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Wer braucht schon Zauberfarben?

Wer braucht schon Zauberfarben?

Titel: Wer braucht schon Zauberfarben?
Autoren: Marie Lu Pera
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können.
    Die zahllosen Hexer, die hier versammelt sind, tragen allesamt Masken. Ihre Augen sprechen aber Bände. Sie sehen mich an, als würden sie mir absolut nichts zutrauen. Zugegebenermaßen trau ich mir das grad auch nicht wirklich zu, versuche aber, es mir nicht anmerken zu lassen. Das macht das Ganze hier nicht gerade einfacher.
    Viel zu schnell sind wir an der Formationslinie angekommen. Mein Magen zieht sich krampfhaft zusammen, als mich Beliar fragt: „Raven, bist du soweit?“
    Mein kleinlautes „Nein“, war irgendwie aufgelegt.
    Beliar geht nicht darauf ein, erklärt stattdessen: „Sie werden eine Salve Armbrustbolzen abfeuern, um die Schlacht zu eröffnen. Die Hexer werden dich vor den Geschossen bewahren. Spar dir deine Kräfte für die Illusion der Schlacht. Wenn die Bolzen auf die Erde auftreffen, bist du an der Reihe.“
    Ich hab gerade einen Moment der Schwäche, also plappere ich ohne nachzudenken drauflos: „Wenn etwas schiefgeht will ich, dass du auf die Menschen aufpasst, die ich liebe. Das gilt für dich auch.“
    Damit er keine Chance hat, darauf zu reagieren, steige ich vom Pferd und trete aufs offene Feld hinaus. Dabei lege ich meinen Umhang ab – ich will mich nicht verstecken.
    Meine Knie zittern – ich wanke sogar leicht. Hoffentlich hat das niemand gesehen. Kunststück, ich steh ja hier wie auf dem Präsentierteller. Verdammt, sieht so aus, als wär ich das Selbstbewusstsein in Person.
    Das gegnerische Heer findet das wohl saukomisch, dass eine Frau sich allein vor traut. Tja, so bin ich – die reinste Lachnummer.
    Sogleich feuern sie ihre Armbrüste ab, deren Bolzen in der Luft zischende Geräusche machen. Ist ganz schön schwer, keine Magie einzusetzen, um sie zu stoppen, weil sie ziemlich schnell auf uns zukommen.
    Als ich schon Panik schiebe, wirken die Zauber der Hexer, denn die Bolzen ändern alle gleichzeitig die Richtung und treffen kerzengerade in der Mitte des Schlachtfeldes auf. Das passiert aber mit solch einer Wucht, dass mir angst und bange wird.
    Ihr grässliches Kampfgebrülle und ihr Vormarsch machen das hier nicht einfacher. Schätze, das ist mein Stichwort.
    Mein Körper zittert bei dem Adrenalinschub, der mich gerade durchspült. Ich atme dreimal tief durch, konzentriere mich auf die Vision, bringe meine Kräfte in Balance, lasse meiner Phantasie freien Lauf und singe „
The impossible dream
“ von Man of la mancha.
    „ To dream the impossible dream … ” Meine Stimme hallt über die Ebene wie ein Echo.
    „ To fight the unbeatable foe“ Die Männer des gegnerischen Heeres sehen so aus, als würden sie mit offenen Augen träumen.
    “ To bear with unbearable sorrow
    To run where the brave dare not go “
    Ich versuche, mir jede Person auf dem Schlachtfeld vorzustellen. Sende jedem Einzelnen seine eigene Version des Kampfes.
    Pflanze ihnen die Laute des Maschinengewehrs in ihre Köpfe. Zeige ihnen, wie die Projektile die Hexen niedermetzeln. Lasse die leeren Hülsen aus der Waffe fallen, wie ich es in den Filmen immer gesehen habe.
    Vorsichtshalber zeige ich ihnen, wie die Körper der toten Hexen in Feuer aufgehen, damit sie sich nicht fragen, warum keine Leichen auf dem Schlachtfeld zurückbleiben. Mein Gehirn läuft auf Hochtouren.
    „ To right the unrightable wrong
    To love pure and chaste from afar
    To try when your arms are too weary
    To reach the unreachable star “
    Mit unbändiger Kraft lege ich all meine Magie in meine Stimme, gebe alles, was ich kann, um den Zauber aufrechtzuhalten.
    „ This is my quest
    To follow that star
    No matter how hopeless
    No matter how far “
    Mein ganzer Körper zittert vor Anstrengung, aber ich singe mir die Seele aus dem Leib.
    „ To fight for the right
    Without question or pause
    To be willing to march into Hell
    For a heavenly cause
    That one man, scorned and covered with scars
“ Ich verpasse den Männern ein paar harmlose Schnittwunden, damit es auch so aussieht, als ob sie gekämpft hätten.
    Bald kann ich die Illusion nicht mehr aufrechterhalten. Ich brauche noch mehr Zeit, schicke ihnen schnelle Abfolgen von Erinnerungen, damit ihre Vision echter wirkt.
    „ To reach the unreachable, the unreachable, the unreachable star. “ Mein Schrei hallt über die Köpfe der Männer hinweg.
    Ich kann nicht mehr, muss den Zauber abbrechen. Sofort haben die Hexer eine Barriere vor uns aufgebaut, die uns unsichtbar macht. Auf der gegnerischen Seite ist Jubel ausgebrochen. Sie strecken die Schwerter gen Himmel und
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