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Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie

Titel: Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie
Autoren: Lauren Oliver
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Bett, find ich das prima. Es sollte offensichtlich ein Witz sein, aber trotzdem. Lila und prima reimen sich ja noch nicht mal.
    Ich glaube, dass das jetzt alle meine Valogramme sind, aber dann kommt der Engel an meinen Tisch und gibt mir noch eins. Es gibt Rosen in allen möglichen Farben und diese hier ist wirklich ungewöhnlich: Ihre Blütenblätter sind cremefarben und rosa meliert, als wäre sie aus Eiscreme.
    Â»Die ist ja schön«, haucht der Engel.
    Ich blicke auf. Das Mädchen steht einfach da und starrt die Rose an, die auf meinem Tisch liegt. Es ist ziemlich unverfroren für eine Schülerin aus den unteren Klassen, eine Zwölftklässlerin anzusprechen, und einen Augenblick lang ärgere ich mich darüber. Sie sieht auch nicht wie die übliche Liebesbotin aus. Ihre Haare sind so hellblond, dass sie fast weiß wirken, und ich kann einzelne Adern durch ihre Haut schimmern sehen. Sie erinnert mich an jemanden, aber ich weiß nicht, an wen.
    Als sie merkt, dass ich sie mustere, lächelt sie mir kurz verlegen zu. Zum Glück bekommt sie ein bisschen Farbe ins Gesicht – so sieht sie wenigstens lebendig aus.
    Â»Marian.«
    Sie dreht sich um, als das Teufelsmädchen sie ruft. Die Teufelin macht eine ungeduldige Handbewegung mit den Rosen, die sie immer noch trägt, und der Engel – Marian – gesellt sich schnell zu den anderen Liebesbotinnen. Sie verlassen alle drei den Raum.
    Ich streiche mit dem Finger über die Rosenblätter – sie sind ganz weich, wie ein Luft- oder Atemhauch – und komme mir dann sofort blöd vor. Ich klappe das Kärtchen auf in Erwartung einer Nachricht von Ally oder Lindsay (ihre lauten immer: Für Dich lebe und sterbe ich, du alte Schlampe ), aber stattdessen sehe ich eine Karikatur eines fetten Amor, der aus Versehen einen Vogel von einem Baum schießt. Auf dem Vogel steht Amerikanischer Weißkopfseeadler und es sieht so aus, als würde er direkt einem Paar auf den Kopf fallen, das auf einer Bank sitzt – vermutlich Amors eigentliches Ziel. Amors Augen sind Spiralen und er grinst dämlich.
    Unter der Karikatur steht: Kein Alkohol beim Liebesspiel.
    Das ist ganz offensichtlich von Kent McFuller – er zeichnet Karikaturen für den Kummer , das Satiremagazin der Schule – und ich blicke auf und schaue in seine Richtung. Er sitzt immer in der Ecke hinten links im Raum. Das ist eins der Dinge, die seltsam an ihm sind, aber ganz bestimmt nicht das Einzige. Und klar, er beobachtet mich. Er lächelt kurz und winkt, dann bewegt er seine Arme, als würde er einen Bogen spannen und einen Pfeil auf mich abschießen. Ich mache absichtlich ein unfreundliches Gesicht, nehme seine Nachricht, falte sie schnell zusammen und schleudere sie heftig in meine Tasche. Das scheint ihm allerdings nichts auszumachen. Ich kann geradezu spüren, wie sein Lächeln auf meiner Haut brennt.
    Mr Daimler geht durch die Reihen und sammelt die Hausaufgaben ein. Vor meinem Tisch bleibt er stehen. Ich muss zugeben: Seinetwegen bin ich so aufgeregt darüber, dass ich in Mathe vier Valogrammebekommen habe. Mr Daimler ist erst fünfundzwanzig und sieht super aus. Er ist Hilfstrainer der Fußballmannschaft und es ist ziemlich witzig, ihn neben Otto stehen zu sehen. Sie sind körperlich das absolute Gegenteil. Mr Daimler ist über 1,80 m groß, immer sonnengebräunt und kleidet sich so wie wir, mit Jeans, Fleecejacke und New-Balance-Turnschuhen. Er war selbst auf der Thomas-Jefferson-Highschool. Wir haben ihn mal in einem der alten Jahrbücher in der Bibliothek nachgeschlagen. Er war zum König des Abschlussballs gewählt worden und auf einem Bild trägt er einen Smoking und hat lächelnd den Arm um seine Abschlussballpartnerin gelegt. Man kann gerade so eine Hanfkette aus seinem Hemdkragen hervorblitzen sehen. Ich finde dieses Foto genial. Aber wisst ihr, was ich noch genialer finde? Er trägt diese Hanfkette immer noch.
    Ironie des Schicksals, dass der heißeste Typ der Schule einer der Lehrer ist.
    Wie üblich macht mein Herz einen kleinen Satz, als er lächelt. Er fährt sich mit der Hand durch seine zerwuschelten braunen Haare und ich stelle mir vor, dass ich das mache.
    Â»Schon neun Rosen?« Er zieht die Augenbrauen hoch und guckt übertrieben auffällig auf die Uhr. »Und dabei ist es erst Viertel nach elf. Gratuliere.«
    Â»Was soll ich sagen?« Ich
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