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Wer mit Hunden schläft - Roman

Wer mit Hunden schläft - Roman

Titel: Wer mit Hunden schläft - Roman
Autoren: Picus-Verlag
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eingehüllt war, vor sich her. Regenschutz war etwas Sinnvolles, Regen und Regenwürmer etwas Sinnloses für die Mutter. Darum fuhr sie mit den Rädern des Kinderwagens alle Regenwürmer, die vor dem Ertrinken auf den Gehweg geflüchtet und ihr somit im Weg waren, tot. Hunderte Regenwürmer gingen der Rosemarie bei den Spaziergängen im Regen an den Besuchstagen im Laufe der Jahre verlustig dadurch. Die Kleine schlief unter der Regenpelerinenglocke wie in einem Brutkasten. Der einzige Vorteil der Regenpelerine war, dass sich die Rosemarie darunter die Schamlippen kratzen konnte und die Mutter nichts bemerkte davon. Neben dem Tor war die Gegensprechanlage. Aus dieser Gegensprechanlage kam nie auch nur ein Mucks heraus. Ein ausgebleichter Klingeltaster, der einmal irgendeine Farbe gehabt hatte, war darunter angebracht. Die Kleine durfte immer den Taster drücken. Wurde von der Mutter unter dem Regenpelerinenbrutkasten hervorgeholt und in Höhe der Gegensprechanlage hingehalten. Die Kleine streckte ihren Arm aus, und die Mutter drückte sie dagegen. Da lachte sie. Ja, Grüß Gott, sind wir auch wieder einmal da, hat der Beamte gesagt, der das Tor aufmachte. Sagte wir, meinte aber die drei. Der Beamte sagte immer das Gleiche nach der Toröffnung. Grüß Gott, mein kleines Fräulein, hat er zur Rosemarie gesagt. S’Gott, antwortete die und schaute dabei in den Boden. Ja, wem gehörst denn du, hat er die Kleine jedes Mal gefragt und sich in ihre Richtung gebückt, die Arme hinter dem Rücken verschränkt. Bückte sich wie man sich zu einem Hund bückt, der zwar herzig ausschaut, man aber fürchtet, er könnte beißen, wenn man ihm mit den Händen zu nahe kommt. Der Toröffner führte sie durch den Hof ins Gebäude zur Anmeldung. Hinter einer Glasscheibe saß der Anmeldebeamte. Ja, Grüß Gott, sind wir auch wieder einmal da, hat der Anmeldebeamte gesagt. Der Anmeldebeamte hatte eine andere Uniform an als der Toröffner. Der eine war mehr wert als der andere, was dadurch zum Ausdruck kam, dass der Anmeldebeamte ihm nicht ins Gesicht schaute und ihn mit einer Handbewegung, die man macht, wenn man zum Beispiel die Semmelbrösel vom Tisch wischt, zurück in den Hof und zum Tor schickte, neben dem ein Glaskoben stand, in dem der Toröffner den ganzen Arbeitstag saß und wartete, dass jemand läutete, um demjenigen das Tor zu öffnen. Der Anmeldebeamte führte die Anmeldemodalitäten durch und forderte die drei auf, ins Wartezimmer zu gehen, in das sie von einem weiteren Beamten geführt wurden. Es dauerte einige Minuten, bis dieser Beamte kam, den der Anmeldebeamte zuvor hatte ausrufen lassen. Mussten derweil auf dem Gang warten, der von Tabakrauch völlig vernebelt war, der Kleinen die Tränen aus den Augen liefen deswegen. Der Beamte, der sie abholte, hatte eine ausgewaschene Uniform an und eine Waffe an den Gürtel geschnallt, der sich um seinen Hosenbund derart spannte, dass die Wampe mit Gewalt aus der Hose herausgedrückt wurde. Im Gänsemarsch folgten sie dem Beamten ins Wartezimmer. Dort waren kleine Kunstwerke ausgestellt, die von den Arbeitern in den Werkstätten hergestellt wurden. Diese Kunstwerke konnte man kaufen, um die Arbeiter damit finanziell zu unterstützen, wie es hieß. Leider wurde nie auch nur ein einziges dieser Kunstwerke verkauft. Die Bilder, Skulpturen aus Ton und Ytong, die Scherenschnitte und die selbst geblasenen Vasen mit Gravur wurden immer mehr dadurch. Deswegen schaute das Wartezimmer aus wie das Fotostudio vom Pichlberger Fotofrosch. Die Rosemarie saß auf ihren Händen, ließ die Beine von ihrem Sessel baumeln und leckte sich mit der Zunge über ihre Oberlippe. Dieses Lecken konnte die Mutter nicht ausstehen. Bezeichnete es als ordinär und schweinisch. Sapperlot jetzt, hat die Mutter gesagt und der Rosemarie mit ihrem rauen Daumen die Zunge in den Mund gedrückt. Während des Hineindrückens hat sie wieder mit dem Vater und Von-ihm-ausgeschimpft-Werden gedroht, die Drohungen von der Rosemarie aber nicht mehr ernst genommen wurden. Weil sie vom Vater nie auch nur ein einziges Mal ausgeschimpft wurde an den Besuchstagen. Ein anderer Beamter kam in das Wartezimmer und holte die drei ab. Führte sie durch einen langen Gang mit Linoleumboden und weitere grau gefärbte Türen zum Besucherzimmer. Dort saß hinter einer Glaswand schon der Vater und wartete. Hinter ihm stand mit verschränkten Armen ein Beamter, der dem mit der Wampe sehr ähnlich sah, ein Beamter dem anderen im Generellen fast bis
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