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Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie

Titel: Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie
Autoren: Lauren Oliver
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genauso gut aus wie Lindsay, aber soweit ich weiß, hatte Becky in der Elften noch nicht mal eine Verabredung für den Jahresball. Ally hat ziemlich große Brüste, aber meine sind beinahe inexistent (wenn Lindsay schlecht gelaunt ist, nennt sie mich Samuel statt Sam oder Samantha). Und es ist auch nicht so, als wären wir absolut perfekt oder als würde unser Atem immer nach Flieder riechen oder so. Lindsay hat sich in der Schulmensa mal einen Rülpswettbewerb mit Jonah Sasnoff geliefert und alle haben ihr applaudiert. Elody kommt manchmal mit flauschigen gelben Hausschuhen in die Schule. Ich musste in Sozialkunde mal so lachen, dass ich Caffè Latte mit Vanillegeschmack über Jake Somers’ Tisch gespuckt habe. Einen Monat später haben wir in Lily Anglers Geräteschuppen rumgeknutscht. (Er war mies.)
    Entscheidend ist, dass wir solche Sachen machen können. Und wisst ihr, warum? Weil wir beliebt und angesagt sind. Und wir sind angesagt, weil wir mit allem durchkommen. Es bedingt sich also gegenseitig.
    Ich will damit sagen, dass es sinnlos ist, das zu analysieren. Wennman einen Kreis zeichnet, wird es immer ein Innen und ein Außen geben, und man muss schon ein Vollidiot sein, um nicht zu erkennen, was was ist. So läuft das eben.
    Ich will aber nicht lügen. Es ist schön, dass uns alles so leicht gemacht wird. Es ist ein gutes Gefühl zu wissen, dass man im Grunde tun kann, was man will, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen. Wenn wir mit der Schule fertig sind, werden wir zurückblicken und feststellen, dass wir alles richtig gemacht haben, dass wir die süßesten Jungs geküsst haben, auf den besten Partys gewesen sind, uns gerade die richtige Menge Ärger eingehandelt haben, unsere Musik zu laut gehört, zu viele Zigaretten geraucht, zu viel getrunken, zu viel gelacht und zu wenig zugehört haben oder auch gar nicht. Wenn die Schule eine Pokerpartie wäre, hätten Lindsay, Ally, Elody und ich achtzig Prozent der Karten.
    Und glaubt mir: Ich weiß , was es bedeutet, auf der anderen Seite zu stehen. Dort war ich nämlich die erste Hälfte meines Lebens über. Ganz unten, am allertiefsten Punkt. Ich weiß, was es bedeutet, um die Reste zanken, kämpfen und streiten zu müssen.
    Jetzt habe ich bei allem die erste Wahl. Na und? So ist es eben.
    Wer hat behauptet, dass das Leben gerecht ist?
    Genau zehn Minuten bevor es läutet, fahren wir auf den Parkplatz. Lindsay hält auf die untere Parkebene zu, wo die Lehrerparkplätze sind, und verscheucht dabei eine Gruppe Zehntklässlerinnen. Ich kann rote und weiße Spitzenkleider unter ihren Mänteln hervorblitzen sehen und eine von ihnen trägt ein Diadem. Das sind bestimmt Liebesboten.
    Â»Komm schon, komm schon, komm schon«, murmelt Lindsay, als wir hinter die Sporthalle fahren. Das ist die einzige Reihe auf der unteren Parkebene, die nicht für Lehrer reserviert ist. Wir nennen sieZwölftklässlergasse, obwohl Lindsay hier schon seit der Elften parkt. Es sind die VIP-Parkplätze der Schule. Wenn man hier keinen Platz ergattert – es gibt nur zwanzig –, muss man ganz hinten auf der oberen Parkebene parken, die ganze 354 Meter vom Haupteingang entfernt ist. Wir haben es mal nachgemessen und wenn jetzt die Sprache darauf kommt, müssen wir immer die genaue Entfernung nennen. Zum Beispiel: »Willst du bei diesem Regen wirklich 354 Meter laufen?«
    Lindsay quiekt, als sie einen freien Parkplatz entdeckt, und fährt langsamer. Zur selben Zeit hält Sarah Grundel, die in ihrem braunen Chevrolet aus der anderen Richtung kommt, vor der Parklücke.
    Â»Heilige Scheiße, nein. Kommt nicht in Frage.« Lindsay drückt auf die Hupe, obwohl es offensichtlich ist, dass Sarah vor uns da war, dann gibt sie Gas. Elody kreischt auf, als ihr heißer Kaffee über das ganze T-Shirt schwappt. Man hört das durchdringende Quietschen von Gummi auf dem Asphalt und Sarah Grundel tritt gerade noch rechtzeitig auf die Bremse, bevor Lindsays Range Rover ihr die Stoßstange abreißt.
    Â»Schön.« Lindsay fährt in die Parklücke und schaltet in Parkstellung. Dann öffnet sie die Fahrertür und beugt sich hinaus. »Tut mir leid, Liebes!«, ruft sie Sarah zu. »Ich hab dich gar nicht gesehen.« Was eindeutig gelogen ist.
    Â»Großartig.« Elody tupft sich mit einer zusammengeknüllten Dunkin’ Donuts -Serviette den
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