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Welten - Roman

Titel: Welten - Roman
Autoren: Heyne
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Schule abseilen konnte, war ich auf der Autobahn, unterwegs in die große böse Stadt, und je größer und böser, umso besser. Zuerst blieb ich kurz in Manchester hängen, aber obwohl es nach einem Monat allmählich interessant wurde, blieb ich nicht dort. Es zog mich weiter nach Süden. M6 nach London. Die hellen Lichter haben mir schon immer gefallen. Für mich war London das einzig Wahre.Wenigstens auf dieser Seite des Teichs. New York wäre bestimmt auch okay gewesen, aber später wurde London dank Leuten wie meiner Wenigkeit sogar noch besser und cooler als NYC.

    Irgendwie kann ich schon nachvollziehen, warum die Leute bleiben wollen, wo sie aufgewachsen sind, zumindest wenn sie aus einer großen Stadt kommen. Ich meine, wer hat schon Lust, auf dem Land zu versauern? Vielleicht möchte man aus sentimentalen Gründen bleiben, weil man seine Kumpels dort hat und so weiter, aber wenn es nicht wirklich total klasse dort ist und einem der Ort echt was fürs Leben gibt, dann ist man ein Trottel, du verstehst schon. Wenn man an so einem Ort kleben bleibt, obwohl man weiß, dass man woanders, wo es größer und heller ist, mehr Chancen hätte, dann steckt man einfach mehr rein, als man zurückkriegt. Ein Verlustgeschäft, nichts anderes. Ich meine, wenn sich einer für ein unentbehrliches Mitglied seiner Gemeinde hält, schön für ihn, aber er soll bitte nicht so tun, als würde er sich nicht ausbeuten lassen. Es wird viel geredet von Loyalität und Heimatverbundenheit und so, aber das ist alles reiner Quatsch. Damit wollen sie einen doch nur dazu bringen, dass man Dinge macht, die eigentlich nicht im eigenen Interesse sind. Loyalität ist was für Träumer.
    Also zog ich ins sonnige London. Und es war wirklich sonnig im Vergleich zu Manchester und meinem Geburtsort, das kannst du mir glauben. Schon am ersten Tag habe ich mir meine erste Oakley-Sonnenbrille gekauft. Ja, gekauft. Jedenfalls, London war sonnig und sogar lau, und voller Weiber und Chancen. Ich wohnte bei einem Kumpel von zu Hause, besorgte mir einen Job als Barkeeper in Soho, legte mir ein, zwei Freundinnen zu, traf ein paar Typen, machte mich nützlich bei Leuten, die jemanden mit ein bisschen Grips und der Gabe zum Quasseln zu schätzen wissen. Man muss bloß ausgeschlafen sein, dann landet man immer auf beiden Füßen. Aber vor
allem kommt es darauf an, dass man bei den Richtigen landet.
    Kurz und gut, ich fing an, die Überflieger mit dem Mittel zum Fliegen zu versorgen.Voll von kreativen Typen, dieses Soho, und viele Leute im kreativen Gewerbe pudern sich gern die Nase, damit der Akku immer schön voll bleibt. Ziemlich große Sache bei den Kreativen, damals zumindest. Und zu besagten Kreativen würde ich auf jeden Fall auch die Finanzjongleure mit ihren ausgesprochen exotischen Instrumenten und Produkten zählen. Außerdem sind sie auch ausreichend bei Kasse, um so ein Hobby zu vertiefen.
    So hab ich mich gewissermaßen hochgearbeitet. Und irgendwie auch vor. Im Sinne von vor nach Osten, wo die Kohle ist. Um genau zu sein, von Soho aus Richtung City und Canary Wharf, wo viele von den größten Überfliegern Rast machten. Immer schön dem Geld folgen, das war meine Devise.
    Ich hatte nämlich einen Plan, von Anfang an. Um das auszugleichen, was mir an akademischer Ausbildung und entsprechenden Titeln fehlte. Nämlich, was machen die Leute, wenn sie sich ein oder zwei Nasen reingezogen haben? Sie quasseln. Wie ein Wasserfall, ohne Punkt und Komma. Und natürlich geben sie an, wenn sie besonders von sich eingenommen sind. Was so ungefähr auf alle meine Kunden zutraf.
    Und wenn man die ganze Zeit arbeitet, sich konzentriert, Geld verdient, Risiken eingeht, finanzielle Drahtseilakte vollführt und so weiter, redet man auch darüber. Ist ja klar. Diese Typen sprudeln doch nur so über vor Testosteron und Genialität, da wollen sie natürlich auch zum Besten geben, was sie so treiben, welche Deals sie gedeichselt haben,
wie viel Kohle hängengeblieben ist, welche Manöver sie als Nächstes planen und was sie alles wissen.
    Und jemand, der zufällig dabei ist, wenn sie über dieses Zeug labern, noch dazu jemand, der kein Kollege, also auch keine Bedrohung ist, kein Konkurrent, sondern einfach nur ein Kumpel und ein jederzeit verfügbarer Lieferant ihrer bevorzugten entspannungsfördernden Substanz, tja, so jemand kriegt viele interessante Sachen zu hören, du verstehst schon. Und wenn sich dieser Jemand etwas dämlicher und weniger informiert gibt, als er
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