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Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie

Titel: Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie
Autoren: Lauren Oliver
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Kaffee ab. »Jetzt riecht mein Busen den ganzen Tag nach Haselnuss.«
    Â»Typen mögen Essensgeruch«, sage ich. »Das hab ich in der Glamour gelesen.«
    Â»Steck dir einen Keks in die Unterhose und Brownie bespringt dich wahrscheinlich noch vor der ersten Stunde.« Lindsay verstellt den Rückspiegel und untersucht ihr Gesicht.
    Â»Vielleicht solltest du das bei Rob probieren, Sammy.« Elody wirft die kaffeegetränkte Serviette nach mir. Ich fange sie auf und werfe sie zurück.
    Â»Was denn?« Sie lacht. »Du dachtest doch nicht etwa, ich hätte deine große Nacht vergessen, oder?« Sie kramt in ihrer Tasche und das Nächste, was über den Sitz fliegt, ist ein zerknittertes Kondom mit ein paar Tabakkrümeln auf der Verpackung. Lindsay lacht.
    Â»Ihr Ketzerinnen«, sage ich, hebe das Kondom mit spitzen Fingern hoch und lasse es in Lindsays Handschuhfach fallen. Allein es anzufassen, macht mich schon wieder total nervös und ich kann spüren, wie sich mein Magen zusammenzieht. Ich habe nie verstanden, warum Kondome in diesen kleinen Folienverpackungen aufbewahrt werden. Sie sehen darin so klinisch aus, wie etwas, das einem der Arzt gegen Allergie oder Verdauungsprobleme verschreibt.
    Â»Popp nie ohne Präser«, sagt Elody. Sie beugt sich vor und küsst mich auf die Wange, wo sie einen großen Kreis aus rosa Lipgloss hinterlässt.
    Â»Kommt schon.« Ich steige aus dem Auto, bevor sie sehen können, wie ich rot werde.
    Mr Otto, der Sportbeauftragte der Schule, steht vor der Sporthalle, als wir aussteigen, und starrt wahrscheinlich unsere Ärsche an. Elody glaubt, dass er deshalb auf einem Büro direkt neben den Mädchenumkleiden bestanden hat, weil er auf dem Klo eine Kamera installiert hat, die direkt mit seinem Computer verbunden ist. Warum bräuchte er sonst überhaupt einen Computer? Er ist schließlich der Sport beauftragte. Jetzt leide ich jedes Mal unter Verfolgungswahn, wenn ich in der Sporthalle pinkeln gehe.
    Â»Auf geht’s, Mädels«, ruft er uns zu. Er ist auch der Fußballtrainer, was ziemlich ironisch ist, weil er es wahrscheinlich noch nicht malschaffen würde, zum Getränkeautomaten und zurück zu rennen. Er sieht aus wie ein Walross und hat sogar einen Schnurrbart. »Ich will euch nicht wegen Zuspätkommens verwarnen müssen.«
    Â»Ich will euch nicht den Hintern versohlen müssen.« Ich ahme seine Stimme nach, die eigenartig hoch klingt – noch ein Grund, warum Elody glaubt, er sei vielleicht pädophil. Elody und Lindsay prusten los.
    Â»In zwei Minuten läutet’s«, sagt Otto in schärferem Tonfall. Vielleicht hat er mich gehört. Es ist mir eigentlich egal.
    Â»Fröhlichen Freitag«, knurrt Lindsay und hängt sich bei mir ein.
    Elody hat ihr Handy rausgeholt und untersucht ihre Zähne in der spiegelnden Rückseite. Mit einem rosa Fingernagel pult sie ein paar Sesamsamen heraus.
    Â»Voll Scheiße«, sagt sie, ohne aufzublicken.
    Â»Total«, erwidere ich. Freitage sind auf eine Art die schlimmsten Tage: Die Freiheit ist so nah. »Bringt mich am besten sofort um.«
    Â»Kommt nicht in Frage.« Lindsay drückt meinen Arm. »Ich kann doch meine beste Freundin nicht als Jungfrau sterben lassen.«
    Seht ihr, wir hatten keine Ahnung.
    Während der ersten zwei Stunden – Kunst und Amerikanische Geschichte (A-Kurs; Geschichte war immer mein bestes Fach) – bekomme ich nur fünf Rosen. Ich rege mich nicht besonders darüber auf, auch wenn es mich schon wurmt, dass Eileen Cho vier Rosen von ihrem Freund Ian Dowel bekommt. Ich wäre überhaupt nicht auf die Idee gekommen, Rob darum zu bitten, und irgendwie finde ich es auch nicht ganz fair. Dann denken die Leute, man hat mehr Freunde, als man in Wirklichkeit hat.
    In Chemie sagt Mr Tierney, wir würden einen unangekündigten Test schreiben. Das ist übel, da ich erstens in den letzten vier Wochen kein Wort meiner Hausaufgaben verstanden habe (okay, nach der ersten Woche habe ich dann auch aufgehört, es zu versuchen) und Mr Tierney zweitens immer damit droht, die Auswahlgremien der Colleges telefonisch über nicht bestandene Fächer zu informieren, nachdem die meisten von uns bisher keine Unizulassung haben. Ich bin mir nicht sicher, ob er das ernst meint oder ob er nur versucht, den Abschlussjahrgang so bei der Stange zu halten, aber ich werde auf keinen Fall zulassen,
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