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Welten - Roman

Titel: Welten - Roman
Autoren: Heyne
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in Wirklichkeit ist, und gleichzeitig Augen und Ohren offenhält und immer hellwach bleibt, dann kann er einige potenziell höchst brauchbare Hinweise aufschnappen. Potenziell sehr lukrative Hinweise, wenn man die richtigen Leute kennt und ihnen zur richtigen Zeit die richtige Information zuspielt.
    Hauptsache, man kann sich nützlich machen. Wie gesagt, ich verstehe mich als Dienstleister. Und sobald man einige Geheimnisse kennt, erfährt man immer mehr davon, wirklich erstaunlich. Die Leute handeln mit Geheimnissen und merken nicht, dass sie was verraten, vor allem, wenn sie einem vertrauen oder einen unterschätzen oder beides. Nach und nach war ich in der Lage, Gegenleistungen für erwiesene Gefälligkeiten zu fordern und ein wenig Leverage einzusetzen, wie unsere Finanzfreunde das nennen, um mir Ausbildung, Empfehlungen, Protektion und, nicht zu vergessen, auch Betriebskapital zu sichern.
    Nochmal kurz und gut, ich wurde vom Dealer zum Trader. Tauschte das Pulver gegen das Papiergeld, ersetzte den Stoff, der durch einen zusammengerollten Schein gleitet, durch den Schein selbst. Das war ein ziemlich schlauer Schachzug, wenn ich das so sagen darf.
    Versteh mich nicht falsch. Drogen sind klasse, ganz klar.
In vieler Hinsicht ein lohnendes Geschäft und auf jeden Fall dauerhaft beliebt in guten wie in schlechten Zeiten. Warum würden die Leute sonst so viel Kies dafür lockermachen und sogar das Risiko eingehen, im Knast zu landen? Aber genau genommen ist man als Dealer doch der Blöde, zumindest wenn man es längere Zeit betreibt. Ständig muss man auf der Hut sein, und sogar einen Teil des Profits muss man opfern, um die Jungs in Blau bei Laune zu halten. Ich meine, es bleibt schon was übrig, ein ziemlicher Haufen sogar, aber genau das lockt dann auch diese finsteren Gestalten ohne Manieren an, und wenn man tot ist, nützt einem der ganze Zaster gar nichts mehr. Rein ins Geschäft, so viel wie möglich abräumen und dann wieder raus, solange man noch seine Eier und eine heile Kehle hat, so und nicht anders muss man es anstellen, wenn man noch richtig tickt. Man benutzt es als Räuberleiter in ein Geschäft, das genauso lukrativ ist, aber viel ungefährlicher. So ist es schlau, und so ist es bei mir gelaufen.
    Schon erstaunlich, was man erreichen kann, wenn man sich ein bisschen reinhängt und sich nützlich macht.

MADAME D’ORTOLAN
    Frustriert saß Madame d’Ortolan in ihrer Orangerie. Sie war als Rassistin beschimpft worden! Und noch dazu von einer Person, gegen die sie keine sofortigen Vergeltungsmaßnahmen ergreifen konnte. Selbstverständlich war sie keine Rassistin. Nicht selten hatte sie hier in ihrem Stadthaus sogar Besuch von Schwarzen und Juden, wobei sie natürlich immer streng darauf achtete, wo sie saßen
und was sie angefasst oder benutzt hatten, damit sie anschließend alle derart berührten Gegenstände gründlich reinigen und desinfizieren lassen konnte. Man konnte schließlich nicht genug aufpassen.
    Aber eine Rassistin? Nie im Leben. Ganz im Gegenteil, in passender Gesellschaft (das heißt, in äußerst begrenzter und erklärtermaßen diskreter Gesellschaft) hätte sie sogar darauf verweisen können, dass sie sich schon des Öfteren den dunklen Freuden mit Schwarzen hingegeben hatte. Der Inbegriff des Genusses war es für sie, von so einem barbarischen Nubier anal genommen zu werden. Im Stillen nannte sie diesen Akt eine »Fahrt nach Sèvres-Babylone«, da dies nach ihrer Kenntnis die tiefste, finsterste und verlockend gefährlichste von allen Métro-Stationen war.
    Rassistin! Was für eine Unverschämtheit. Der Anruf hatte sie hier in der Orangerie erreicht:
    »Oui?«
    »Madame, ich bin froh, Sie zu erwischen.«
    »Ah, Mrs. M. Ich bin sicher, wir werden uns bald revanchieren können.«
    Mrs. Mulverhill hatte das Gespräch auf Englisch eröffnet, immer ein sicheres Zeichen, dass sie nicht nur plaudern, sondern über geschäftliche Dinge reden wollte. Abgesehen davon war es schon eine Weile her, dass sie einander aus rein privaten Gründen angerufen hatten. »Darf ich fragen, wo Sie sind?«
    »Ich denke schon, allerdings ohne aufschlussreiche Konsequenzen.«
    Madame d’Ortolan spürte eine innere Aufwallung. »Ein einfaches Nein hätte genügt.«
    »Gewiss, aber es wäre ungenau gewesen. Geht es Ihnen gut?«

    »Ja, aber das interessiert Sie doch ohnehin nicht. Und Ihnen?«
    »Einigermaßen. Und es interessiert mich durchaus, zumindest in einer Hinsicht. Möchten Sie den Grund meines Anrufs
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