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Die Söhne.

Die Söhne.

Titel: Die Söhne.
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Der zweite Band der »Josephus«-Trilogie zeigt Josef Ben
    Matthias, der sich als Schriftsteller nach dem römischen
    Herrscherhause Flavius Josephus nennt, im vollen Glanze
    seines Ruhms. Der ehrgeizige, leidenschaftliche und erfolg
    gewohnte Mann hat viel erreicht: er ist Günstling des Kai
    sers Titus, Mitglied des Zweiten Römischen Adels, seine
    Bildsäule steht unter den Skulpturen der großen Schrift
    steller im Ehrensaal des Friedenstempels; aber gleichzeitig
    findet er die Gegensätze seiner Zeit in sich vereinigt. Er will
    beides sein: Jude und Römer, Israelit und Weltbürger. An
    diesem Ideal zerbricht seine Ehe mit der schönen Ägypterin
    Dorion, und am Schicksal seiner Söhne muß er schmerzhaft
    erfahren, daß die harte, nüchterne römische Realität seinem
    ungestümen Drang nach Geltung und Erfolg Grenzen setzt.

    Lion Feuchtwanger
    Die Söhne

    Roman

    AUFBAU-VERLAG

    Die „Josephus“-Trilogie umfaßt die Romane

    DER JÜDISCHE KRIEG
DIE SÖHNE
DER TAG WIRD KOMMEN

    „Der jüdische Krieg“ erschien erstmalig im Jahre 1932, „Die Söhne“ im Jahre 1935, „Der Tag wird kommen“ in englischer Übersetzung 1942,
    in deutscher Sprache 1945

    5. Auflage 1989
Alle Rechte Aufbau-Verlag Berlin und Weimar
© Marta Feuchtwanger 1962
Einbandgestaltung Heinz Unzner
Karl-Marx-Werk, Graphischer Großbetrieb, Pößneck V 15/3o
Printed in the German Democratic Republic
Lizenznummer 301.120/113/89
Bestellnummer 611362 5
I-III 03150

    Feuchtwanger, Ges. Werke
ISBN 3-351-00623-3
Bd. 2-4
ISBN 3-351-00681-0

    ERSTES BUCH
    Der Schriftsteller

          ls der Schriftsteller Flavius Josephus von seinem Sekretär erfuhr, der Kaiser liege im Sterben, gelang es
          ihm, sein Gesicht ruhig zu halten. Er zwang sich sogar, zu arbeiten wie sonst. Es war freilich gut, daß der Sekretär am Schreibtisch saß, während Josef in seinem Rücken auf und ab ging. Den Anblick des ruhigen, ironisch höflichen Gesichts hätte Josef heute nicht ertragen. Wie immer, er beherrschte sich, hielt durch, erklärte erst nach einer Stunde Arbeit, es sei für heute genug.
      Sowie er aber allein war, erhellten sich seine heftigen, langen Augen, er holte tief Atem, strahlte. Vespasian im Sterben. Sein Kaiser. Hörbar vor sich hin sagte er es, auf aramäisch, mehrmals, voll tiefer Befriedigung: »Jetzt stirbt er, der Kaiser. Jetzt stirbt er, der Messias, der Herr des Erdkreises, mein Kaiser.«
      Ihm war es erlaubt, zu sagen: mein Kaiser. Er war mit ihm verknüpft seit ihrer ersten Begegnung, als er, der gefangene General der aufständischen jüdischen Armee, nach dem Fall seiner letzten Festung verhungert und erschöpft vor diesen Römer Vespasian gebracht wurde. Josefs Lippen verpreßten sich, dachte er an jene Begegnung. Damals hatte er den Mann als den Messias begrüßt, als den künftigen Kaiser. Es war eine peinigende Erinnerung. Hatte damals das Fieber der unsäglichen Entbehrung aus ihm gesprochen? War es nur ein schlaues Manöver gewesen, ihm vom Trieb der Selbsterhaltung eingegeben? Unnütze Grübelei. Die Ereignisse haben ihn bestätigt, Gott hat ihn bestätigt.
      Er sah ihn vor sich, den alten Mann, der jetzt im Sterben lag, den harten, langen Mund in dem mächtigen, kahlen Bauernschädel, die schlauen, jovialen, unerbittlichen Augen. Ist er diesem Kaiser zugetan? Er bemüht sich, gerecht zu sein. Er, der jüdische Feldherr, ist zu den Römern übergegangen, während diese sein Land bekriegten. Er hat immer wieder zwischen Rom und seinen Landsleuten vermittelt trotz der ungeheuren Schmähungen von beiden Seiten. Er hat dann durch sein großes Buch vom jüdischen Krieg sein Teil dazu beigetragen, die Juden der östlichen Reichshälfte zu besänftigen. Und das war nötig; denn die waren nach der Zerstörung der Stadt und des Tempels gefährlich geneigt, gegen die Sieger von neuem loszuschlagen. Hat der Mann, der jetzt starb, ihm diese großen Dienste gelohnt? Er hat ihm ein Ehrenkleid gegeben, ein Jahresgehalt, Landbesitz, den Purpurstreif und den Goldenen Ring des Zweiten Adels, dazu freie Wohnung auf Lebenszeit in dem Haus, das früher er selber bewohnt hatte. Ja, wenn man mit flüchtigem Auge hinsah, dann hat der römische Kaiser Vespasian den jüdischen Staatsmann, General und Schriftsteller Josef Ben Matthias bezahlt, auf den Sesterz genau. Dennoch sind, nun Josef mit dem Sterbenden Abrechnung hält, seine Augen finster, sein hageres, fanatisches Gesicht voll Haß. Er hebt das goldene Schreibzeug, das er,
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