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Wer braucht schon Zauberfarben?

Wer braucht schon Zauberfarben?

Titel: Wer braucht schon Zauberfarben?
Autoren: Marie Lu Pera
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Plänen, aber nichts davon ist so, wie ich es mir wünschen würde. Ich will das, was ich immer wollte: Ein normales Leben. Es wird Zeit, alles hinter mir zu lassen. Verstehst du, nur so kann ich endlich einmal das tun, was nicht andere für mich vorgesehen haben. Ich will keine Marionette mehr sein, die andere an Fäden halten. Das bedeutet auch, dass ich mich von dir lösen muss. Als ich aufgewacht bin und den Hass in euch gesehen habe, da wurde mir klar, dass ich den Kampf verloren habe. Ihr versteht nicht, was ich euch die ganze Zeit über zeigen will. Versteht nicht, dass es kein schwarz oder weiß gibt. Es gibt nur das, was einem sein Herz sagt. Deshalb habe ich mich endgültig entschieden. Mein Herz sagt mir, dass wir uns nicht mehr sehen können. Bitte geh Beliar um deinetwillen, aber auch um meinetwillen.“ Ich kann ihm nicht mehr in die Augen sehen, also wende ich den Blick ab.
    Scheinbar minutenlang reagiert er nicht, doch dann verlässt er den Raum.
    Ich würde sagen, der Selbstzerstörungstrip geht in die finale Runde. Vielleicht wurde daraus aber auch ein Selbsterhaltungstrip.
     
     

Graugrün
     

    Vier Monate später
     

    „Bis morgen Rose“, ruft mir Lisa – eine Studienkollegin – nach, als ich aus der Universität trete. Ich kann mich immer noch nicht an meinen Namen gewöhnen. Dadurch, dass ich neu anfangen wollte, fand ich, mein erster Vorname passt ganz gut zu diesem neuen Leben. Mittlerweile studiere ich Tanz und Gesang an der Universität in Chicago. Junus und Artis leben zusammen in New York. Ich seh sie nicht so oft, aber das ist okay.
    Ich habe eine winzige Wohnung nahe dem Campus gemietet, in die ich gerade zurück will. Lächelnd winke ich Lisa hinterher und trete die Stufen vor dem Gebäude hinab.
    Es hat zu schneien begonnen. Der Wind ist eiskalt, wirbelt die dicken Schneeflocken immer wieder auf, als würden sie tanzen.
    Fröstelnd ziehe ich den Mantel enger um meinen Körper. Die plötzlich aufkommende Windböe ist so stark, dass sie mir die Haube vom Kopf reißt. Ich kann nur noch dabei zusehen, wie das Teil gen Boden segelt.
    Schlagartig habe ich ein Déjà-vu und befinde mich in meiner Phantasie wieder im Mittelalter vor Beliars Werkstatt. Wie damals streicht mir der Wind über die Wangen, als würde er mich damit liebkosen. Meine schwarzen Locken, die ich mit einem Knoten fixiert hatte, streicheln mir übers Gesicht. Moment mal.
    Als ich die Augen öffne und in die Ferne blicke, trifft mich fast der Schlag. In ein paar hundert Metern Entfernung sehe ich sie zwischen den Bäumen der Allee stehen.
    Vorne weg erkenne ich Beliar, der einen schwarzen, knielangen Mantel mit halboffenem Hemd trägt. Neben ihm stehen sein Vater und seine Mutter, ebenfalls in lange Mäntel gehüllt.
    Schlagartig kommt all die Liebe, die ich immer noch für ihn empfinde, in mir hoch. Und all der Schmerz, der unsere Trennung in mir ausgelöst hat.
    Obwohl ich es nicht will, fluten Tränen meine Augen. Sie laufen mir wie von selbst über die Wangen. Wie angewurzelt stehe ich da, unfähig, mich zu bewegen. Was will er hier? Ich hab ihm doch gesagt, ich will ihn nicht mehr sehen. Wieso hält er sich nicht daran und wieso um alles in der Welt hat er seine Eltern mitgenommen?
    Okay, es ist zu spät so zu tun, als hätte ich sie nicht gesehen, also hebe ich meine Mütze auf und gehe auf sie zu. Mit jedem Schritt verlässt mich mehr und mehr der Mut. Kommen mehr und mehr Gefühle hoch.
    Als ich direkt vor Beliar stehe, weiß ich nicht, was ich sagen soll. Eigentlich brauche ich gerade alle Kraft, um meine Tränen zurückzuhalten. Es kommt alles wieder an die Oberfläche, vor dem ich mich durch meine Flucht hierher bewahren wollte.
    Beliar sieht mich einfach nur an. Das macht mich wütend, also fauche ich ein ungeduldiges: „Willst du mich bloß niederstarren oder sagst du auch mal was?“
    Beliars Vater kommentiert meine Worte mit einem amüsierten Laut. Sein Sohn erklärt: „Du siehst verändert aus.“ Tja, liegt vielleicht an meiner neuen Frisur. Die Mähne ist ab. Sie sind kurz – nämlich extrem kurz und mit Wachs gestylt. Was soll ich sagen, ich hab den Hang zu extremen Handlungen. Ist doch bloß eine Hülle.
    Er muss sich wohl erst daran gewöhnen, dass er jetzt längere Haare hat als ich. Oder er bereut gerade, hergekommen zu sein.
    „Was willst du hier?“ Das hab ich jetzt nicht so patzig gemeint, wie es rübergekommen ist. Obwohl, nein – ich hab es so gemeint.
    „Ich bin hier, um mein
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