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Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie

Titel: Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie
Autoren: Lauren Oliver
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könnte diejenige sein, die sich mir in den Weg stellt; und ich könnte versuchen, um sie herum in die Dunkelheit zu huschen.
    Â»Du …«, hebt sie an, aber ich kann nicht hören, was sie sagen will. In diesem Augenblick ruft jemand von der Treppe her »Sam!«, und als ich mich umdrehe und Kent entdecke, flitzt Juliet an mir vorbei.
    Â»Juliet!« Ich fahre herum, aber nicht schnell genug. Die Menge hat sie verschluckt, die Lücke, durch die sie zur Tür entkommen konnte, schließt sich genauso schnell, wie sie sich geöffnet hat, ein veränderliches Tetris-Muster aus Körpern, und jetzt stoße ich gegen Rücken und Hände und riesige Ledertaschen.
    Â»Sam!«
    Jetzt nicht, Kent. Ich versuche mich zur Tür durchzukämpfen und werde alle paar Schritte wieder zurückgedrängt, weil Leute mit Bechern in der Hand, die wieder gefüllt werden wollen, unaufhörlich auf die Küche zuströmen. Als ich die Tür beinahe erreicht habe, lockert die Menge auf und ich stürme vorwärts. Aber da spüre ich eine warme Hand auf meinem Rücken und Kent dreht mich zu sich um, und obwohl ich Juliet einholen muss und obwohl wir mitten zwischen einer Milliarde Leute stehen, denke ich daran, wie schön es wäre, mit ihm zu tanzen. Richtig tanzen, sich nicht einfach nur aneinander reiben, wie es die meisten beim Schulball tun – tanzen, wie man es früher gemacht hat, mit meinen Händen auf seinen Schultern und seinen Armen um meine Taille.
    Â»Ich hab dich gesucht.« Er ist außer Atem und seine Haare noch strubbeliger als sonst. »Warum bist du vorhin einfach abgehauen?«
    Er sieht so verwirrt und besorgt aus, dass mein Herz einen Purzelbaum schlägt.
    Â»Ich hab jetzt eigentlich keine Zeit, darüber zu reden«, sage ich so sanft wie möglich. »Ich komm später zu dir, okay?« Das ist die einfachste Lösung. Es ist die einzige Lösung.
    Â»Nein.« Er klingt so entschieden, dass er mich einen Moment aus dem Konzept bringt.
    Â»Wie bitte?«
    Â»Ich hab Nein gesagt.« Er steht vor mir und versperrt mir den Weg zur Tür. »Ich will mit dir reden. Ich will jetzt mit dir reden.«
    Â»Ich kann nicht …«, hebe ich an, aber er unterbricht mich.
    Â»Du kannst nicht schon wieder weglaufen.« Er streckt den Arm aus und legt ihn mir sanft auf die Schulter, aber seine Berührung jagt einen Strom aus Wärme und Energie durch meinen Körper. »Verstehst du? Du kannst das nicht dauernd machen.«
    Wie er mich ansieht, macht mich ganz schwach. Neue Tränen kündigen sich an. »Ich wollte dich nicht verletzen«, krächze ich.
    Er lässt meine Schultern los und fährt sich mit den Händen durch die Haare. Er sieht aus, als wollte er schreien. »Jahrelang tust du so, als wäre ich unsichtbar, dann schickst du mir diese wunderbare kleine Nachricht, dann hole ich dich ab und du küsst mich …«
    Â»Ich glaube eigentlich, dass du mich geküsst hast.«
    Er lässt sich nicht ablenken. »… du haust mich völlig um und zerfetzt mein bisheriges Leben und alles andere und dann fängst du wieder an mich zu ignorieren.«
    Â»Ich hab dich umgehauen?«, quietsche ich, bevor ich mich zurückhalten kann.
    Er starrt mich durchdringend an. »Du hast alles umgehauen.«
    Â»Hör zu, Kent.« Ich sehe auf meine Handflächen hinab, die sich danach sehnen, ausgestreckt zu werden und ihn zu berühren, seine Haare zurückzustreichen und hinter sein Ohr zu stecken. »Ich wollte all das, was im Auto passiert ist. Ich wollte dich küssen, meine ich.«
    Â»Ich dachte, ich hätte dich geküsst.« Kents Stimme klingt gleichmäßig und ich bin mir nicht sicher, ob er das witzig meint oder nicht.
    Â»Ja, also, ich wollte deinen Kuss erwidern.« Ich versuche, den Kloß in meinem Hals runterzuschlucken. »Mehr kann ich dir im Moment nicht sagen. Ich wollte es. Mehr als ich irgendetwas anderes in meinem Leben wollte.«
    Ich bin froh, dass ich meine Schuhe anstarre, denn in diesem Augenblick kullern mir die Tränen aus den Augen und über die Wangen. Ich wische sie schnell mit dem Handrücken weg und tue so, als würde ich mir die Augen reiben.
    Â»Und was ist mit der anderen Sache, die du im Auto gesagt hast?« Kent klingt wenigstens nicht sauer, trotzdem traue ich mich nicht ihn anzusehen. Seine Stimme klingt jetzt sanfter. »Du hast
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