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Wider die Unendlichkeit

Wider die Unendlichkeit

Titel: Wider die Unendlichkeit
Autoren: Gregory Benford
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Ebene mit Lawinenstürzen. Da dachte Manuel an Piet. Er rannte auf das Aleph zu. Es war umgestürzt. Die Geräte von drinnen waren in Sicherheit, lagen überall verstreut. Piet war gerade herausgekommen, als das Gerüst nachgegeben hatte. Es hatte ihn eingeklemmt, während das Aleph zur Seite rollte. Jetzt lag er unter Balken und Rohren, fast in Greifnähe des Aleph. Als Manuel näherkam, hob sich der Helm. Schmerzerfüllte Augen spähten heraus.
    »Ich habe … alles.«
    »Die Geräte? Sie verdammter Idiot!«
    »Bitte …«
    Die dünne, schwache Stimme ließ Manuel seinen Zorn vergessen. »Wo sind Sie verletzt?«
    »Die Beine. Unterhalb der Knie habe ich kein Gefühl.«
    »Flach liegen!«
    Sanft schob Manuel ihn nach unten. Piet keuchte. Auf der Rückseite des Anzugs waren Med-Anschlüsse, aber es waren Erdler-Konstruktionen, und Manuel hatte keinen passenden Stecker.
    »Verdammt. Wo kann ich …«
    »Im … Wohnbereich.«
    Er rannte zu den Hütten zurück und suchte bei den Med-Monitoren nach Teilen. Als er zurückkam, grollte der Boden schon wieder. Das Aleph schien ein Stückchen ins Eis gesunken zu sein. Es lag jetzt näher bei Piet.
    »Ich … wäre eher fertig gewesen«, sagte Piet entschuldigend, während Manuel an seinem Rücken fingerte. Piets Atem kam in langen, pfeifenden Zügen. Manuel ließ die Stecker mehrfach einrasten und senkte sie dann in die Fassungen. Piet seufzte, als seine Schmerzzentren ausgeschaltet wurden. Sein Körper verlor die Starre.
    »Hat länger … gedauert … herauszukommen. Etwas … wie Sirup … hat mich gebremst.«
    »Ich werde Sie herausziehen müssen.«
    »Das gleiche … weiche … Licht …«
    »Dürfte nicht allzu weh tun.«
    Manuel musterte das ineinander verworrene Netz aus Rohren und Streben, das über ihnen schwebte. Wenn es ungünstig fiel, wäre Piets Lage noch prekärer. Er begann, die Rohre aus dem Weg zu ziehen, und die gesamte Konstruktion klapperte und knarrte. Wenn sie zusammenfiel, würde sie in der richtigen Schwerkraft Piet nicht schwer verletzen, wäre aber nur schwierig zu entwirren. Er entschloß sich, sie wegzuschneiden.
    »Ich hole einen Fräser. Alles in Ordnung. Die Körper sind versiegelt. Sie ruhen sich einfach aus!«
    Er mußte in den Trümmern suchen. Es dauerte eine Weile, und als er auf das massige Werk zueilte, warf ihn eine Schockwelle nieder. Als er fast wieder stand, ließ ihn eine zweite erneut stürzen. Das Aleph kippte auf Piet zu, krachend kam das Gerüst herunter. Es stürzte nicht auf Piet. Manuel konnte ihn deutlich sehen. Piets Kopf kam hoch, und die ruhigen, klaren Augen blickten direkt auf Manuel, als das Aleph weiter kippte, schneller jetzt, während Risse das Eis unter ihm spalteten. Schwarze, gezackte Linien gabelten sich von ihm weg. Ein sich weitender Spalt tat sich nur wenige Meter vor Manuel auf, als Piet aufschrie, nicht entsetzt, sondern klagend, resignierend. Er schrie nur einmal, als das Aleph in plötzlich aufwallendem Nebel über ihn rollte. Der Nebel, einen diesigen Schauer glitzernden Lichts, hielt Manuel für Eis und Schnee, hochgeschleudert von dem sich wälzenden Gewicht.
    Dann war Piet fort, der riesige Rumpf drückte sich weiter in das geborstene Eis, und der Boden erbebte. Manuel konnte nicht erkennen, ob die tiefe, schüttelnde Vibration vom sinkenden Wrack des Aleph oder einem fernen Beben erzeugt wurde.
    Das Aleph veränderte seine Lage, und Manuel starrte auf die Stelle, an der Piet gelegen hatte. Der Mann, den er so wenig gekannt hatte, läge jetzt an dieser Stelle weit jenseits des Islamischen Halbmondes, des Römischen Kreuzes, des Hammers von Marx, in einem freien, ungeplanten Territorium, jenseits des Menschen und seiner einengenden Theorien, seiner Filter, jenseits der geschlossenen Räume zivilisierten Denkens.
    Langsam ging er zu den zerstörten Hütten zurück. Hinter ihm rutschte das Aleph weiter in die gähnenden, ächzenden Abgründe. Er beachtete das Grollen und die träge Bewegung nicht. Die Erdler mühten sich bei den Med-Einheiten ab. Sie scharten sich nacheinander um jeden Monitor und brachten Kurzzeit-Energiesätze an. Erneut kamen sie Manuel wie Priester vor, geweiht den heiligen Ikonen ihrer staatlich garantierten Unsterblichkeit. Er fühlte eine bittere Abneigung gegen sie, deren Grund er nicht identifizieren konnte. Es mußte seine Müdigkeit sein, entschied er.
    Der vorderste sah ihn näherkommen. »Wir … wir haben Piet beobachtet. Es war grauenhaft.«
    »Ja.«
    »Wir hatten Angst,
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