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Welten - Roman

Titel: Welten - Roman
Autoren: Heyne
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Mann; schön, mich kennenzulernen. Sprachcheck. Ich beherrsche Französisch, Arabisch, Englisch, Hindisch, Portugiesisch
und Lateinisch. Ein paar Brocken Deutsch und Neumongolisch. Kein Mandarin, was ungewöhnlich ist.
    Ich mache es mir auf dem Stuhl bequem und arrangiere meine Beine in dem voluminösen Salwar genau parallel zu den überkreuzten Beinen des Tischchens. Offenbar habe ich zwar keine Tabaksucht mitgebracht, aber dafür - wieder einmal - eine Art Zwangsstörung, die sicher nicht weniger lästig und ablenkend ist, wenn auch nicht so lebensbedrohlich.
    Hoffentlich ist es nur eine leichte Zwangsstörung. Kann ich das wirklich glauben? Womöglich doch nicht so leicht. (Meine Hände fühlen sich ein wenig klebrig an, als müsste ich sie waschen.) Vielleicht sogar schlimm. (In diesem Café gibt es vieles, was aufgeräumt, ausgerichtet, zurechtgerückt werden könnte.) Darum muss ich mir Sorgen machen. Anscheinend bin ich also jemand, der sich immer Sorgen macht. Unangenehm und selbst wiederum Anlass zur Sorge.
    Wie auch immer, ich kann hier nicht den ganzen Tag rumsitzen. Schließlich bin ich nicht ohne Grund hier, man hat mich gerufen. Sie höchstpersönlich sogar. Inzwischen ist auch der letzte flüchtige Schwindel im Zusammenhang mit dem Wechsel verflogen. Keine Müdigkeit vorschützen! Ich muss los, also stehe ich auf.

ADRIAN
    Den Leuten habe ich gesagt, dass ich ein ehemaliger Straßenhändler aus dem East End bin, stimmt. Dad hatte einen Aalstand, und Mum war Bardame. Aber das ist totaler
Quatsch, alles gelogen. Das erzähle ich ihnen nur, weil sie es gern hören, weil sie es hören wollen. Das ist nämlich eine von den Lektionen, die ich gelernt habe. Wenn man den Leuten erzählt, was sie hören wollen, kann man damit viel erreichen. Klar, man muss vorsichtig sein und sich die Richtigen dafür aussuchen, aber trotzdem, du verstehst schon.
    Natürlich kann jeder Idiot anderen was vorschwafeln, wenn er schon weiß, dass sie es hören wollen. Das Kreative, also der echte Mehrwert an der Sache ist, dass man früher als sie selbst weiß, was sie hören wollen. Darauf fahren sie total ab. Das bringt Dividenden. Ist praktisch eine Dienstleistung. Wie auch immer, den Akzent hab ich voll drauf. Wirklich überzeugend. Solltest mich mal hören. Den East-End-Slang, meine ich. Das Straßenhändlergelaber. Was ich damit sagen will, ist, bei Cockney kann mir keiner was vormachen. Alles klar?
    Eigentlich komm ich aus dem hohen Norden. Eine von diesen trostlosen Städten da oben mit dem ganzen Dreck und so. Welche trostlose Stadt da oben, willst du gar nicht wissen, weil sie sowieso alle gleich sind, da gibst du mir bestimmt Recht, also bringt es überhaupt nichts, wenn ich dir den genauen Namen verrate, okay? Wenn du also unbedingt wissen willst, welche, Pech gehabt. Mach’s wie ich. Benutz deine Fantasie.
    Nö, mein Dad war Bergarbeiter, bevor die Kumpels von Saint Margaret (mit ein wenig oder reichlich Unterstützung von King Arthur, hängt von der politischen Anschauung ab) zur bedrohten Gattung gemacht wurden. Mum hat in einem Friseursalon gearbeitet. Außerdem meine ich es ernst, dass La Thatch eine Heilige ist, auch wenn man das da, wo ich aufgewachsen bin, besser nicht jedem auf die Nase binden sollte, was natürlich auch einer von vielen
Gründen ist, warum ich dort kaum mehr hinfahre. Ich meine, wer will schon sein ganzes Leben in irgend so einem Scheißloch im Boden rumbuddeln? Bestimmt niemand, der sie noch alle beisammen hat. La Thatch hat ihnen doch nur einen Gefallen getan. Eigentlich müssten sie vor den geschlossenen Gruben Denkmäler für sie aufstellen.
    Also, zu meiner Zeit war das alles schon längst graue Vorgeschichte. Na ja, zumindest für mich. Aber wenn ich den Leuten um mich herum so zuhörte, hätte man glauben können, dass das alles erst gestern passiert ist. Wir wohnten in einer Doppelhaushälfte, das heißt, wir hatten eine Familie gleich nebenan, ist ja klar. Aber wir mussten unsere Nachbarn wie Luft behandeln, weil der Typ, früher anscheinend einer von Dads besten Kumpels, zur Democratic Union of Miners of Britain oder so gegangen war und deswegen für meinen Alten ein Streikbrecher war, und das war offenbar noch schlimmer, wie wenn er ein Pädo oder ein Mörder gewesen wäre. Das einzige Mal, dass mir mein Vater fast eine gescheuert hätte, war, als er mich beim Klönen mit den Zwillingen von nebenan erwischt hat.
    Jedenfalls war die Gegend nichts für mich. Sobald ich mich aus der
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