Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weiß (German Edition)

Weiß (German Edition)

Titel: Weiß (German Edition)
Autoren: Harper Ames
Vom Netzwerk:
nicht so leicht für mich gewesen.“
    Lydia sah ihn fordernd an und ihre Hände bewegten sich beschwörend. Der Schweiß rann Lewin über das Gesicht. Ihm war so unerträglich heiß und er stöhnte erneut. Zitternd brachte er nur ein einziges Wort über die Lippen.
    „N-nein!“
    Lydia riss überrascht die Augen auf, fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen und fing dann plötzlich schallend an zu lachen. Ihr langes Haar wippte durch die Luft und sie erinnerte Lewin wieder an eine wahnsinnige Medusa. Als sie sich wieder beruhigt hatte, klang ihre Stimme drohend. Sie spuckte ihm die Worte vor die Füße.
    „Du bist so jämmerlich. Was denkst du denn? Dass du eine Wahl hättest? Wie bereits gesagt, es liegt in deiner Natur und die lässt sich jetzt nicht mehr unterdrücken. Also bring gefälligst endlich zu Ende, was du angefangen hast!“
    Sie deutete mit einer ausladenden Geste auf die Menschenmenge hinter sich. Lewin fragte sich, wieso sich von denen noch immer niemand bewegte. Wohin er auch schaute, blickte er nur in stumme und reglose Gesichter. Die meisten von ihnen senkten betreten den Blick zu Boden, als Lewin sie ansah. Simon kratzte sich am Hinterkopf und zuckte verzweifelt mit den Schultern, Sami und David blickten in die Sterne. Niemand machte Anstalten in das Geschehen einzugreifen oder zu fliehen. In diesem Augenblick spürte Lewin, wie hilflos sie alle waren. Er konnte das nicht tun. Er hatte nicht das Recht dazu. Doch plötzlich entdeckte er etwas in der Menschenmenge, das ihm das Blut in den Adern gefrieren ließ.
    Sofort revidierte er seinen soeben gefassten Entschluss. Wie konnte er sie nur vergessen haben? Er konnte sie nicht am Leben lassen. Egal, ob dies alles hier nur Einbildung war oder tatsächlich existierte, dort vorn gab es jemanden, der diese Unterscheidung hinfällig machte.
    Lewin wand sich unter dem Blick des kleinen Mädchens, das ihn mit ihren grünen Augen durchbohrte. Es war dasselbe Mädchen, das er am Nachmittag in der wütenden Menschenmenge entdeckt hatte. Das Mädchen, das er nicht kannte, ihn aber mit ihrem Blick aufzuspießen schien. Die Frage, die in ihren Augen stand, kratzte an seinem Verstand, biss in seine Seele und entzündete das Feuer in ihm erneut. Er konnte sie nicht am Leben lassen. Er durfte nicht zulassen, dass sie die Antwort auf ihre Frage fand. Das durfte nicht geschehen!
    Lewin atmete tief ein und riss dann den Mund auf. Seiner Kehle entfuhr ein markerschütternder Schrei und das Feuer ihn ihm fraß sich seinen Weg nach draußen. Lewin schrie und schrie und es fühlte sich an, als würde sein Schädel zerplatzen. Er brüllte und tobte und sein Geschrei übertönte Lydias Gelächter, das von Sekunde zu Sekunde hysterischer wurde. Seine Haut schlug Blasen, ihm war so unerträglich heiß, dass er glaubte, von innen zu verbrennen. Er schrie, bis sich ihm das Fleisch von den Knochen schälte. Er schrie das Leben aus sich und den Anderen heraus. Kurz bevor er das Bewusstsein verlor, warf er noch einen verzweifelten Blick auf das kleine Mädchen mit den grünen Augen und heulte ein letztes Mal auf.
    Sie wusste es!
    Als die Welt um ihn herum verbrannte, wusste Lewin, dass es umsonst gewesen war. Er hatte durch seine Tat nicht verhindert, dass sie ihre Antwort bekam. Er hatte sie ihr erst geliefert!

… und noch ein kleines Geständnis zum Schluss
    Es war ein wunderschöner Morgen. Die Sonne steckte ihre goldenen Arme durch die Windschutzscheibe und kitzelte mich in der Nase. Ich war hellwach, obwohl ich seit zwei Tagen nicht geschlafen hatte, wie ein Blick in den Rückspiegel mir bestätigte. Unter meinen Augen lagen dunkle Ringe, meine Haut war aschfahl und meine Lippen waren vom Rotwein dunkel verfärbt. Dieser Anblick bestärkte mich noch mehr. Ich hatte zwei Tage und Nächte in meinem Zimmer gesessen, getrunken und geweint. Mein Herz blutete und ich fühlte eine Qual, von der ich glaubte, dass sie noch nie ein Mensch zuvor verspürt hätte. Wie hatte sie mir das antun können? Wieso war sie so kalt zu mir gewesen? - Ich konnte es nicht verstehen, konnte mir keinen Reim darauf machen. Ich wusste nur, dass sie mir mein Herz aus der Brust gerissen, es zertreten und anschließend noch darauf gespuckt hatte.
    Noch heute dreht sich mir beim Gedanken an all das der Magen um. Mir wird übel und ich schmecke sauren Rotwein auf meiner Zunge. Versteh mich nicht falsch, ich bereue nichts. Ich leide nicht wegen dem was ich tat, sondern wegen dem , was sie mir
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher