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Das Legat der Toten

Das Legat der Toten

Titel: Das Legat der Toten
Autoren: Jason Dark
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Sie versuchte zu lächeln. »Ich verstehe nicht, was Sie damit meinen, Dean.«
    »Muß ich die Frage wiederholen?«
    »Nein.«
    »Also, dann können Sie mir ja eine entsprechende Antwort geben.«
    Charlene merkte, wie Trotz in ihr hochstieg. »Es tut mir leid, aber ich bin überfragt. Wie soll ich mir den Tod vorstellen? Als Knochenmann mit einer Sense auf der Schulter? Oder welche Vorstellungen haben Sie sich gemacht?«
    »Es war eine Frage an Sie. Ich habe damit nichts zu tun. Ich will von Ihnen die Antwort.«
    Es war ihm ernst. Er verstand keinen Spaß. Er war sowieso kein witziger Mensch, das wußte Charlene auch, aber mit einer Antwort auf eine derartige Frage konnte sie nicht dienen. Am liebsten hätte sie das Zimmer verlassen. Das schaffte sie seltsamerweise nicht. Die Beine kamen ihr vor, als wären sie mit einem harten und schweren Material gefüllt, und Dean Todd schaute sie unaufhörlich an. Sein Blick fraß sich in ihrem Gesicht fest, so daß Charlene das Gefühl hatte, sich ducken zu müssen.
    »Nein«, sagte sie schließlich, »ich kann mir nicht vorstellen, den Tod zu sehen.«
    »Dann sind Sie blind, Charlene.«
    »Ach ja. Wieso das denn?«
    »Weil der Tod vor Ihnen steht.«
    Obwohl es nichts zu schlucken gab, mußte sie es tun. Sie hatte die Antwort verstanden, wollte sie aber nicht begreifen. Was in den folgenden Sekunden geschah, entsprach den Tatsachen, nur konnte Charlene sie nicht nachvollziehen.
    Gelassen knöpfte Dean Todd seinen Kittel auf. Darunter trug er einen grauen Anzug, was bei ihm eigentlich selten vorkam. Es sei denn, er ging nach Feierabend noch aus.
    Seine rechte Hand verschwand in einem Ausschnitt des Jacketts. Seelenruhig holte er eine Waffe hervor, auf deren Lauf der Schalldämpfer schon aufgeschraubt worden war. Noch zeigte die Mündung gegen die Decke, dann wurde die Waffe langsam gesenkt, und plötzlich sah Charlene das Ende des klobigen Schalldämpfers auf sich gerichtet.
    Nun war ihr klar, was Dean Todd mit seiner verdammten Frage gemeint hatte.
    Charlene hob die Hände. Sie schüttelte den Kopf. Auf ihrem Gesicht breitete sich ein ungläubiges Staunen aus, in das sich auch die Angst mit hineinmischte. Sie glotzte auf die Mündung, die sich um keinen Millimeter bewegte.
    »Jetzt wissen Sie, wie der Tod aussieht, Charlene...«
    Zu einer Antwort kam Charlene nicht.
    Der Mann schoß zweimal.
    Die erste Kugel erwischte sie in der Brust. Die zweite eine Handbreite darunter.
    Charlene sagte nichts. Sie seufzte nicht einmal. Trotz der beiden Kugeln in ihrem Körper stand sie da, schaute nach vorn und merkte, daß etwas mit ihr geschah. Was nur Sekunden dauerte, zog sich bei ihr sehr in die Länge.
    Ich bin getroffen! schoß es ihr durch den Kopf. Man hat mich erwischt. Großer Gott, warum?
    Der Mann mit der Waffe, das Zimmer, die Decke, alles wurde plötzlich so eng und zog sich zusammen. Es war wie ein Netz, das sich immer mehr verdichtete.
    Im Mund spürte sie den Geschmack von Blut. Die Zeit wurde plötzlich so lang, obwohl alles recht schnell ging, doch in den letzten Sekunden ihres Lebens hatte sie diesen Eindruck.
    Schlagartig erwischte sie das Dunkel. Zugleich brandeten die Schmerzen auf, die ihren Körper zu zerreißen suchten. Sie waren einfach grauenhaft, und sie blieben zudem bestehen, um sie auch in den Tod zu begleiten.
    Daß Charlene neben dem Schreibtisch zu Boden fiel, bekam sie nicht mehr mit. Tot blieb sie liegen. Ohne je den Grund erfahren zu haben, weshalb sie gestorben war...
    ***
    Dean Todd war zufrieden. Er stieß den Atem durch seine gespitzten Lippen, hüstelte gegen seine Handfläche und ließ die Waffe wieder verschwinden. Ohne der toten Frau noch einen Blick zu gönnen, streifte er den Kittel ab und hängte ihn in den Schrank, der neben dem Fenster stand. Er hatte die Jalousie heruntergezogen, damit niemand in das Büro-Labor hineinschauen konnte. Das hier war sein kleines Reich, zu dem nur bestimmte Personen Zutritt hatten. Todd war so etwas wie ein Geheimnisträger. Man nannte ihn die Nase, weil er es schaffte, bestimmte Duftmischungen perfekt herstellen zu können. Viele große Firmen wandten sich an ihn, wenn sie ein neues Produkt auf den Markt bringen wollten. Sein Name war in der Branche bekannt, er verdiente viel Geld, aber das war für ihn zweitrangig geworden. Von nun an würde er sein neues Leben beginnen.
    Mit dieser Tat hatte es angefangen.
    Daß es Charlene getroffen hatte, war kein Zufall gewesen.
    Sie gehörte zu den wenigen Menschen, die
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