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TS 09: Kinder des Weltalls

TS 09: Kinder des Weltalls

Titel: TS 09: Kinder des Weltalls
Autoren: E.C. Tubb
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Kapitel 1
     
    Jay West, Offizier der Hirn-Polizei, traf gerade noch recht zeitig im Stabsquartier ein, um Zeuge eines Prozesses zu werden, der vor den Gerichtshof des Weltraumschiffs gebracht worden war. Wie gewöhnlich versah Gregson, sein Chef, das Amt des Richters. Abgesehen von Kennedy und dem Nachrichtenmann, war das Büro leer. Jay grinste den Telephonisten an, gab seinem Kollegen leise einen Rippenstoß, damit er ihm auf der Bank Platz machen sollte, und wies mit dem Kopf nach der einschichtigen Glasscheibe, die sie vom Verhandlungszimmer trennte.
    „Was läuft da ab?“
    „Eine Anklage wegen Vergeudung.“ Kennedy nahm sei nen Blick erst gar nicht von der Szene. „Sektor Vier. Kennst du ihn?“
    „Nein.“ Jay betrachtete den Angeklagten, einen Gärtner, nach seinen grünen Shorts zu urteilen, noch im heiratsfähigen Alter und mit seinen dünnen Gliedmaßen und seiner zarten Haut ein Mann, der die meiste Zeit seines Lebens in den oberen Decks mit ihrer geringeren Schwerkraft verbracht hatte. Er war nervös, seine Augen weit aufgerissen, starrte er auf die spartanische Ausstattung des Verhandlungszimmers. Als Jay ihn so betrachtete, wurde er unwillkürlich an ein Tier erinnert, an eines jener kleinen, braunen, hilflosen Tiere der fernen Mutter Erde. Ein Hirsch vielleicht? Oder war es ein Kaninchen? Er konnte sich nicht erinnern, und dann vergaß er das Problem, als Gregson sich in seinem Stuhl aufrichtete.
    Der Chef der Hirn-Polizei war ein großer, massiger Mann mit schwarzen Augen, die zu der glänzenden Glätte seiner Uniform paßten. Wenigstens doppelt so alt wie der Angeklagte, beherrschte er den Raum allein durch die Wucht seiner Persönlichkeit; und als er sich etwas über seinen breiten Schreibtisch vorbeugte, wurde Jay an ein anderes Tier erinnert. Ein Tiger – oder war es eine Katze? Er runzelte die Stirn, als er sich genau zu erinnern versuchte, wann und auf welchen Bildstreifen er jene Geschöpfe gesehen hatte, und machte sich in Gedanken die Anmerkung, in Zukunft den Schulungsfilmen mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Er beugte sich vor, als Gregsons Stimme über den Lautsprecher kam.
    „Goodwin“, stieß Gregson mit kalter Stimme hervor. „15 – 3479. Anklage wegen verbrecherischer Vergeudung. Wer klagt an?“
    „Ich, Sir.“ Ein alter Mann, auch ein Gärtner, schlurfte nach vorn, einen großen Plastikbeutel in den Händen. „Mein Name ist Johnson, Sir. 14 – 4562. Ich bin Obergärtner im Sektor Vier. Ich schnappte den jungen Goodwin dabei, wie er Pflanzenabfälle in die Ableitungsrinne für anorganische Abfälle warf. Ich würde das niemals von ihm geglaubt haben, wenn ich es nicht mit meinen eigenen Augen gesehen hätte. Ich habe an ihn immer wie an einen eigenen Sohn gedacht. Ich …“
    „Bleibe bei der Sache“, stieß Gregson ungeduldig hervor. „Was geschah?“
    „Das erzählte ich Ihnen ja gerade, Sir. Wir werfen immer alle Pflanzenabfälle zur Weiterverarbeitung in den Kanal für organische Abfälle. Goodwin hier warf sie in den falschen Kanal. Wenn ich nicht gesehen hätte, was er tat, dann wären sie verbrannt worden, und wir hätten bis auf den Wassergehalt alles verloren.“ Er warf einen Blick auf Carter, den anderen Anwesenden im Verhandlungszimmer. „Ich erstattete dem Offizier Meldung, Sir, und erhob meine Beschuldigung.“
    „Ich nahm den Angeklagten in Haft und brachte beide hierher“, sagte Carter unnötigerweise.
    Gregson nickte. „Verteidigung?“
    „Ich habe es nicht getan.“ Der junge Mann leckte sich mit ängstlichem Trotz seine Lippen, als er von Gregson auf seinen Ankläger starrte.
    Gregson sah den Offizier an. „Beweis?“
    „Hier, Sir.“ Carter nahm Johnson den Beutel aus den Händen, trat vor und leerte ihn auf den Tisch aus. Ungefähr ein halbes Kilogramm braunrändiger Blätter und trockener Stiele bildeten einen kleinen Haufen auf der glatten Oberfläche. Er trat zurück, als Gregson das verwelkte Laub betrachtete.
    „Du hast das ganze Zeug gefunden?“
    „Jawohl.“
    „In der Rinne für anorganische Abfälle?“
    „Jawohl.“
    „Ich verstehe.“ Gregson lehnte sich in seinem Stuhl zu rück, die Spitze einer seiner Finger rührte mechanisch in dem Häufchen Blätter. Er sprach kein Wort, und abgesehen von dem leisen Rascheln der Blätter und dem weichen, fast unmerklichen Vibrieren der metallenen Wände und Fußböden, so weich und vertraut, daß es kaum noch bemerkt wurde, erfüllte Schweigen das
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