Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weiß (German Edition)

Weiß (German Edition)

Titel: Weiß (German Edition)
Autoren: Harper Ames
Vom Netzwerk:
angetan hat!
    Es war ziemlich genau acht Uhr morgens, als ich das Haus verließ. Ich weiß noch, dass ich ein bisschen schwankte; Schlafmangel und Alkohol hatten ihr Bestes gegeben, meinen Körper seiner Kräfte zu berauben. Dennoch ließ ich mich nicht von meinem Vorhaben abbringen. Ich war vollkommen klar im Kopf, als ich durch die menschenleeren Straßen streifte. Ich wusste genau, was ich suchte und fand es auch gerade im richtigen Augenblick.
    Das Auto parkte in einer Seitenstraße. Die Sonne reflektierte auf dem himmelblauen Lack des Wagens und ich erinnere mich, dass ich diese Farbe als durchaus untypisch für ein Auto empfand. Die Fahrertür war nicht verschlossen. Derartiger Leichtsinn muss te natürlich bestraft werden. Die Besitzer des Wagens konnten nur froh sein, dass ich es war, der ihr Auto gefunden hatte und nicht etwa ein gemeiner Dieb. Selbstverständlich würden sie ihre blaue Familienkutsche von mir zurückbekommen. Nur ob sie sie dann noch haben wollten, wusste ich nicht.
    Ich setzte mich hinter das Steuer und ließ meine Finger über das raue Lenkrad gleiten. Das Wageninnere duftete nach Zitrone, der Aschenbecher war leer und die Fußräume waren sauber. Beinahe schien es, als wäre der Wagen nie zuvor benutzt worden. Als hätte man ihn extra für mich gebaut und hier abgestellt.
    Ich schaute in das Handschuhfach und hinter die Sonnenblenden, auf der Suche nach einem Zündschlüssel, fand jedoch nichts. Das war weiter kein Problem; ich wusste, wie man ein Auto auch ohne Schlüssel zum Laufen brachte. Der Motor schnurrte und ich stellte sämtliche Spiegel auf meine Bedürfnisse ein. Dann setzte ich den Wagen langsam in Bewegung und verließ die Seitenstraße.
    Ich kurvte eine Weile durch den Morgen. Der Wind fuhr durch die heruntergekurbelten Fenster in das Wageninnere, strich mir durchs Haar und erfrischte meinen müden Körper. Ich machte mir keine Sorgen, dass jemand mich entdecken könnte; um diese Zeit lag alles noch in tiefem Schlaf. Es war viertel vor neun, als ich langsam auf die Hauptstraße einbog. Ich konnte keine Menschenseele entdecken und schaltete den Motor aus. Ein Blick auf die Uhr zeigte mir, dass es nicht mehr lange dauern würde. Ich kannte den Ablauf, denn ich hatte ihn oft genug beobachtet. Es würde nichts schiefgehen, dessen war ich mir sicher.
    Nach ein paar Minuten verließ ein Schatten eines der Häuser vor meinem Wagen. An dieser Straße gab es, wie an den meisten hier, keinen Gehweg, sodass der Schatten ohne zu zögern die Straße betrat. Er wusste, dass es so etwas wie Verkehr um diese Uhrzeit noch nicht gab.
    Ich fühlte wie es in meinem Magen zu kribbeln begann. Die Vorfreude war riesig. Meine Augen brannten von der Übermüdung. Eine winzige heiße Träne bahnte sich zunächst gemächlich, dann immer schneller einen Weg über meine Wange. Ich war nervös und kaute auf meiner Unterlippe herum. Sie schmeckte nach kaltem Rauch und Wein. Ich wartete noch ein paar Sekunden und startete dann den Motor erneut. Der Schatten hatte sich bereits deutlich von mir entfernt und ich musste aufpassen, dass ich den richtigen Zeitpunkt nicht verpasste. Ich atmete tief ein, horchte auf mein Herz und wusste, dass ich das richtige tat.
    Meine Finger umklammerten das Lenkrad und mein Fuß bearbeitete das Gaspedal. Zunächst drückte er es ganz vorsichtig herunter, ließ es dann wieder nach oben schnellen, nur um es dann plötzlich mit voller Kraft auf den Boden zu pressen. Der Wagen machte einen Satz und der Motor heulte auf, beinahe so, als hätte er einen Schluckauf. Dann erholte er sich wieder und das Auto bewegte sich vorwärts, wobei es immer mehr an Geschwindigkeit aufnahm. Der Fahrtwind riss jetzt an meinen Haaren und ich musste meine Augen zusammenkneifen, damit ich überhaupt noch etwas erkennen konnte. Ich raste die menschenleere Straße entlang, auf den Schatten zu, der jetzt nur noch wenige hundert Meter von mir entfernt war.
    Offensichtlich war das Geräusch des Motors nicht mehr zu überhören, denn ich erkannte, dass der Schatten stehenblieb und sich langsam umdrehte. Ich erinnere mich an weit aufgerissene Augen und einen dumpfen Schlag, der so unspektakulär war, dass ich ihn beinahe nicht wahrgenommen habe.
    Enttäuscht hielt ich an, stellte den Motor ab und verließ den Wagen. Erst als ich um die Motorhaube herumging, sah ich das Ausmaß meiner kleinen Spritztour. Die Motorhaube war eingedrückt, der rechte Scheinwerfer war zerstört und überall hatten sich, wie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher