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Wer nie die Wahrheit sagt

Wer nie die Wahrheit sagt

Titel: Wer nie die Wahrheit sagt
Autoren: Catherine Coulter
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später anrufen und sie selbst beruhigen. Den Rest der Familie übernimmt Muttern dann schon.«
    »Ich will nicht, dass sie sich sorgt. Es stimmt, Dillon, mir geht’s ganz gut. Ich vermisse Sean. Ist so lange her, seit ich ihn zuletzt gesehen habe. Hab mich total gefreut über all die Fotos, die du mir per E-Mail geschickt hast.«
    »Ja, aber das ist nicht dasselbe wie der leibhaftige Racker, wenn er auf deinem Daumen rumkaut, dir seine Cracker an den Pulli schmiert und dir den Hals voll sabbert.«
    Sherlock ergänzte: »Egal wo du bei uns hinfasst, überall Grahamcrackerbrösel.«
    Lily lächelte, denn sie konnte ihn vor sich sehen, diesen süßen kleinen Racker, wie er überall seine feuchten Brösel hinterließ, und der Gedanke ließ ein tiefes Wohlgefühl in ihr aufsteigen. »Mama ist sicher froh, ihn eine Weile haben zu können.«
    »Und wie«, bestätigte Savich. »Sie verwöhnt ihn immer nach Strich und Faden. Wenn wir ihn dann wieder heimholen, ist er für die ersten ein, zwei Tage kaum zu genießen.«
    »Er ist ein so süßer kleiner Knopf, Dillon. Er fehlt mir.«
    Verstohlen wischte Savich eine Träne fort. »Ich weiß, Sherlock und mir auch, und wir sind kaum einen Tag von ihm getrennt. Wie fühlst du dich, Lily?«
    »Es ist wieder dunkel.«
    »Ja. Fast sieben Uhr, Donnerstagabend. Und jetzt mal heraus damit, Süße. Wie fühlst du dich?«
    »Als hätten sie mir das Morphium bereits runtergedreht.«
    »Stimmt. Dr. Larch sagte, sie hätten gerade angefangen, die Dosis leicht zu reduzieren. Du wirst ein, zwei Tage höllische Schmerzen haben, aber dann wird’s mit jedem Tag besser werden.«
    »Wann seid ihr angekommen?«
    »Vorhin erst. Der Pfützenhopser von San Francisco zum Flughafen in Eureka hatte Verspätung.« Er sah, wie ihr Blick ein wenig verschwommen wurde, und fügte hinzu: »Sherlock hat für Sean im Flughafen von San Francisco einen Golden-Gate-Ofenhandschuh gekauft.«
    »Ich zeig ihn dir später, Lily«, sagte Sherlock, die auf der anderen Seite von Lilys Bett stand und lächelte. Sie hatte sich solche Sorgen um ihre Schwägerin gemacht. »Ich hatte die Wahl zwischen einem Ofenhandschuh mit Alcatraz drauf oder mit der Golden-Gate-Brücke. Und da Sean ja auf allem rumkaut, dachte Dillon, besser die Golden Gate als ein Bundesgefängnis.«
    Lily lachte. Sie wusste nicht, woher das jetzt gekommen war, aber sie konnte sogar wieder lachen. Doch ein scharfer Schmerz durchzuckte sogleich ihre Seite mit den geprellten Rippen, und sie schnappte hörbar nach Luft.
    »Okay, keine Witze mehr«, sagte Sherlock und gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange. »Wir sind da, und jetzt wird alles wieder gut, das verspreche ich dir.«
    »Wer hat euch angerufen?«
    »Dein Schwiegervater, gestern Nacht um zwei.«
    »Ich frage mich nur, wieso.« Sie überlegte.
    »Du hättest das nicht erwartet?«
    »Ach, jetzt verstehe ich«, fuhr Lily fort, die Augen zu zornigen Schlitzen verengt. »Er hatte Angst, Mrs. Scruggins würde euch anrufen, und dann würdet ihr euch fragen, warum es keiner aus der Familie für wert befunden hat, euch zu informieren. Ich glaube, er hat Angst vor dir, Dillon. Dauernd fragt er mich, was du so machst und wie’s dir geht. Ich glaube, du hast ihm ganz schön Angst eingejagt, als du das letzte Mal hier warst.«
    »Aber wieso das denn?«
    »Weil du jede Menge Muskel- und Hirnschmalz hast und außerdem Special Agent beim FBI bist.«
    Sherlock lachte. »Viele Leute fürchten sich ein bisschen, wenn sie einen FBI-Beamten vor sich haben. Aber der gute Mr. Elcott Frasier? Hab nur einen Blick auf ihn geworfen und mir gedacht, der verspeist wahrscheinlich schon zum Frühstück Nägel.«
    »Wäre möglich, echt. Alle denken das, besonders sein Sohn, mein Mann.«
    »Vielleicht hat er ja angerufen, weil er wusste, dass wir herkommen und dich besuchen würden«, sagte Savich. »Vielleicht ist er gar kein solcher Eisenfresser.«
    »Doch, das ist er. Tennyson war vorhin schon mal da.« Sie seufzte und zuckte zusammen, als sie den scharfen Stich in den Rippen und das Ziehen in der Seite spürte. »Gott sei Dank ist er bald wieder gegangen.«
    Savich warf Sherlock einen Blick zu. »Was ist passiert, Lily? Komm, erzähl’s uns.«
    »Alle glauben, ich hätte wieder versucht mich umzubringen.«
    »Dann lass sie doch. Ist doch egal. Erzähl, Lily.«
    »Ich weiß nicht, Dillon, ehrlich nicht. Ich weiß noch, dass ich auf dieser holprigen Straße nach Ferndale fuhr, die 211, weißt du? Das ist alles. An
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