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Weltraumpartisanen 10: Aktenzeichen: Illegal

Weltraumpartisanen 10: Aktenzeichen: Illegal

Titel: Weltraumpartisanen 10: Aktenzeichen: Illegal
Autoren: Mark Brandis
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Besuchern der Stella-TV auf einen Blick die weltumspannende Bedeutung des Unternehmens vor Augen zu führen. An der halbkugelförmigen Decke, die einen nächtlichen Sternenhimmel imitierte, zogen goldglänzende Planeten und eilfertige Satelliten en miniature ihre Bahn: jeder davon mit einem Monitor bestückt, der das jeweilige Regionalprogramm übertrug. Das heißt -zu anderen Zeiten mochte dem so sein; diesmal waren alle Monitoren von ein und demselben Programm beherrscht: In Metropolis hielt der amtierende Justizminister der EAAU, Sir Richard Mahon, eine von seinen unzähligen Pressekonferenzen ab. Einen Atemzug lang hatte ich das unbehagliche Gefühl, ihm Auge in Auge gegenüberzustehen: die gleiche majestätische Haltung, der gleiche napoleonische Blick. Sir Richard wußte offenbar, was er seinem Image schuldig war.
    „Sir, ich muß doch sehr bitten!“
    Die aufgebrachten Pförtner hatten Ko Ai und mich eingeholt und schickten sich nun an, uns einzukreisen. Es waren sechs kräftige, muskelbepackte Männer, die sich fraglos darauf verstanden, für Ruhe im Studio zu sorgen.
    Noch eine siebte Person befand sich in der Halle: der Empfangschef. Er residierte hinter einem mit Knöpfen, Wählscheiben und Mikrofonen bestückten Pult. Dies schien mir der schwächste Punkt dieser Festung zu sein.
    Festung: in gewisser Weise traf die Bezeichnung zu. Ich stellte fest, daß ich an einem Punkt angelangt war, hinter dem die Ungewißheit begann. Hatte ich wirklich im Ernst geglaubt, die Stella-TV würde sich mir widerspruchslos ergeben? Auf einmal kam ich mir vor wie ein Dilettant. Nicht, daß ich den unabwendbar gewordenen Handstreich an sich scheute -: jedoch, um ihn zu einem erfolgreichen Ende zu führen, hätte es zumindest der vereinten Kräfte meiner achtköpfigen Ares-Besatzung bedurft. Andererseits gab es für Ko Ai und mich kein Zurück mehr. Nun, da ich uns zumindest Einlaß verschafft hatte, durfte ich nicht zurückweichen. Unser ärgster Feind war die Uhr.
    „Sir -“
    Der Empfangschef der Stella-TV blickte auf. Ich zog die Waffe aus dem Bund und setzte sie ihm auf die Brust. Dabei war ich mir dessen, wie lächerlich diese Geste wirken mochte, durchaus bewußt. In der Geschichte der Menschheit fehlt es nicht an Versuchen, die Welt mittels einer Pistole aus den Angeln zu heben; nicht einem davon war Erfolg beschieden gewesen. Es war auch weniger die Waffe, worauf sich meine Hoffnung gründete, als vielmehr Walter Hildebrandts schlichte Menschlichkeit. In diesen feierlichen Räumen galt sein Wort. Mit einer Stimme, die mir selbst fremd und unbekannt vorkam, sagte ich:
    „Ich bin Commander Brandis. Der Sender befindet sich in meiner Gewalt. Tun Sie, was ich Ihnen sage!“
    Ein Gedanke schoß mir durch den Sinn: Wie würde ich mich verhalten, wenn meine Drohung ihre Wirkung verfehlte? Ich jagte den Zweifel davon. Nun, da ich den Weg der Gewalt einmal eingeschlagen hatte, mußte ich ihn, falls erforderlich, entschlossen bis zum Ende gehen.
    Aus den Augen beobachtete ich die uniformierten Muskelmänner. Sie zögerten einzugreifen - und das bedeutete, daß ich die Situation vorerst beherrschte.
    Der Empfangschef wagte nicht zu atmen. Seine Augen weiteten sich und wurden starr; seine Mundwinkel zitterten. Er konnte nicht ahnen, daß ich mich nur deshalb an ihn hielt, weil ich nicht weiterwußte. Es gab keinen Plan mehr.
    „Walter Hildebrandt - befindet er sich im Hause?“ Der Empfangschef nickte.
    „Rufen Sie ihn an! Ich erwarte ihn hier in der Halle.“
    Im verängstigten Hirn des Empfangschefs regte sich die Erinnerung an seine Pflicht.
    „Sir! Sir, das ist unmöglich! Mr. Hildebrandt ist mitten in der Sendung -“
    Ich verstärkte den Druck der Waffe auf seine Brust, und er gehorchte.
    Während ich auf das Erscheinen von Walter Hildebrandt wartete, glaubte ich, das Ticken einer Uhr zu hören: ein Ticken, das lauter und lauter wurde, bis es mir in den Ohren dröhnte wie ein Gongschlag. In Wirklichkeit hörte ich lediglich das Pulsieren meines eigenen Blutes, in dem meine Unsicherheit und Verzweiflung widerhallten, und Sir Richards hoheitsvolle Stimme. Der Justizminister erläuterte seine neue Raumordnung.
    „Mann, ich wird’ verrückt! Bist du neuerdings unter die Räuber gegangen?“
    Walter Hildebrandt trug seinen weißen Dienstkittel mit dem Emblem der Stella-TV, und er war außer Atem.
    Er war gekommen, und damit stand ich unmittelbar vor dem Ziel. Meine Waffe blieb auf den Empfangschef gerichtet, obgleich ich
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