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Welch langen Weg die Toten gehen

Welch langen Weg die Toten gehen

Titel: Welch langen Weg die Toten gehen
Autoren: Reginald Hill
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halten und zusehen konnte, wie der unangenehme junge Maciver zum Schweigen gebracht wurde, ohne dass ich mir die Hände schmutzig machen musste.
    Ich habe lang genug geredet. Sie werden mit einer kurzen Zusammenfassung der nächsten zehn Jahre zufrieden sein.
    Ich verließ Mid-Yorkshire, nicht ohne Bedauern, und kehrte zu meiner Alltagsfron zurück. Sehr bald darauf war ich in eine heftige Auseinandersetzung verwickelt, bei der ich eine Schussverletzung am Bein davontrug. Auf dem Weg zur Besserung beschloss ich, zu einem Genesungsurlaub hierherzukommen, wobei ich natürlich auch meine Bekanntschaft zu Miss Mac erneuern wollte, was absolut gegen die Regeln war.
    Ihr Zustand hatte sich merklich verschlechtert, aber wie es ihrem Wesen entspricht, mühte sie sich tapfer und ohne sich zu beklagen. Ich konnte ihr in verschiedenen Dingen helfen, über eine davon hat dieser freundliche junge Mann, Mr. Bowler, Sie offensichtlich bereits in Kenntnis gesetzt. Zur Belohnung durfte ich miterleben, dass ihre Symptome über einen langen Zeitraum nachließen, eine Phase, die sie nach wie vor genießen darf. Ihre Familie übrigens hat sie nie über den Ernst ihres Zustands unterrichtet, und da alle sehr mit sich selbst beschäftigt sind, haben sie auch nie etwas anderes wahrgenommen als kleinere Gebrechen, die sich auf das Alter zurückführen ließen.
    Was meine eigene Verfassung anbelangt, zeigte sich, dass die Beweglichkeit meines Beins eingeschränkt bleiben würde, eine Behinderung, die ich vielleicht ein wenig übertrieben hatte, aber man teilte mir mit, dass ich nicht ins Feld zurückkehren würde. Ich quittierte dies mit angemessen enttäuschter Miene, lehnte das Angebot routinemäßiger Schreibtischarbeit ab und entschied mich stattdessen für das, was wir den Schlafmodus nennen. In unserer Branche geht niemand wirklich in Rente, Mr. Pascoe. Und Rücktritt ist in der Abteilung der euphemistische Ausdruck für den Tod!
    Ein schlafender Agent kann im Normalfall den Rest seines Lebens in einem, so mag es der Außenwelt erscheinen, gewöhnlichen Rentnerdasein verbringen. Aber wenn es erforderlich ist, wird man immer wieder reaktiviert.
    Als ich vom Tod des jungen Maciver hörte, fuhr ich ohne Umschweife zum Blacklow Cottage und überbrachte die traurigen Neuigkeiten einzig und allein als Freund. Meine Pflicht allerdings erforderte, meinen Dienstherren von den seltsamen Todesumständen zu berichten, da ich, ich gebe es zu, in Mid-Yorkshire sozusagen als ihre Augen und Ohren fungiere. Hinsichtlich der Angelegenheit kam ich sicherlich zu denselben Schlussfolgerungen wie Sie, Mr. Pascoe. Der junge Pal musste auf etwas gestoßen sein, was ihn dazu veranlasst hatte, erneut über die Umstände zum Tod seines Vaters nachzudenken. Vielleicht handelte es sich einfach um Aufzeichnungen über die Geschäftsverbindungen zu Gallipot. Auch hier folgte Pal ziemlich akribisch seinem Vater, er heuerte den Mann vorgeblich wegen einer Sache an und brachte ihn dann allmählich auf eine andere. Wie er dies schaffte, weiß ich nicht – durch Bestechung, Alkohol, Drogen, vielleicht einer Kombination aus allem –, doch schließlich hatte er Gallipot so weit, dass dieser alles ausplauderte oder zumindest das, was er über die wahren Umstände des Todes wusste oder vermutete. Natürlich hätte Ihnen Gallipot ein vollständigeres Bild von alldem liefern können, wäre es nicht zu diesem tragischen Unfall gekommen. Seltsam ist des Schicksals Lauf.
    Die Informationen mussten für den jungen Pal schockierend gewesen sein, aber ich kann nicht glauben, dass er deswegen psychisch so sehr aus der Bahn geworfen wurde und er deshalb beschloss, sich selbst das Leben zu nehmen. Diese Entscheidung musste auf anderen, persönlicheren Gründen beruhen – ich sehe es Ihrem Gesicht an, Mr. Pascoe, dass ich Recht habe –, aber zumindest war er geistig wohl doch stark angegriffen. So weit, dass er, nachdem er die Entscheidung getroffen hatte, beschloss, den väterlichen Tod in allem nachzuahmen und sich so genau wie möglich an die verzerrte Version zu halten, die Gallipot ihm als Vorlage geliefert haben musste.
    Meine Reaktivierung war eine äußerst interessante Zeit, und ich bin froh, meinem Land wieder zu Diensten gewesen zu sein. Aber ich will nicht verschweigen, dass ich mich, nachdem nun alles zur Zufriedenheit geregelt ist, darauf freue, mich wieder schlafen legen zu dürfen.
    Ende gut, alles gut, eine Meinung, der Mr. Dalziel sicherlich zustimmen
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