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Weltraumpartisanen 10: Aktenzeichen: Illegal

Weltraumpartisanen 10: Aktenzeichen: Illegal

Titel: Weltraumpartisanen 10: Aktenzeichen: Illegal
Autoren: Mark Brandis
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gewiß noch mehr zu leiden; ich wußte, daß sie auf einen gütlichen Zuspruch wartete, doch ich war nicht in der Lage, auch nur eine Silbe über die Lippen zu bringen.
    Einige Minuten später mußte ich mir eingestehen, daß ich Ko Ai unterschätzt hatte.
    „Mark! Sehen Sie doch!“
    In der kleinen, zierlichen, zerbrechlich anmutenden Person steckte ein stählernes Rückgrat.
    Vor dem salzverkrusteten Glas des Cockpits war - eingehüllt in huschende Nebelschwaden - der berüchtigte Felsen mit seinen hochaufragenden Bauten und Antennenmasten in Sicht gekommen.
    Ein letztes Mal berichtigte ich den Kurs. Vor dem Scout lag nun der schäumende Kranz der Brandung.
    Und in eben diesem Augenblick gab der Elektronenrechner vollends seinen Geist auf. Der Scout neigte sich abwärts. Der Aufprall war fürchterlich. Es hörte und fühlte sich an, als bräche unter unseren Füßen der Boden auf. Irgendwo hinter meinem Rücken klirrte Glas. Der Scout segelte aufwärts.
    Daß ich in eben diesem kritischen Augenblick nicht, wie ich es bislang stets getan hatte, mit der Fahrt herabging, sondern die Geschwindigkeit vielmehr erhöhte -: das war eher ein Akt der Verzweiflung als das Ergebnis nüchterner Überlegung und sachlicher Kalkulation.
    Der plötzliche Schub tat seine Wirkung. Der Scout schoß auf den nächsten Wellenkamm zu, streifte ihn, segelte erneut aufwärts - und während ich den Fahrtgeber auf Äußerste Kraft zurück riß, setzte er oben auf dem Felsen auf, prallte erneut ab, drehte sich wie ein tollgewordener Diskus um sich selbst und schlug krachend gegen einen der Antennenmasten. Eine Sekunde lang, die eine Ewigkeit zu währen schien, glaubte ich taub und bewußtlos zu werden von der Wucht des Zusammenstoßes und von den kreischenden und klirrenden Geräuschen, die vom Bersten des Rumpfes und Zerplatzen des Cockpits herrührten.
    Auf einmal war es nahezu still. Nur noch das Heulen und Winseln des Sturmes war zu hören, der über das zerstörte Cockpit fegte.
    Ich löste mich aus den Gurten.
    „Ko Ai - können Sie mich hören?“
    „Ich bin ganz in Ordnung, Mark!“
    „Ich wollte, ich hätte Ihnen das ersparen können.“
    „Ich bin hart im Nehmen.“
    „Desto besser. Wir haben noch viel zu tun.“
    Ko Ais Gurtverschluß hatte sich verklemmt. Ich half ihr, ihn zu lösen. Sie war blaß, was kein Wunder war, aber sonst sehr ruhig und gefaßt.
    „Werden Sie’s schaffen?“
    „Es muß ja sein, Mark.“
    „Dann los!“
    Wir sprangen an Land. Der Scout war nur noch ein Wrack. Erstaunlicherweise mußte ich plötzlich an die Buchhaltung der VEGA denken. Ein Totalverlust kam auf sie zu; im Geist sah ich die langen, säuerlichen, betroffenen Gesichter der Bürohengste.
    „Wir haben viel Glück gehabt, Mark.“
    Ko Ais Stimme riß mich vollends aus meiner Benommenheit.
    „Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen.“
    Ich überzeugte mich davon, daß ich Captain Romens Waffe nicht verloren hatte, dann faßte ich Ko Ai bei der Hand, und wir rannten los. Bis zum Studioeingang waren es knapp hundert Schritt. Dort war man auf uns bereits aufmerksam geworden. Vor dem Eingang drängten sich mehrere uniformierte Pförtner mit den Abzeichen der Stella-TV.
    Bis zu diesem Punkt hatte ich einigermaßen zu planen vermocht. Ich hatte ein Fahrzeug unter den Händen gehabt und ein Ziel vor Augen. All das war für mich nichts Außergewöhnliches. Die Entscheidungen, die es dabei zu fällen gab, unterschieden sich kaum von denen, wie sie zur Bordroutine eines unter den Sternen fliegenden Schiffes gehören. Aber dieser Schritt war getan - und der nächste und zugleich letzte erforderte von mir eine andere Art von Entscheidung. All die teils vergessenen, teils verdrängten Instinkte aus der unseligen Zeit des Bürgerkrieges mußten wieder zum Leben erweckt werden. Kein Zögern, keinerlei Unsicherheit durften mir anzumerken sein. Auf diesen letzten Schritt mußte ich entweder verzichten - oder aber ich mußte Manns genug sein, mich, falls er fehlschlug, mit seinen Konsequenzen abzufinden.
    „Augenblick!“
    Die verunsicherten Pförtner stellten sich vor den Eingang.
    „Aus dem Weg!“ herrschte ich sie an.
    Ich faßte Ko Ais Hand fester. Mit der anderen Hand stieß ich einen der Pförtner zur Seite. Die hohe gläserne Tür fuhr auseinander. Ko Ai und ich rannten in die Halle.
    Dort gab es weder Kälte noch Sturm. Es war, als beträte man eine andere, nahezu unwirkliche Welt. Der hohe, riesige Raum war offenbar dazu bestimmt, den
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