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Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946

Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946

Titel: Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
Autoren: Unknown
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1928
Helene Jentzsch an Leni Jentzsch
 
     
    Drei Briefe an Leni, als diese mit 15 Jahren einige Zeit im Landheim der Höheren Schule für Frauenberufe in Heidelberg bei Seiffen im Erzgebirge war
     
    Leipzig, den 7.11.28
    Mein liebes Lenchen!
    Es ist bereits ½ 10 Uhr durch, doch will ich Dir noch ein paar liebe Zeilen schreiben. Papa ist im Klausner, Erika in der Tanzstunde. Ich habe sie heute einmal allein gehen lassen, denn ich habe nicht Zeit und Lisa habe ich jetzt zum Schwitzen eingepackt. Sie war heute beim Arzt und hat sich gesund schreiben lassen, obwohl sie doch noch im Bett liegt. Ich habe schon gezankt, wenn ich mit zum Arzt gegangen wäre, wäre es nicht passiert, aber sie mußte allein gehen. Ich habe im Waschhaus die Wringmaschine gedreht und ist unsere Wäsche fix und fertig zum Aufhängen. Morgen Donnerstag früh wird aufgehangen und das Waschhaus rein gemacht. Gestern Abend haben wir frischen Wein aufgesetzt von Weinbeeren, sonst hätte ich Dir schon gestern Abend geschrieben, war aber todmüde und heute früh zeitig heraus, denn ½ 7 Uhr kam schon meine Waschfrau. Am 18. November hat Hünigs Erna Verlobung. Also Dir gefällt es gut. Es ist aber auch schön dort und wollen wir nur den Daumen halten, daß das Wetter auch schön trocken bleibt. Hast Du Dir denn ein hübsches Schlafeckchen ausgesucht und eine holde Nachbarin dazu? Iß nur tüchtig und sei nicht töricht, daß Du denkst zu dick zu werden, sonst wirst Du auch so schlapp wie Lisa. Am Montag früh ist der Zeppelin nach Berlin gefahren und am Dienstag auf seiner Rückreise hat er über Leipzig fliegen wollen. Hat uns aber wieder mal schwer enttäuscht. Von früh 6 Uhr ging das Radio, schöne Schallplattenmusik. Endlich war Zeppelin in Halle. Nun hieß es, in zehn Minuten ist er da. Früh ½ 8 Uhr strömten Leute schon nach dem Augustusplatz und Markt. Alles war schwarz. Die Schülerinnen der Frauenberufsschule spazierten stundenlang herum. Papa war auch runtergegangen, Lisa und ich guckten am Fenster. Ich hatte extra wegen Lisa Feuer gemacht. Erich und der Gehilfe guckten auch und wer nicht kam, war mein Zeppelin. Er ist an Leipzig vorbei geflogen. Eine große Frechheit, was? Da wird sich mancher den Schnupfen wieder geholt haben, denn es ist frühmorgens immer sehr kalt. Heute waren die Dächer weiß. Na, in Heidelberg ist es noch kälter. Ich will nun Deinen Brief noch zur Post tragen und dann gehe ich auch schlafen. Nun gute Nacht, mein teures Lieb. Papa, Lisa und Erika lassen Dich schön grüßen. Erika wollte Dir heute Abend auch schreiben. Sie ist aber noch nicht eingetrieben. Wahrscheinlich ist sie einmal gucken gegangen nach dem Panorama zum Klassenabend ihrer früheren Schülerinnen.
    So nun recht herzlichen Gruß und Kuß
    von Deinem Mütterchen
     
    Leipzig, den 12. November 1928
    Liebe Leni!
    Meinen und Erikas Brief hast Du wohl inzwischen erhalten, nun will ich Dir noch ein paar Worte mit Deiner lieben Schreibmaschine schreiben. Morgen hat nun Erika Geburtstag. Da wird wohl ein liebes Briefchen von Dir ins Haus geflattert kommen. Ich habe ihr ein Paar schöne Schuhe gekauft, von Papa bekommt sie nun noch ein Kleid. Lisa schenkt ihr ein Paar Handschuhe.
    Am Sonnabend waren wir in der Tanzstunde, Lisa war auch mit, es war recht hübsch. ½ 12 Uhr war erst Schluß. Der Papa lag schon längst in den Federn, als wir heimkamen. Am Sonntag habe ich Wäsche gelegt und am Abend waren Papa und ich bei Schatzens Doppelkopf spielen. Heute geht es zu Lommatzschens in den Club, da wird feste Geburtstag gefeiert. Morgen feiert Erika ein klein wenig. Freitag ist dann wieder Tanzstunde, na, und Sonntag das große Fest. Lisa wird wohl auch nicht mitgehen können, sie ist noch nicht gesund geschrieben vom Arzt. Sie war heute im Geschäft, der Chef hat sie aber wieder nach Hause geschickt. Jetzt ist sie mit Papa einen Pelzkragen holen für ihren Wintermantel. Ich warte schon mit Schmerzen, bis sie wiederkommen, will nämlich noch einholen gehen. Morgen früh um 9 Uhr will ich rollen, Mittwoch zur Schneiderin mein Kleid ändern lassen. Freitag kann ich mir auch nicht viel vornehmen und die Woche wird schnell rum sein und Du bist wieder da. Hoffentlich meint es der Wettergott diese Woche mit Euch noch recht gnädig. Der Vater hat sich recht gefreut, daß Du ihm eine Karte geschrieben hast. Vergiß das Nadelnäpfchen für Frau Lommatzsch nicht. Wie steht es mit Deinem Geld, reichst Du aus oder brauchst Du noch etwas. Die alte Mutter Kluge ist
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