussetzen. Er hat irgendwie einen am Hals abgekriegt.«
    »Hast du nicht gesagt, ihr spielt Softpuck?«
    »Das war der reine Zufall. Es hat ihn direkt unter dem Gesichtsschutz erwischt.«
    »Vinnie, vergiß es. Ich bin nicht euer Torwart.«
    »Du warst doch Catcher beim Baseball?« sagte er. »In der zweiten Liga?«
    »Ich habe zwei Jahre bei den Junioren gespielt«, stellte ich richtig. »Aber was soll das jetzt?«
    »Das ist eigentlich dasselbe. Du trägst Beinschützer. Du trägst einen Gesichtsschutz. Nur fängst du eben nicht den Baseball, sondern den Puck.«
    »Das ist nicht dasselbe.«
    »Alex, die Red Sky Raiders brauchen dich. Du kannst uns nicht im Stich lassen!«
    Ich hätte fast mein Bier ausgespuckt. »Die Roten Himmelsstürmer? Nimmst du mich auf den Arm?«
    »Toller Name, oder?«
    »Klingt wie ’ne Kamikaze-Truppe.«
    Roter Himmel war Vinnies Name bei den Ojibwas. Während der Jagdsaison arbeitete er viel als Führer und half den Leuten aus dem Süden, sich im Wald zurechtzufinden. Dann verwendete er gerne seinen Indianernamen, um echter zu wirken. Wen würdest du denn als Führer anstellen, hatte er mich einmal gefragt, einen Typen, der Roter Himmel heißt, oder einen mit Namen Vinnie?
    »Alex, Alex.« Er schüttelte den Kopf und starrte ins Feuer.
    Jetzt kommt es, dachte ich.
    »Das ist doch bloß eine kleine Liga, in der wir zum Spaß spielen. Was, auf das man sich für Donnerstagabend freuen kann. Du weißt schon, statt dazusitzen und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher