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Geheimcode Schreckenstein

Geheimcode Schreckenstein

Titel: Geheimcode Schreckenstein
Autoren: Oliver Hassencamp
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Die Schaltuhr
     
    „Das gibt es nicht, daß ich zweimal übergetreten sein soll!“ klagte Weitspringer Andi auf der Rückfahrt vom alljährlichen Sportfest in Neustadt.
    „Und Ottokar sogar dreimal!“ pflichtete ihm Beni bei. „Seine drei besten Sprünge!“
    Murren mischte sich unter das Motorengeräusch. „Wollt ihr meine Entscheidungen etwa anzweifeln?“ ereiferte sich Herr Schaja, der neue Lehrer. „Ich finde das ausgesprochen unritterlich. Das paßt überhaupt nicht zu dem, was ich über Schreckenstein und die Burgbewohner gehört habe.“
    „Ich hab’s aber genau gesehn, wie…“ Weiter kam Musterschüler Strehlau nicht. Ein Rippenstoß von Kraftgebirge Dampfwalze verschlug ihm die Sprache.
    „Nicht verdächtigen!“ flüsterte der Muskelprotz. „Du weißt, was der Rex gesagt hat!“
    Die Stimmung im Autobus war aufs äußerste gereizt. Der Sieg gegen die Leichtathleten der Ebert- und der Franz-Joseph-Schule war den Schreckensteinern schon so gut wie sicher gewesen. Allein durch die rätselhaften Übertritte beim Weitsprung hatten sie dann doch noch verloren.
    Die Sache war deshalb besonders ärgerlich, weil die Schreckensteiner früher ebenfalls Schüler der Franz-Joseph-Schule gewesen waren. Dann war es dort jedoch so eng geworden, daß ein Teil der Schule auf die Burg umgesiedelt werden mußte. Im Laufe der Zeit beäugten sich die ehemaligen Schulkameraden immer kritischer. Schließlich behaupteten die Franz-Joseph-Schüler, mit den Schreckensteinern könne man nicht mehr reden, die seien viel zu hochnäsig.
    Das Vorurteil enthielt ein Körnchen Wahrheit: Die Jungen, die nicht mehr bei ihren Eltern in Neustadt, sondern oben auf dem Schreckenstein lebten, hatten sich gründlich verändert. Sie eiferten den ehemaligen Burgbewohnern nach, nannten sich selbst „Ritter“ und waren ganz einfach stolz auf ihre Schule und ihre Gemeinschaft.
    Auf die „Ritter“ bezog sich auch die giftige Bemerkung von Lehrer Schaja. Der blonde Milchbart unterrichtete sonst an der Ebert-Schule. Er vertrat Gießkanne, den Schreckensteiner Kunsterzieher, der nach einer schweren Operation für das ganze Trimester ausfiel.
    Die Entscheidungen von Herrn Schaja, dem Schiedsrichter beim Weitsprung, hatten allgemein Befremden ausgelöst. Mancher neutrale Zuschauer fand sie zumindest merkwürdig. Einige Mädchen von Schloß Rosenfels, dem Internat am gegenüberliegenden Ufer des Kappellsees, hatten laut Schiebung gerufen.
    Die Rosenfelserinnen, den Schreckensteinern durch viele Streiche verbunden und von ihnen kameradschaftlichbarsch Gänse oder Hühner genannt, hatten damit einen Verdacht ausgesprochen, der Lehrer Schajas gereizte Reaktion verständlich machte. Die Mannschaft der Ebert-Schule hatte ihren Sieg allein ihrem Ex-Lehrer zu verdanken. Weil der die fünf besten Sprünge der Schreckensteiner für ungültig erklärt hatte.
    Die Ritter waren beherrscht geblieben. Sie hatten die Köpfe geschüttelt, aber nicht gemeckert und auch keinen offiziellen Protest eingelegt. Für sie galt der Grundsatz des Sportlers, daß man sich einer schiedsrichterlichen Entscheidung zu fügen hat, ganz gleich, ob man sie für richtig oder für ungerecht hält.
    Auch bei der Siegerehrung waren sie nicht durch Äußerungen oder Gesten des Unmuts aufgefallen. Ernst zwar, doch gefaßt, hatten sie allen Konkurrenten die Hand geschüttelt und sich mit Schlachtruf von den Zuschauern verabschiedet.
    Erst im Autobus, als sie unter sich zu sein glaubten, hatte sich die Spannung gelöst. Zu viele teilten die Überzeugung, daß Ottokar und Andi überhaupt nicht oder schlechtestenfalls nur je einmal übergetreten waren, und das hätte zum Sieg gereicht.
    Computergehirn Strehlau, Weitenmesser bei allen Wurf- und Sprungdisziplinen, hatte sich bei Ottokars Rekordsprung nur einen Meter neben den Absprungbalken gekniet, um ihn mit seiner Größe nicht zu irritieren und die Schuhspitze beim Absprung etwa drei Finger breit vor der Kante gesehen. Doch er wollte die Fehlentscheidung nicht beim Namen nennen. Sie waren nicht unter sich.
     
    Was immer die Ritter seit Trimesterbeginn auch taten, ob sie im Gemüsegarten arbeiteten, mit Reparaturen an der Burg beschäftigt waren, nach der Teepause ihre Schularbeiten machten, ob die Horror-Rock-Band abends übte oder die Redaktion der Schulzeitung Wappenschild an der nächsten Ausgabe arbeitete, immer tauchte Lehrer Schaja plötzlich auf.
    „Ich hoffe, ihr habt nichts dagegen, wenn ich mich kurz einschalte“, sagte
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