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Wer nie die Wahrheit sagt

Wer nie die Wahrheit sagt

Titel: Wer nie die Wahrheit sagt
Autoren: Catherine Coulter
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falsch einschätzen kann.«
    »Dich haben sie ja auch getäuscht«, warf Savich ein. »Bis zu einem gewissen Grad zumindest. Keiner will das Böse sehen, will zugeben, dass es existiert.«
    Lily meinte: »Ich habe beschlossen, zur Beerdigung nach Kalifornien zu fliegen. Wegen Tennyson. Er ist furchtbar verletzt. Ich möchte ihm zeigen, dass ich hinter ihm stehe; ich möchte allen zeigen, dass ich Tennyson in der ganzen Sache für unschuldig halte. Er weiß, dass ich nicht wieder zu ihm zurückkehre, und er akzeptiert es.« Sie seufzte. »Er will aus Hemlock Bay wegziehen, will es nie wieder sehen.«
    »Kann man ihm kaum vorwerfen«, meinte Simon lakonisch.
    Savich sagte: »Bitte richte Tennyson unsere Grüße aus und dass wir bedauern, was passiert ist.«
    »Werde ich.« Lily hob lauschend den Kopf. Dann lächelte sie. »Sean ist aus seinem Mittagsschläfchen aufgewacht.«
    Savich und Sherlock gingen Hand in Hand die Treppe hinauf.
    Simon lächelte Lily zu und nippte an seinem Kaffee. Savich hatte ihn gemacht, daher war er ausgezeichnet. Er seufzte wohlig.
    »Also, Lily, als dein neuer Berater kann ich es nur befürworten, dass du zur Beerdigung seiner Eltern rüberfliegst. Damit ziehst du sozusagen einen Schlussstrich unter diese Beziehung. Dann kannst du wieder in die Zukunft blicken, kannst weitergehen. Ich habe mir da schon so meine Gedanken gemacht.«
    »Und was haben Sie beschlossen, Dr. Russo?«
    »Ich denke, der erste Schritt sollte darin bestehen, dass du nach New York ziehst. Es ist gar nicht gut, wenn zwischen Berater und Klient eine allzu große räumliche Distanz besteht.«
    Lily durchquerte das Wohnzimmer. Behutsam stellte sie ihre Tasse auf einem Beistelltisch ab und setzte sich dann auf Simons Schoß. Sie nahm sein Gesicht in ihre Hände und küsste ihn sanft.
    Simon seufzte selig, stellte ebenfalls seine Tasse ab und zog sie an sich. »So gefällt’s mir, Lily.«
    »Ja, mir auch. Sehr sogar.« Sie gab ihm einen Kuss auf den Hals, dann kuschelte sie sich an ihn. »Ich wollte dir nur sagen, dass du der Beste bist, Simon. Ich kann gar nicht glauben, dass jetzt alles vorbei ist – dass ich sogar all meine Bilder zurückkriege. Aber weißt du was? Ich will eine Zeit lang in Washington bleiben. Ich will mir hier eine Wohnung suchen und das Vergangene in Ruhe verarbeiten, und dann, wenn ich bereit bin, in die Zukunft zu marschieren, dann will ich das frei und ohne unnötigen Ballast tun. Ich will den Aalglatten Remus wieder zum Laufen bringen. Ich will eine Zeit lang mein eigener Herr sein, Simon.«
    Sie glaubte zuerst, dass er ihr widersprechen wollte, doch dann schien er es sich anders zu überlegen. Mit beiden Händen ihren Rücken streichelnd, sagte er: »Es gab noch nicht viele normale Momente, seit wir uns kennen, keine wie diesen hier, meine ich. Ich glaube, dein Berater wird häufige Visiten bei dir machen müssen, der Kontakt muss intensiviert werden, dann können wir gemeinsam nach vorne schauen und nicht zurück.«
    Sie küsste ihn nochmals, dann drückte sie ihre Stirn an die seine. »Abgemacht«, flüsterte sie.
    Simon sank tiefer in seinen Sessel, umschlang sie fester; ihre Wange ruhte an seinem Hals. Er meinte: »Hab ganz vergessen, es dir zu erzählen. Ein befreundeter Kollege hat mir ’ne E-Mail geschickt. Anscheinend ist Abe Turkle in Las Vegas, spielt, was das Zeug hält, und gewinnt auch noch. Er meinte, Abe sehe aus wie ein Holzfäller; niemand würde auch nur eine Sekunde glauben, dass er zu den Topfälschern der Branche gehört.«
    »Ich wünschte nur, ich könnte mich erinnern, was aus dem Bild geworden ist, das er mir in seiner Hütte geschenkt hat.«
    Die Türklingel ertönte.
    Dillon und Sherlock waren noch oben bei Sean. Widerwillig stemmte sich Lily von Simons Schoß und ging an die Tür. Draußen stand ein Mann von Federal Express mit einem Umschlag in der Hand. »Für Dillon Savich«, sagte er, als sie aufmachte. Lily unterzeichnete die Empfangsbestätigung und ging mit dem Umschlag zurück ins Wohnzimmer.
    Sie rief nach Dillon. Kurz darauf kam er mit Sherlock, Sean auf den Schultern, die Treppe herunter.
    Er tätschelte seiner Schwester die Wange. »Was gibt’s, Babe?«
    »Das hier kam gerade per Express für dich.«
    Savich gab Sean an Sherlock weiter und nahm den Umschlag. Verwirrt musterte er ihn. »Aus dem Beach Hotel auf Aruba.« Er riss den Umschlag auf, zog ein paar Farbfotos heraus. Langsam schaute er eins nach dem anderen an.
    »Jetzt komm schon, Dillon, was
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