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Wer mit Hunden schläft - Roman

Wer mit Hunden schläft - Roman

Titel: Wer mit Hunden schläft - Roman
Autoren: Picus-Verlag
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gestritten haben, unterbrochen wurde. Sauschädelschmaus, hat sich der Norbert gedacht und: Zerdenken!, Zerdenken!, und sich den Polster auf den Kopf und die Ohren gepresst. »Sauschädelschmaus! Sauschädelschmaus! Sauschädelschmaus!«, ruft der Herr Norbert laut aus. »Die Unglücksstelle zeigt ja ein Bild des Grauens, ist in den Zeitungen gestanden, Kreisky. Verdenken kann man es ihnen ja nicht, mir aber auch nicht! Und trotzdem tun sie es! Alle haben es mir von Anfang an verdenkt, ohne zum Beispiel zu fragen: Wie ist es denn passiert? Wie konnte es denn überhaupt so weit kommen am helllichten Tag? Fragen sich doch sonst wegen jedem Scheißdreck, wie es denn so weit hat kommen können, oder, Kreisky? Warum dieses und jenes so und nicht anders passiert ist! Aber nicht bei mir, bei mir nicht, Kreisky, sag ich. Bei mir hat es geheißen: Bei dem hat es ja irgendwann einmal so weit kommen müssen. Wir haben es uns eigentlich immer schon gedacht, dass bei dem was nicht stimmt und so weiter. Haben es auch den Zeitungen gesagt, die das natürlich nicht nur genau so, sondern übertrieben und ausgeschmückt hingeschrieben haben, ohne mich zu fragen, logischerweise, Kreisky. Oder vielleicht die Aussagen meiner mutmaßlichen Kollegenschaft wenigstens zu hinterfragen! Aber den Zeitungsleuten ist das ja egal. Ist es ihnen quasi komplett wurscht, was stimmt und was nicht stimmt, nicht wahr, Kreisky?, sag ich zu ihm. Weil sie ja schon AM NÄCHSTEN TAG EINE ANDERE SAU DURCHS DORF TREIBEN , wie die Mutter immer gesagt hat. Das weiß doch jedes Kind, wirklich wahr. Dabei habe ich es ihnen nicht nur einmal gesagt. Nein, hab ich gesagt, mit dem D-Wagen will ich nicht fahren. Mit dem D-Wagen muss ich zwangsweise am Musikverein und an der Bösendorferstraße vorbeifahren. Wo ich sie gemieden habe die letzten Jahre. Ja, meiden habe müssen seit seinerzeit. Meiner Gesundheit zuliebe und um nicht erinnert zu werden. Weil, wer will schon an so Sachen erinnert werden, Kreisky? Du vielleicht?, sag ich zu ihm. Mein Lebensberater sagt ja nicht umsonst: Opfererfahrungen werden durch negative und positive Ereignisse gemacht. Sowohl als auch, sagt er! Stimmt doch auch, Kreisky. Ganz klar, dass das passiert ist, sagt er. Eindeutiger Fall von Traumaerinnerung. Flashback! Da werd ausgerechnet ich hinfahren, hab ich ihnen gesagt. Fahrlässig ist das gewesen, oder etwa nicht, Kreisky? Mich trotz meiner Einwände mit dem D-Wagen fahren zu lassen. Wo der sowohl am Musikverein als auch an der Bösendorferstraße vorbeifährt. Aber nein, bestanden haben sie darauf, dass ich einspringe für den Janowsky. Alle anderen sind schon zigmal für den Janowksy eingesprungen, haben sie gesagt, der sich alle schaslang krankmeldet, haben sie gesagt und ihn Kameradenschwein, Nichtstuer und Memme geheißen, wirklich wahr. Jetzt bin ich einmal an der Reihe für den Janowsky einzuspringen, haben sie gesagt. D-Wagen hin oder her. Da fährt quasi der Zug drüber. Aus-Schluss-Amen!, haben sie gesagt, Kreisky. Was hätte ich denn da machen sollen, oder?«, sagt der Herr Norbert.
    Am gleichen Tag, an dem der Norbert am Abend der Rosemarie seinen Finger beziehungsweise eigentlich die Rosemarie den Finger vom Norbert in ihr glitschiges Loch gesteckt hatte, war vom Guritsch eine musikalisch-pädagogische Exkursion, wie er den Ausflug angekündigt hatte, in den Wiener Musikverein veranstaltet worden. Nach Rückfrage der Mutter beim Guritsch durfte die Rosemarie als einziges Mädchen an diesem Ausflug teilnehmen. Saß dann auch im großen Musikvereinssaal zwischen dem Guritsch und dem Norbert, nachdem sie ihn durch Zupfen an seinem Gewand beziehungsweise Zischen, Tuscheln und Deuten auf den Platz neben sich hingelotst hatte. Vom ersten Ton an, den das Orchester spielte, wurde dem Norbert ganz anders auf einmal. Weil die Melodie, die sie spielten, die genau gleiche war, die die Mutter vom Norbert ihm immer vorgesummt hat zur Beruhigung. Seine Hand, die die Rosemarie unauffällig gestreichelt hatte, damit es ja keiner mitkriegte, besonders der Guritsch nicht, war blitzartig schweißnass geworden bei den gehörten Tönen, dass sich die Rosemarie zwischendurch ihre Handflächen an ihrem Kleid abwischen musste. »Du wirst lachen, Kreisky, die Moldau ist es gewesen! Eine der bekanntesten Sinfonien, die es überhaupt gibt und von der ich bis zu dem Zeitpunkt nicht gewusst hab, dass es sie überhaupt gibt. Ich fahre mit dem D-Wagen an der Oper vorbei, komme also dem Musikverein schon
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