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Wie die Madonna auf den Mond kam

Wie die Madonna auf den Mond kam

Titel: Wie die Madonna auf den Mond kam
Autoren: Rolf Bauerdick
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Priester in klandestin ster Untergrundmission. Um die ungläubigen Sowjets zu bekehren, pendelte er immer hin und her, zwischen Odessa, Moskau und einem Ort, dessen Namen kein Mensch behalten kann. Er stand sogar kurz vor der Weihe zum Geheimbischof, bis irgendein Judas ihn verraten hat. Papa konnte sich noch schnell nach Rom absetzen, doch einige katholische Priester aus dem Untergrund wurden enttarnt. Sie wurden in ein Straflager auf eine namenlose Insel im Weißen Meer verschleppt. Um die armen Kerle freizukaufen, musste der Vatikan einen ganzen Güterwaggon mit Kirchenschätzen nach Moskau schicken, wo das Zeug teils eingeschmolzen, teils gegen Devisen wieder in den Westen verschoben wurde. Papa erzählte mir, dass er dann im Vatikan eine neue Aufgabe zugewiesen bekommen hatte. Ich erinnere mich nur, dass er an komplizierten Verträgen zwischen den deutschen Hitleristen und den Katholischen mitarbeiten sollte. Baptiste jedoch schrieb eine Begründung, warum man mit dem Teufel keinen Pakt schließen darf. Aber Papst Pius hat das Papier zerrissen, und Papa Baptiste wurde zu den Benediktinern nach Österreich zurückgeschickt, wo er in der Klosterbibliothek Karteikärtchen schreiben und alte Bücher aussortieren musste. Das hat Papa eine Weile gemacht, doch dann hat er gesagt: Feierabend. Er hat dem Papst und seinem Abt den Gehorsam gekündigt. Dann wurde ihm die Exkommunikationsurkunde überreicht.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Das gibt's doch nicht. Er hat doch hier die Messe gelesen und gepredigt. Die Alten sagen noch heute, Johannes Baptiste war der beste Pfarrer, den Baia Luna je gehabt hatte.«
    »Absolut korrekt. Nur war er nicht mehr katholisch. Weshalb aber der Papst und der Bischof aus Kronauburg ihn haben gewähren lassen, das kann ich nur vermuten.«
    »Ich schätze mal, Johannes Baptiste wusste zu viel über manche Kirchenleute«, warf Fritz Hofmann ein.
    »Exactamente. So wird es gewesen sein. Die haben wohl gedacht, hier oben in Baia Luna kann Papa Baptiste keinen Schaden anrichten. Soll er predigen, was er will. Aber ich sage euch, Papa Johannes war ein redlicher Mann. Kinder taufen, Hostien weihen, Brautleuten den Segen spenden, Prozessionen zum Mondberg anführen, Zigeuner in geweihter Erde bestatten, das alles war für ihn Ehrensache. Nur Sünden vergeben, das hat er nie gemacht. Und wisst ihr, was er beim Zuika hier in dieser Bibliothek zu mir gesagt hat? >Dimitru<, sagte er ... Pavel, ich denke, so ein kleines Gläschen könnte meine Erinnerung an Papas Worte erheblich auffrischen.«
    Ich lachte. »Auf einen Schankwirt aus dem Hause Botev ist immer Verlass.« Ich holte vier Gläser hervor und entkorkte eine Flasche Zuika. Buba, Fritz und ich stießen mit Dimitru an.
    »Herr Wirt, mein Glas hat ein Loch.« Ich schenkte ihm nach. »Also, so war es damals. Der Papa Baptiste saß hier mit mir auf der Chaiselongue und sagte zu mir: >Dimitru, ich vergebe dir alles, aber nicht im Namen des Herrgotts. Dazu bin ich nicht befugt ... < Und das, das plagt mich noch heute.
    Denn ich habe nie eine Absolution erhalten. Ich meine, eine echte. Und jetzt trete ich vor das Jüngste Gericht. Und dann? Ich möchte so gern ins Meer der Heiterkeit. Zu Ilja. Ich hab's ihm versprochen. Doch wenn sie mich ohne Beichte nicht reinlassen ? Wenn der göttliche Daumen nach unten zeigt? Was dann?«
    Der Zigan erhob sich von seinem roten Kanapee. Er ging zum Fenster und schaute hinauf zum Himmel. Er schloss die Augen. Wir sahen keinen alten Mann, sondern einen kleinen verschüchterten Jungen, der mahnend den Zeigefinger hob. »Dimitru, was hast du vor ... «
    »Psst«, hauchte Buba. »Ich schätze, Onkel Dimi probt seinen Auftritt vor dem Thron des Allmächtigen.«
    Aus dem Mund des Jungen sprach ein tiefer Männerbass: »Der Zigeuner Dimitru Carolea Gabor! Er trete vor das Gericht! Schauen wir nun in das Buch deines Lebens! Sünden! Sünden! Noch mehr Sünden! Und da wagst du es, mir unter die Augen zu treten? Was muss ich da lesen? Du hast den Orthodoxen Flaschen mit falscher Milch aus den Brüsten der Mutter meines Sohnes verkauft! Dimitru Carolea Gabor. Schäme dich! Bereust du?«
    »Keine Flaschen, nur kleine, winzige Fläschchen«, antwortete eine helle Knabenstimme. «Glaub mir, Herr. Es war nicht meine Schuld. Mein Vater Laszlo, der hatte die Idee mit der Milch. Was sollte ich machen, Herr? Sollte ich etwa meinen Vater verleugnen? Ihn im Stich lassen? So wie du damals deinen Sohn im Stich gelassen hast. Hat sich dein
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