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Wer braucht schon Zauberfarben?

Wer braucht schon Zauberfarben?

Titel: Wer braucht schon Zauberfarben?
Autoren: Marie Lu Pera
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strengt mich an.
    „Lasst mich allein. Brüder, ihr bleibt“, verlange ich.
    Es ist mir egal, was sie von mir denken, wenn ich sie wegschicke. Sollen sie sich doch draußen an die Gurgel gehen. Die Männer tun, was ich verlange und verlassen den Raum. Artis streicht mir übers Haar. Junus legt sich zu mir aufs Bett, nimmt mich in den Arm und küsst meine Schläfe.
    „Wie lange war ich weg?“, will ich wissen.
    Das „Vier Monate“, aus dem Mund von Junus lässt mich fast durchdrehen.
Vier Monate
? Nein, das ist unmöglich.
    Junus ergänzt: „Du lagst im Koma. In dem Projektil war eine Kugel aus Efeuholz. Dein Körper war von dem Zauber, der übrigens erfolgreich war, sehr geschwächt und du hattest das Gift der Pflanze in dir.“
    Das ist grad ein echter Schock für mich. Vier Monate meines Lebens – einfach weg.
    Ich komm grad nicht klar. Verängstigt presse ich mich an meinen Bruder. Meine Tränen fließen einfach so aus meinen Augen, ganz ohne mein Zutun. Ich versuche erst gar nicht, sie zurückzuhalten.
    Artis legt sich an meinen Rücken und streichelt meine Wange, damit ich mich beruhige. Ich will mich aber nicht beruhigen, will grad einfach nur meine inneren Qualen mit den Tränen lindern.
    Sogar das Atmen ist anstrengend, deshalb weine ich mich schon bald in den Schlaf.
     

    Etwas klopft an die Fensterscheibe. Zuerst dachte ich, es wäre der Regen, aber es ist ein Vogel, der an das Glas pickt. Jemand hat Vogelfutter aufs Fensterbrett gelegt. Es sieht fast so aus, als wolle er mir sagen: ‚Wach endlich auf. Werd endlich wieder lebendig‘. Er hat recht.
    Ich schlage die Bettdecke zurück. Allein diese Bewegung lässt mich schnell atmen. Wow, ich bin ganz schön k. o. Sieht so aus, als hätte ich keinen einzigen halbwegs funktionsfähigen Muskel mehr im Körper.
    Unter höchsten Anstrengungen schaffe ich es, meine Beine über die Bettkante zu bugsieren und mich aufzurichten. Ich schnaube als wär ich einen Marathon gelaufen. Außerdem packt mich ein Schwindel, der mir die Übelkeit hochtreibt.
    Meine Schulter, aus der sie die Kugel rausgeholt haben, tut unsagbar weh. Artis sagte mir, er habe noch versucht, mich mit seiner Magie aus dem Schussfeld zu stoßen, aber er war nicht schnell genug.
    McConnor macht keine halben Sachen – er hat sicher auf mein Herz gezielt. Wäre Artis nicht gewesen, wär ich wahrscheinlich nicht mehr hier. Der Gedanke zieht mich gerade voll runter.
    Nach einer Verschnaufpause lasse ich mich über die Bettkante gleiten. Ich hänge an einer Infusion, aber das ist mir scheißegal, denn ich will jetzt aufstehen verdammt nochmal. Vier Monate Schlaf reichen doch.
    Meine Beine halten mich – für gerade mal zwei Millisekunden. Dann segle ich gen Boden. Jemand fängt meinen Fall ab. Es ist Beliar.
    War er etwa die ganze Zeit hier und hat gesehen, wie jämmerlich mein Zustand ist? Ist ja auch egal. Ich bin grad einfach nur sauer, weil ich nicht mal mehr gehen kann.
    Er hebt mich in seine Arme. Seine Stimme haucht mir: „Hast du Schmerzen?“, ins Ohr.
    „Nur hier drin“, antworte ich. Dabei zeige ich auf mein Herz.
    „Soll ich einen Arzt rufen?“, fragt er mich doch tatsächlich. Nein, die verzweifelte Liebe zu dir ist leider inoperabel. Sanft legt er mich wieder zurück ins Bett.
    „Du solltest gehen Beliar“, verlange ich.
    „Wieso willst du mich nicht sehen Raven?“, flüstert er. Dabei sieht er mich so voller Sorge an, dass ein Stich erneut mein Herz durchfährt.
    „Ich will nicht, dass du mich so siehst. Außerdem bin ich verärgert, weil du dich neben meinem Krankenbett prügelst. Das war nicht gerade der Anblick, den ich erwartet hatte, als ich die Augen geöffnet habe“, stoße ich trotzig aus.
    „Wir hatten Differenzen“, erklärt er.
    „Ging es wieder um mich?“, will ich wissen.
    „Unter anderem“, gesteht er.
    „Sieh nur was ich anrichte. Ich bringe Chaos in die Ordnung. Selbst im Koma, bringe ich alles durcheinander“, stoße ich erschöpft aus.
    „Das ist nicht wahr“, berichtigt mich Beliar.
    „Doch ist es. Ich hab das alles so satt. Das ist unendlich anstrengend für mich“, informiere ich ihn.
    „Das wollte ich nicht“, erklärt er.
    „Hier geht’s nicht um dich oder darum, was andere wollen. Hier geht es um das, was ich will. Ich will, dass du glücklich bist. Ich will, dass ich glücklich bin. Aber irgendwie seh ich grad keine Möglichkeit, wie das funktionieren soll. Es ist einfach zu viel passiert. Mein Kopf ist voll mit Szenarien,
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