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Welch langen Weg die Toten gehen

Welch langen Weg die Toten gehen

Titel: Welch langen Weg die Toten gehen
Autoren: Reginald Hill
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hatte.
    Ich hätte mir keine Sorgen machen müssen. Er war so gründlich, dass er sogar an Dinge gedacht hatte, mit denen ich mich selbst kaum herumgeschlagen hätte. Er hätte einer der ganz großen Illusionisten werden können, denke ich. Lediglich der Umstand, dass seine Hauptsorge Kay Maciver galt, beunruhigte mich leicht. Seine Einstellung ihr gegenüber war geprägt von fast väterlicher Fürsorge, während Ash-Macs Interessen leider nur an zweiter Stelle standen. Er war es auch, der mich auf Kays ganz spezielle Beziehung zu Ihrem Mr. Dalziel aufmerksam machte und zudem meinte, dies könnte sich noch als nützlich erweisen, wenn es im Lauf der Ermittlungen irgendwelche Wogen zu glätten gebe, was dann tatsächlich auch der Fall war.
    Hatte ich Schuldgefühle, weil ich den Sohn die Leiche finden ließ? Nicht wirklich. Ich konnte in keiner Weise einschätzen, ob der Brief, den er seinem Vater geschrieben hatte, der Wahrheit entsprach. Doch nach allem, was mir Gallipot über Kays Neigungen erzählt hatte, schien es zumindest möglich zu sein, dass nicht die berechtigte Entrüstung wegen eines Verführungsversuchs ihn zu dem Brief motiviert hatte, sondern verletzter Stolz; weil er, um das Zimmermädchen zu zitieren, ausgesaugt und ausgespuckt worden war.
    Menschliche Beweggründe werden mir immer ein Rätsel bleiben, Mr. Pascoe. Meine eigenen eingeschlossen.
    Denn am Tag darauf besuchte ich erneut Miss Maciver, ihr gegenüber unter dem Vorwand, vielleicht meine Handschuhe bei ihr vergessen zu haben, und mir gegenüber, um ein Auge auf einen potenziellen Unsicherheitsfaktor zu werfen.
    Der wahre Grund war, dass ich einfach noch mal zu ihr wollte. Sie faszinierte mich. Das mag Ihnen merkwürdig anmuten bei einem Menschen meines beruflichen Hintergrunds, aber denken Sie nur an Ihren Mr. Dalziel, der ganz klar unter dem Bann von Kay Maciver steht. Ist meine tiefe Zuneigung für Miss Mac merkwürdiger?
    Natürlich hätte ich mich fern halten sollen.
    Je häufiger sie mich sah, desto wahrscheinlicher wurde es, dass sie Ihren Kollegen von unserer Begegnung beim Haus erzählte. Was kaum Schaden anrichten würde, da schnell als erwiesen galt, dass Mr. Maciver noch mindestens vierundzwanzig Stunden am Leben gewesen war. Aber wurde ein Steuerfahnder erwähnt, könnte das das Interesse des Coroners wecken, der den psychischen Zustand des Toten ermitteln wollte. Meine Dienstherren allerdings mögen es nicht sonderlich, wenn ihre Beamten die öffentliche Bühne betreten, mag ihre Tarnung auch noch so gut sein.
    Aber ich ignorierte die Richtlinien. Schlimmer noch, nach dem Auffinden der Leiche wartete ich, bis davon in den Lokalnachrichten berichtet wurde, und fuhr dann selbst zum Blacklow Cottage, damit sie es aus meinem Mund vernahm und nicht – Sie bilden hier eine Ausnahme – von irgendeinem einsilbigen Bobby.
    Wie sich herausstellte, wurde ich nirgends erwähnt, ich habe mir also niemals eine Rüge eingefangen. Die gerichtliche Untersuchung der Todesursache verlief genau wie geplant. Das einzige mögliche Haar in der Suppe war der junge Mr. Maciver. Dass er die Schlösser im Moscow House auswechselte, so dass seine Stiefmutter nicht mehr ins Haus konnte, überraschte mich, war mir aber gleichzeitig auch eine Warnung, dass er für wirkliche Probleme sorgen könnte. Was unser präferiertes Szenarium natürlich nicht beeinflusst hätte. Es wäre ihm vielleicht sogar zugute gekommen, hätte es doch von der Beziehung seines Vaters zu Ash-Mac abgelenkt und das Augenmerk auf familiäre Probleme gerichtet. Meine Dienstherren vertraten die Ansicht, dass er in seinen Enthüllungen und Anschuldigungen ermutigt werden sollte. Doch der Gedanke, wie sich ein solcher Skandal auf Kay, auf die Tochter Helen und vor allem auf Miss Maciver auswirken könnte, beunruhigte mich beträchtlich. Ich erwog bereits Pläne, um ihn zum Schweigen zu bringen, als sich herausstellte, dass Kay selbst bereits Vorkehrungen getroffen hatte.
    Denn nun zeigte sich der wahre Wert von Kays Freundschaft zu Mr. Dalziel. Sie war, glaube ich, das Nebenprodukt einer früheren Operation, die von meiner Abteilung bezüglich der Sicherheit von Ash-Mac durchgeführt worden war. Allerdings sind mir die Einzelheiten nicht bekannt, wie Kay es angestellt hat, dass Mr. Dalziel so tief in ihrer Schuld stand. Wie auch immer, es machte vieles sehr viel einfacher, dass er die Ermittlungen leitete, auch für mich war es eine Erleichterung, dass ich mich im Hintergrund
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