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Weiß (German Edition)

Weiß (German Edition)

Titel: Weiß (German Edition)
Autoren: Harper Ames
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völlig übergeschnappt? Was bildet ihr euch eigentlich ein?“
    Ihre Augen funkelten böse. Ihr rechter Zeigefinger fuchtelte durch die Luft und war auf Galen gerichtet. Der schnappte keuchend nach Luft und schien durch das Auftauchen der jungen Frau völlig überfordert. Lydia wandte sich um und blickte nun wütend auf Lewin. Ihre Stimme überschlug sich beinahe, als sie ihn anschrie. „Und du? Was tust du hier? Warum lässt du dir das gefallen? Ich dachte, wir hätten eine klare Abmachung! Ich kann mich nicht erinnern, dass ich dir befohlen hätte, dich von diesen Idioten an einem Baum aufknüpfen zu lassen. Du willst mich doch nicht etwa enttäuschen oder?!“
    Lewin schauderte. In Lydias Gesicht war nichts mehr, das ihn anzog. Er empfand nur noch Furcht und das schreckliche Gefühl, einen Fehler begangen zu haben. Die nächste Stimme, die ertönte, gehörte Galen, der seine Fassung wiedergefunden zu haben schien.
    „Du bist das! Ich habe gewusst, dass hier etwas schief läuft! Wie konnte ich dich nur nicht bemerken? Wie kommst du hierher? Und wo kommst du vor allen Dingen her? Wie konntest du nur unbemerkt hier eindringen?“
    Galen war mutig zwei Schritte auf Lydia zugegangen, zögerte dann aber doch und trat schließlich wieder einen Schritt zurück. Die Situation war zum Zerreißen gespannt. Selbst Simon schien sich vor Lydia zu fürchten. Ratlos wanderte sein Blick zwischen dem kleinen Mann und der schwarzhaarigen Unbekannten hin und her. Lewin konnte sehen, wie sich die Muskeln unter seinem T-Shirt spannten. Schweißperlen standen ihm auf der Stirn. Sie funkelten im Licht der Scheinwerfer.
    Lydia hatte aufgehört zu schreien. Langsam und bedächtig näherte sie sich Galen und klopfte ihm mit dem ausgestreckten Zeigefinger auf die Brust. Ihre Stimme war leise und drohend: „Was sollen diese Fragen, alter Mann? Du weißt doch längst, wer ich bin. Du hast mich nicht kommen sehen, das ärgert dich jetzt. Aber du weißt, dass du verloren hast, nicht wahr?! Du weißt, dass dies hier nicht länger dein Spiel ist. Ich habe ihn mir zurückgeholt und ich werde ihn nicht wieder hergeben!“
    Die letzten Worte spuckte sie förmlich aus und ihr Finger stach dabei immer heftiger auf die Brust des Arztes ein. Der drehte sich herum und trat zwei hastige Schritte auf Lewin zu. Er ruderte mit den Armen durch die Luft, als ob er nicht ohnehin bereits die Aufmerksamkeit aller Anwesenden gehabt hätte.
    „Lewin, du darfst ihr nicht glauben! Kein Wort von dem, was sie dir erzählt hat, ist wahr! Sie vergiftet dich. Sie ist dein Feind! Sie kommt aus deinem Inneren. Sie gehört nicht zum Projekt, sie ist das, was du bekämpfen musst. Sie ist …“
    „SCHWEIG!“
    Lydia fuhr Galen mit dröhnender Stimme ins Wort. Die Augen des kleinen Arztes weiteten sich hilflos. Er öffnete den Mund und schnappte nach Luft. Es schien, als wollte er etwas sagen, aber kein Ton verließ seine Kehle. Ein paar Augenblicke später fiel der Arzt zu Boden, röchelte und lag dann still. Eine winzige weiße Träne rollte aus seinem Augenwinkel, tropfte auf den sandigen Boden und versickerte.
    Lewin wusste nicht, ob er tot war, aber das kümmerte ihn auch gerade wenig. In seinem Inneren hatte es angefangen zu brennen. Er hatte es bereits seit geraumer Weile gespürt, hatte aber angesichts der neuen Entwicklungen versucht, das Gefühl zu verdrängen. Eine winzig kleine Flamme in seinen Eingeweiden, die sanft loderte. Vorhin, als er an diesem Baum erwacht war, war die Flamme stärker geworden, aber die Reden Galens hatten ihn beruhigt. Auch wenn er sich immer noch weigerte, dem Arzt zu glauben, war er sich nun nicht mehr sicher, ob er die Einwohner dieser Stadt wirklich vernichten sollte. Was, wenn Galen Recht hatte?
    Seitdem aber Lydia aufgetaucht war, hatte sich das Lodern verstärkt. In seinem Bauch brannte es jetzt wieder und er stöhnte. Er hatte sich auf diesen Augenblick gefreut, hatte ihn herbeigesehnt. Der Moment der Rache war endlich gekommen. Aber mit einem Mal gefiel ihm sein Plan nicht mehr. Er wollte dieses Feuer nicht in sich haben, er vertraute Lydia nicht mehr. Sie hatte sich so verändert, wie konnte er ihr noch glauben?
    „Wehr dich nicht dagegen, Lewin. Du kannst ohnehin nichts tun. Es liegt in deiner Natur, dafür gibt es keine Heilung! Egal wie sehr dieser jämmerliche Wurm es auch versucht. Du hast dich schon viel zu lange dagegen gesträubt und eigentlich willst du doch auch gar niemand anderes sein. Ansonsten wäre es doch
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