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Wer braucht schon Zauberfarben?

Wer braucht schon Zauberfarben?

Titel: Wer braucht schon Zauberfarben?
Autoren: Marie Lu Pera
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Purpur
     
    Im siebten Himmel – anders kann man das nicht beschreiben, was hier gerade abläuft. Ich hab nie verstanden, warum Leute das immerzu sagen – jetzt ist es mir klar.
    Wie gebannt blicke ich auf einen schlafenden Halbgott, in dessen Armen ich liege. Beliars Brust hebt und senkt sich im steten Rhythmus seiner Atemzüge.
    Kneif mich mal. Ich fasse es immer noch nicht, dass in der Tasche – neben seinem Hammer – auch noch seine Sachen waren, damit er hier bei mir bleiben kann. Er hat sich sozusagen Kurzurlaub vom Zirkel genommen. Will in der Zeit wie ein normaler Mensch ohne Magie leben. MIT MIR!
    Jeden Tag unternehmen wir etwas zusammen, lernen uns besser kennen. Das war eine meiner Bedingungen, damit er hier bei mir und meinem Bruder wohnen darf.
    Jede Nacht schlafe ich in seinen Armen. Natürlich ist Kuscheln alles, was er von mir bekommt. Ich will es diesmal langsam angehen lassen. Beliar versteht es, obwohl er sichtlich damit zu kämpfen hat – geht man davon aus, dass sich die Bettdecke verräterisch aufbäumt. Verdammt, dieser Mann ist so was von sexy.
    Ich muss hier raus, bevor ich noch die letzte Gehirnzelle über Bord werfe und über ihn herfalle. Nein, ich muss stark bleiben. Männer wollen immer das, was sie nicht kriegen können – denke ich zumindest. Wenn ich es ihm zu leicht mache, verliert er bald das Interesse an mir. Eins ist klar, ich bin kein devotes Weibchen, das sich ihm an den Hals wirft, weil er der stärkste Hexer im Zirkel ist. Naja, zumindest versuche ich, es zu vermeiden, ihm ständig auf die Pelle zu rücken. Ich kann nichts dafür, der Mann übt eine magnetische Anziehungskraft auf mich aus.
    Darauf bedacht, ihn nicht zu wecken, husche ich auf Zehenspitzen ins Bad. Der Spiegel ist gnadenlos. Meine kurzen Locken stehen in alle Richtungen ab. Genervt versuche ich, das Chaos zu entwirren, schaffe es aber nur bedingt. Ich gebs ja zu, ich dachte, ich könnte mir die Mähne nachhexen. Hätte ich gewusst, dass das nicht funktioniert, hätte ich Galahad wahrscheinlich überredet, mein Blut anstatt alle meine Locken als Bezahlung für das Tattoo und seine Hilfe zu nehmen. Beliar und Junus haben es schon versucht, aber keiner ihrer Zauber funktioniert bei mir.
    Ich kriegs auch nicht hin. Mittlerweile beginne ich das Musical „
Hair
“ zu hassen. Keiner der Songs lässt meine Locken sprießen. Es ist schon komisch, Häuser vermag ich in die Luft zu sprengen, aber auf das Wachstum meiner eigenen Haare habe ich keinen Einfluss. Das ist wieder mal typisch für mich.
    Mit roher Gewalt kämpfe ich mich mit der Bürste durch die Mähne. Als ich sie, aus Mangel an Erfolgserlebnissen, weglegen will, erregt etwas darauf meine Aufmerksamkeit. Ich hab wohl doch ziemlich viele Haare gelassen und obenauf prangt – wie kann es auch anders sein – ein weißes Haar. Mich trifft fast der Schlag. Mein Körper weicht automatisch zurück. Vor Schreck bin ich rückwärts über den Badewannenrand gefallen und schlage unsanft mit dem Rücken auf den gegenüberliegenden Wannenrand auf. Meine Beine sind dabei hochgeschossen. Das macht mich nun zu einer zappelnden, pyjamatragenden Überreagierenden, die gerade ein unfreiwilliges Trockenbad nimmt. Verdammt, tut das weh.
    Keine zwei Sekunden später wird die Badezimmertüre aufgerissen und Beliar taucht über mir auf.
    „Hope, ist alles in Ordnung?“, will er wissen. Die Gesamtsituation nimmt mich gerade voll mit. Im nächsten Augenblick lache ich drauflos.
    Beliar zieht mich, ebenfalls sichtlich belustigt, aus der Wanne. Blöderweise bückt er sich nach der Bürste, die ich anscheinend in der ersten Schrecksekunde fallengelassen habe und hält sie mir entgegen. Beinahe brutal reiße ich sie ihm aus der Hand. Verdammt, geht’s eigentlich noch offensichtlicher Hope? Das war ja die übertriebenste Reaktion des Jahrhunderts. Er zieht zwar die Augenbrauen hoch, lässt den peinlichen Moment aber glücklicherweise unkommentiert vorbeiziehen.
    „Wolltest du baden?“, fragt er mich grinsend. Nein, mir hat die Erkenntnis, dass mir bereits weiße Haare wachsen, den Boden unter den Füßen weggezogen.
    „Hab wohl vergessen, vorher Wasser einzufüllen“, entgegne ich.
    „Und dich auszuziehen“, ergänzt er. Dabei sieht er mich so sexy an, dass meine Knie gleich wieder weich werden.
    Im Nu zieht er mich an sich heran. Mein Herz schlägt höher. Liebevoll fährt er mir durchs Haar. Hoffentlich sind da nicht noch mehr weiße Haare, ist grad mein einziger
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